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Selbstmordattentäter

Erstellt am 12.07.2008 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde mal gelesen und am 12.07.2008 zuletzt geändert.

Abbildung des Umschlags

Neu von Ute Meck Empfehlung der Redaktion!

Pfui! Schon wieder ein Buch über ein grausliges Thema? Mir hängt der Unfrieden und seine Betreiber schon zum Hals raus, doch dann beginne ich zu lesen: Klappentext, Abbildungsverzeichnis, Tabellenverzeichnis – ein solide gemachtes Brauchbares Buch. Nur der Titel führt in die Irre, denn das Buch handelt auch von -attentäterinnen

263 Seiten 19.80 € ISBN 978-3-86676-002-8

  1. Wie werden Menschen zu Selbstmordattentätern?
  2. Wie entstehen und funktionieren ihre Ideologien?
  3. Wie kann man dem Selbstmordterrorismus sinnvoll begegnen?


Eine psychologische Analyse

Selbstmordattentäter seien weder Amokläufer noch krankhafte Gewalttäter behauptet der Klappentext des Buches. Sie seien auch keine frustrierten Menschen, die in ihrem Leben keinen Sinn sehen.

Solche Erklärungsversuche würden viel zu kurz greifen, um diese spezielle Form des Terrorismus verständlich zu machen. Denn dem Handeln von Selbstmordattentätern liege nichts ‚Irrationales’ zu Grunde, sondern eine klare und bewusste Entscheidung, die sich konsequent aus ihrem Leben ergäbe.

Wie werde ich Selbstmordattentäter oder Selbstmordattentäterin?

Wolle man verstehen, warum jemand zu einem Selbstmordattentäter werde, müsse man daher die Mechanismen untersuchen, die ihn zu dieser Entscheidung führen. Das bedeute die Personen mit Selbstmordattentatsverhalten aufzuschlüsseln

  1. Weltbild,
  2. Werthaltungen,
  3. Identität und seine Bedürfnisse
  4. letztlich die Psyche’

Die Psyche sei das Fundament für das Denken und Handeln dieser Art von Personen mit Selbstmordbereitschaft. Dem kann ich als Anhänger eines rationalen Pazifismus natürlich einiges abgewinnen. Was allerdings versteht die Autorin unter Psyche?

Wer ist Ute Meck?

Das Literaturverzeichnis und google bringen rasch Erhellung. Ute Meck ist eine ehemalige Doktorandin bei Prof. Dörner die heute an der Uni Bamberg in Bayern wirkt. Dörner ist einer meiner Lieblingspsychologen ist – sogenannter Kognitiver Psychologe.
Der Klappentext: „Eine solche psychologische Analyse des Selbstmordterrorismus wird in diesem Buch vorgenommen.“

Über die Auseinandersetzung mit

  1. Geschichte,
  2. Kultur, Religion und
  3. politischer Lage unterschiedlicher Terrorgruppen, die mit Selbstmordattentaten operieren, könne „ein typischer Gang der Entstehung solcher Gruppen“ identifiziert werden.

Anhand von

  1. Aussagen aus Testamenten,
  2. Abschiedsbriefen und Kampfparolen

gelinge „es außerdem, eine detaillierte Innenansicht der Ideologien von Selbstmordattentätern zusammenzustellen.“

„Die komplexe und vernetzte Dynamik, die zwischen allen diesen Dingen wirkt, wird im Anschluss in einem Modell veranschaulicht.“(S. 161)

Da es die Entstehung und innere Logik von Selbstmordterrorismus auf eine funktionale Weise darstelle, besitze dieses Modell die Aussagekraft

  1. gefährliche Entwicklungen zu erkennen,
  2. mögliche Verläufe vorherzusehen und
  3. entscheidungskritische Punkte zu identifizieren.

Betrachte man die gängigen Methoden der Terrorismusbekämpfung, „die oftmals eher ‚aus dem Bauch heraus’ anstatt aufgrund von Analysen angewandt werden, so wird die Notwendigkeit eines solchen Modells deutlich: Es ermöglicht, auf Basis fundierter Einblicke in die psychologische ‚Mechanik’ von Selbstmordterrorismus langfristig wirksame Strategien für einen sinnvollen Umgang damit zu finden.“

Dem ist aus meiner Sicht wenig hinzu zu fügen. Das Buch ist absolut lesenswert. Natürlich ist der Stein der Weisen in einer komplexen Welt mit Selbstmordattentätern und Attentäterinnen nicht so ohne weiteres zu finden. Die Sprache des Buches ist kaum geschlechtssensibel, die Einfluss unbewusster/irrationaler Faktoren, bzw. von Frustration, Depression sind diskussionswürdig, aber vorher sollten alle dieses Buch gründlich studieren und nachdenken was am Modell noch zu verbessern wäre.

Kapitelübersicht

 

Posted in Friedensforschung, Friedenspädagogik, Psychologie, Rezension, Unfrieden

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