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Friedensbewegung in Österreich

Erstellt am 27.08.2008 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 17388 mal gelesen und am 05.07.2014 zuletzt geändert.

Herzog Leopold V. von Babenberg (links kniend), mit Reiterfahne

Herzog Leopold V. v. Babenberg mit Reiterfahne

Einen wichtigen Anstoß zur Friedensbewegung im monarchischen Österreich gab der 1889 erschienene Roman von Bertha von Suttner:

„Die Waffen nieder!“

Das Buch war der wahrscheinlich erfolgreichste Roman des 19. Jahrhunderts. Dieser Erfolg ermöglichte Suttner 1890 die Gründung der

Österreichischen Friedensgesellschaft

Andere Gruppen und Vereine traten damals dieser Gesellschaft bei.

Exkurs: Diese Gesellschaft trug auch die Namen „Österreichische Gesellschaft der Friedensfreunde“.  Ab 1964 trug sie den Namen „Suttner-Gesellschaft„. Heute ist österreichische Friedensgesellschaft eine von 30 bis 60 Friedensorganisationen in Östereich.

http://www.friedensgesellschaft.at/pix/logo2.gifGrafik, 2008: www.friedensgesellschaft.at

Neben Suttner war der Friedensnobelpreisträger Alfred H. Fried die zweite führende Persönlichkeit der österreichischen und europäischen Friedensbewegung. Insbesondere ab 1903 wurde der geniale Friedensjournalist und Friedensorganisator Fried in Wien international Tätig.

http://nobelprize.org/nobel_prizes/peace/laureates/1911/fried.jpg1909 gründete Fried in Wien die Internationale Union für Friedensjournalismus und 1911 fand seine Arbeit mit dem Friedensnobelpreis weltweite Anerkennung. Nur in der militaristischen Kaiserstadt Wien wurde wenig Notiz davon genommen.

Suttner und Fried sahen die Gefahr der Aufrüstung in Europa und wollten mit der Organisation eines Weltfriedenskongresses in Wien den Frieden erhalten.

Bertha Suttner starb † 21. Juni 1914 in Wien und

im Juli 1914 erklärte Österreich Serbien den Krieg.
Dies führte aufgrund der Militärbündnisse in Europa zum sogenannten I. Weltkrieg. Das war der vorerst größte Rückschlag für die österreichischen Pazifistinnen und Pazifisten.

Pazifisten und Friedensfürsprecherinnen wurden in Österreich und den anderen involvierten Ländern über Nacht zu  verhassten und verfolgten internen Feinden. Ihre Schriften wurden

  1. von der Militärzensur verboten,
  2. sie wurden mit Haft, Ermordung und
  3. der ganzen Palette überlicher der Repression in Kriegszeiten

drangsaliert.

Die Österreichische Friedensbewegung im I. Weltkrieg

A. H. Fried konnte in die Schweiz fliehen und im Exil die Arbeit am Frieden fortsetzen. Die von im 1899 gegründete Friedenswarte erschien während des Krieges unter verschiedenen Decknamen und wurde so nach Österreich geschmuggelt. Fried war maßgeblich an der Gründung des internationalen Friedensbüros in Bern beteiligt, das heute seinen Sitz in Genf hat. Als Friedensjournalist bei der Neuen Züricher Zeitung (NZZ) trug Fried wesentlich dazu bei, dass die zur objektivsten und besten Nachrichtenquelle während des I. Weltkriegs wurde. Fried verbrachte vom Oktober 1914 bis Sommer 1919 die meiste Zeit in Bern mit Abstechern an den Thunersee und in den Tessin; seine Erfahrungen und Gefühle in dieser Zeit drückte er auch im vierbändigen „Kriegstagebuch“ aus.

Während des 1. Weltkriegs setzten sich in Wien trotz zahlreicher Verbote die Mitglieder des Friedensvereins „Para Pacem“ für den Frieden ein. Der christlich soziale Völkerrechtler und Freimaurer H. Lammasch, der Wiener Diplomat und Pazifist Konstantin Dumba. Er war Gesandter in Belgrad und in Washington, Präsident der Österreichischen Völkerbundliga., der Theologieprofessor Johannes Ude, der industrielle und Feinkostkettengründer Julius