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Friedenspolitische Verfassungsvorschläge

Erstellt am 30.06.2004 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde mal gelesen und am 03.09.2009 zuletzt geändert.

Die Verfassung, das sind die grundlegenden rechtlichen
Zielformulierungen und Spielregeln moderner Staaten. Diese Spielregeln
sind reformbedürftig, denn viele gewaltige Probleme sind seit der
Wiederinkraftsetzung der österreichischen Verfassung nach dem II.
Weltkrieg hinzugekommen. Diese Verfassung entstand ja im wesentlichen

  • vor Auschwitz und Hiroshima,
  • vor dem kalten Krieg und dem Fall der Mauer,
  • vor dem gezielten Tötungsversuch von Saddam unter Bill Clinton,
  • vor dem Beitritt Österreichs zur EU die nun eine Verfassung mit Aufrüstungsverpflichtung beschlossen hat,
  • vor der völkerrechtswidrigen Intervention der USA im ehemaligen Jugoslawien und
  • vor der 11. September 2001 und dem folgenden permanenten Krieg gegen den Terror unter Führung der Bush-Administration.
  • Vor dem vollkommen irrwitzigem Kompromiss der EU-Verfassung mit erstmaligem Rüstungsgebot im Verfassungsrang

Diese gute alte Verfassung und die Selbstverpflichtung Österreichs, die
aus den Erfahrungen des I. und II. Weltkrieges geboren wurde steht nun
zur Disposition.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Jugendkonvent der im Vorfeld des Österreichkonvents veranstaltet wurde:

„Der letzte Punkt, der beim Jugend-Konvent diskutiert wurde,
war die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht und Klärung der Rolle des
österreichischen Bundesheers
im Zuge der europäischen Sicherheitsdiskussion.
Wenn man über eine Abschaffung der Wehrpflicht diskutiert und diese fordert,
dann muss man sich auch Gedanken machen, was mit dem Zivildienst passiert.
Derzeit ist es so, und es ist uns bewusst, dass im Bereich des sozialen
Sicherheitsnetzes ein großer Mangel an Fachkräften herrscht und das wird sich
noch verschärfen in nächster Zeit. Das letzte Halbjahr hat uns ja einige
Beispiele vors Auge geführt“.

Der Zivildienst stelle in dieser prekären Situation einen
unentbehrlichen Bestandteil der sozialen Dienste dar, auch wenn Zivildiener nur
zu Hilfsdiensten herangezogen würden und keine hauptamtlichen Arbeitskräfte
ersetzen dürften.

Die Österreichische Bundesjugendvertretung forderte

  • die
    Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht.
  • Gesellschaftlich wichtige Dienste in
    den Bereichen Soziales, Umwelt, nicht militärische Friedensarbeit und
    Katastrophenschutz müssen nach dem Prinzip der Freiwilligkeit neu organisiert
    beziehungsweise bereits bestehende Dienste,

    • wie das freiwillige soziale Jahr,
    • das freiwillige ökologische Jahr,
    • der Gedenkdienst,

finanziell unterstützt und
in der Verfassung verankert
werden.

Das klingt recht vernünftig aus friedenspolitischer Sicht. Für einige
Punkte sollte die österreichische Friedensbewegung sogar einige massive
Öffentlichkeitsarbeit betreiben.

Bezüglich der Auswirkungen der Militarisierung des europäischen Friedensprojektes möchte ich an dieser Stelle nur auf Mahatma Gandhi und Thoreau verweisen: Wenn recht gegen das Gewissen verstößt, dann ist der richtige Platz für gerechte Menschen im Gefängnis.

Der Konvent zur Reform der Österreichischen Verfassung

Der Österreich-Konvent hat am 10.
Juli 2003 zehn Ausschüsse gebildet, in denen Themen vorbereitet werden.
In der Sitzung vom 25. Juli 2003 hat der Konvent die Vorsitzenden und
die Zusammensetzung für neun der zehn Ausschüsse beschlossen“
. Für das Thema Friedenspolitik das den LeserInnen von Friedensnews besonders wichtig sein dürfte der Ausschuss 1 mit seinen 16 Mitgliedern besonders wichtig sein:

Staatsaufgaben und Staatsziele

Dieser Ausschuss befasst sich mit:

  • Der umfassende Analyse der Staatsaufgaben und der Frage staatlicher
    Kernaufgaben.
  • Der Frage eines umfassenden Kataloges von Staatszielen in der
    Bundesverfassung.

Seine Mitglieder sind

Univ.-Prof. DDr. Heinz MAYER Vorsitzender

Mitglied des Fakultätskollegiums der Rechtswissenschaftlichen Fakultät
Institut für Staats- und Verwaltungsrecht
1010 Wien, Schottenbastei 10-16
Telefon: (01) 4277 35422
FAX: (01) 4277 35429
Univ.-Prof. Dr. Bernhard RASCHAUER Vorsitzender-Stellvertreter
Manfred
DÖRLER
ÖVP, Vlbg. Landtagspräsident
DI Jörg FREUNSCHLAG FPÖ, Erster Präsident des Kärntner Landtages
Univ.-Prof. Dr. Bernd-Christian FUNK ÖVP, Rechtswissenschaftler
Elisabeth GEHRER Bildungsministerin ÖVP
Dr. Michael HÄUPL Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien
Mag. Herbert HAUPT FPÖ, Sozialminister
Dr. Evelin LICHTENBERGER Die Grünen, Nationalrätin
Univ.-Prof. Dr. Theo ÖHLINGER ÖVP, Universität Wien
Univ.-Prof. Dr.
Reinhard RACK
ÖVP, Universität Graz: Institut für Öffentliches Recht, Mitglied des Europäischen Parlaments
Dr. Leo SPECHT SPÖ, Rechtsanwalt mit Kanzleisitz in Wien und Lehrbeauftragter an verschiedenen Universitäten, wie der Harvard Law School
Friedrich VERZETNITSCH Präsident des ÖGB und Nationalrat
Dr. Günther VOITH ÖVP, Vorsitzender des Rechtspolitischen Ausschusses der Industriellenvereinigung
Dr. Peter WITTMANN SPÖ Nationalrat, Gemeinderat Wr. Neustadt und ehem. Bürgermeister
Waltraud KLASNIC ÖVP Landeshauptfrau der Steiermark
? PazifistIn?

Der Vorsitzende HEINZ MAYER formuliert friedensjournalistisch bedenklich wortgewaltig: „AUSSCHUSS 1 BEWEGT SICH IN EINEM POLITISCHEN MINENFELD“

Als Ergebnis der bisherigen Ausschussarbeit fasste Mayer einen Konsens
in drei Punkten zusammen:

  • Das Staatsziel des Umweltschutzes müsse in
    Richtung eines stärkeren ökologischen Ansatzes
    modernisiert werden;
  • Artikel 9a Absatz 1 und 2 B-VG, der die umfassende
    Landesverteidigung betrifft, soll nicht mehr Bestandteil des
    Verfassungsrechts sein;
  • das Verbotsgesetz soll unverändert bestehen
    bleiben.

Friedenspolitisch interessante Auszüge aus der Debatte

Diese Dabatte fiel teilweise vor allem seitens der konservativer
Militärpolitiker hinter den bereits erzielten Konsens im Ausschuß
zurück.

Der Zweite Nationalratspräsident Heinz Fischer und nunmehrige Bundespräsident betonte, „er
sei mit einem optimistischen Realismus beziehungsweise mit einem
realistischen Optimismus in die Konventsarbeit gegangen, und daran
habe sich nichts geändert“. …
… „Was die umfassende Landesverteidigung betrifft, so hätte er
nichts dagegen, wenn diese auch weiterhin Teil der Verfassung bleibt. …

SCHEIBNER: UMFASSENDE LANDESVERTEIDIGUNG SOLL STAATSZIEL BLEIBEN

… Bei einigen Bereichen, wie etwa Bildung, gebe es noch
Diskussionsbedarf, ob sie als Staatsziel oder als Grundrecht auf eine
bestimmte
Ausbildung formuliert werden sollen. Bei anderen Bereichen wiederum,
zum Beispiel bei der Sicherheit, stelle sich diese Frage nicht.
Sicherheit sei als Staatszielbestimmung festzulegen, es sei notwendig,
das Gewaltmonopol des Staates zu definieren. Die vom Ausschuss 1
vorgeschlagene ersatzlose Streichung der umfassenden Landesverteidigung
hielt Scheibner für nicht gerechtfertigt. Mit Spannung sah
er auch der Diskussion hinsichtlich der Widersprüchlichkeit zwischen
Neutralitätsgesetz und Artikel 23f B-VG entgegen“.

Klaus Wejwoda … Mit Nachdruck sprach er sich wiederum
gegen die Streichung der umfassenden Landesverteidigung aus, wobei er
meinte, dies sei ein falsches Signal zur falschen Zeit. Er erinnerte an
die laufenden Arbeiten der Bundesheer-Reformkommission und
betonte zudem, gerade das Bündel aus militärischer, geistiger und
wirtschaftlicher Landesverteidigung habe bleibende Aktualität.

Leopold Specht befasste sich mit dem Staatsziel der immerwährenden
Neutralität und meinte, gerade an diesem Beispiel zeige sich, dass es
angebracht sei, der Politik inhaltliche Vorgaben
an die Seite zu stellen. So schlug er vor, die Teilnahme Österreichs an
der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU an Beschlüsse der
Vereinten Nationen zu binden“.

Rüdiger Schender: „Wichtig sei es, die EU-Konformität von
Staatszielen zu beachten, dabei nannte Schender die Neutralität als
Beispiel“.

Eva Glawischnig lobte den Vorsitzenden des Ausschusses, Heinz Mayer,
und würdigte die präzise Vorgangsweise, die beim systematischen
Abarbeiten der Vorschläge der Zivilgesellschaft
Platz gegriffen hätten. Das Ergebnis sei dennoch gering, kein einziger
Punkt der Vorschläge der Zivilgesellschaft sei aufgenommen worden
. Als
Begründung dafür werden ideologische Auffassungsunterschiede
genannt.

Interessant könnte auch noch Ausschuss 8 mit seinen 11
Mitgliedern sein.

Demokratische Kontrollen

Beispielsweise im Falle von Entscheidungen über Krieg und Frieden oder
im Falle von UNO-Truppenentsendungen (Mulilaterale
Militärinterventionen mit Eurofightern etc. – z.B. Serbien-Montenegro,
Kosovo, Afghanistan, Irak, Saudi Arabien,…)

Einrichtungen einer effizienten und effektiven Kontrolle im
Bereich von Bund, Ländern und Gemeinden: Rechte der Parlamente
einschließlich der Minderheitsrechte (z.B. Untersuchungsausschüsse),
Rechnungshöfe und Volksanwaltschaften, Frage der Amtsverschwiegenheit
(Skaninavische Transparenz bei Großwaffengeschäften wäre laut
Transparency International sicherlich förderlich für eine
durchsichtiger Abwicklung von Rüstungsgeschäften wie dem
Eurofighterdeal),
Instrumente der direkten Demokratie (Friedensvolksbegehren). Rat der
Zivilgesellschaft und/oder Bundesrat. Die Förderung von Zivilcourage
und das Recht auf zivilen Ungehorsam in bestimmten Situationen könnte
ebenfalls fruchtbar innovativ für die Entwicklung des Rechtsstaates
sein.

Hier arbeiten: Dr. Peter KOSTELKA (SPÖ), Vorsitzender;
Herwig HÖSELE, Vorsitzender-Stellvertreter; Manfred DÖRLER; Dieter EGGER;
Johann HATZL; Prof. Albrecht KONECNY; Dr. Evelin LICHTENBERGER; Prof. Ing.
Helmut MADER; Univ.-Ass. Dr. Klaus POIER; Walter PRIOR; Dr. Ernst STRASSER

Friedenspolitische Vorschläge und Debatten im Rahmen des

Österreich Konvent

Stichworte: Parlament/Österreich-Konvent/Frieden
Landesverteidigung
Parlamentskorrespondenz/10/26.01.2004/Nr. 48

ÖSTERREICH-KONVENT: FRIEDE UND LANDESVERTEIDIGUNG

[Wien (PK)] – Erwin Lanc (International Institute for Peace)
eröffnete laut Parlamentkorrespondenz den Reigen der Vertreter von Friedensorganisationen, in dem
auch Repräsentanten der Landesverteidigung zu Wort kamen.
Lanc ging auf die friedenspolitischen Aussagen in den Dokumenten der EU
ein und stellte diese den realpolitischen Entwicklungen seit 1999
entgegen. Er trat dafür ein:

  • dass der österreichische
    Verfassungsgeber formuliere, was er unter Friedensförderung und
    Fortschreibung des Völkerrechts verstehe und
  • regte dazu an, sich an
    durch den UN-Sicherheitsrat nicht mandatierten Aktionen nicht
    zu beteiligen.

Es gelte, die friedenspolitischen Aspekte der heimischen
Verfassung im Sinne Kants auszubauen
und die EU-Politik vor Irrwegen in
der Sicherheitspolitik zu bewahren.

Pete Hämmerle
Österreichische Friedensdienste

Hämmerle verwies
auf die Verdienste der von ihm repräsentierten Organisation und sprach
sich für die Erhaltung und den Ausbau des Friedens
aus.Im Übrigen, sei auf die vielfältigen Verflechtungen
der Friedensthematik mit

  • ökonomischen,
  • ökologischen und
  • sozialen Fragen
    zu verweisen.

Frieden könne nur
mit friedlichen Mitteln
erreicht werden. Es brauche daher eine aktive
Friedenspolitik unter Beibehaltung der heimischen Neutralität
.

Gerald Mader (Österreichisches Studienzentrum für Frieden
und Konfliktlösung
)
verwies auf einen schriftlichen Beitrag, den er zu
diesem Thema eingebracht habe und sprach sich dafür
aus:

  • die heimische Neutralität mit neuen Inhalten zu füllen und
  • friedenspolitische Zielsetzungen in Form von Staatszielbestimmungen in
    der Verfassung

zu verankern.

Klaus Lukaschek (Verein Plattform für Zivildienst)
Klaus Lukaschek
Er beleuchtete die gegenwärtige Debatte aus der Sicht der Zivildiener und
regte

  • konkrete Verbesserungen für die Zivildiener an.
  • Die
    anstehenden Probleme müssten adäquat gelöst werden, um dem Zivildienst
    wieder jenen Stellenwert zuzumessen, den dieser ob seiner Bedeutung für
    die Gesellschaft zweifellos haben müsse.

Michael Schaffer (Bundesvereinigung der Milizverbände)
Er forderte unter anderem, dass

  • die Kompetenzen aller Waffengattungen und
  • die
    Milizartigkeit aller Strukturen erhalten bleiben sollten.
  • Die
    allgemeine
    Wehrpflicht sollte beibehalten werden, wäre allerdings auf eine
    solidarische allgemeine Dienstpflicht umzuwandeln.

Walter Feichtinger (Gesellschaft für Landesverteidigung,
Offiziersgesellschaft, Unteroffiziersgesellschaft)
meinte:

  • Friedenssicherung funktioniere nur noch im internationalen
    Zusammenspiel,
    man müsse auf die geänderten Rahmenbedingungen adäquat reagieren.
  • Die
    Zusammenarbeit müsse optimiert werden,
  • für die globalen
    Problemstellungen
    brauche es zeitgemäße
    Antworten
  • Österreichs Sicherheit sei nur im
    internationalen Verbund zu gewährleisten, Bündnisverpflichtungen hätten
    daher Vorrang vor der Neutralität
    , behauptete
    der Redner.

 

Externe Positionspapiere nach Einbringer – Auswahl nach friedens- und sicherheitspolitischen Gesichtspunkten

Aus Sicht der Redaktion besonders interessante Positionspapiere wurden fett Hervorgehoben.

ARGE-MigrantInnen Österreich (49/POSP-K)
Armutskonferenz (50/POSP-K)

Bundesjugendvertretung (35/POSP-K)
Bundesministerium für Inneres (127/POSP-K)


Bundesverband der Israelitischen Kultusgemeinde Österreichs (34/POSP-K)
Bundesvereinigung der Milizverbände (100/POSP-K)
Caritas Österreich (53/POSP-K)
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes
(DÖW) (55/POSP-K)
Greenpeace (59/POSP-K)

Internationales Institut für den Frieden, Wien (IIF) (96/POSP-K)
Österreichische Friedensdienste (ÖFD) (97/POSP-K)
Österreichische Gesellschaft für Landesverteidigung und
Sicherheitspolitik (99/POSP-K)
Österreichische Liga für Menschenrechte (30/POSP-K)
Österreichische Offiziersgesellschaft (101/POSP-K)
Österreichische Unteroffiziersgesellschaft (102/POSP-K)

Österreichisches Studienzentrum für Frieden und
Konfliktlösung (ÖSFK)
(98/POSP-K)
Österreichisches Volksgruppenzentrum (25/POSP-K)
Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission (126/POSP-K)
SOS Mitmensch (61/POSP-K)
Wiener Integrationskonferenz (67/POSP-K)
Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie (94/POSP-K)










 

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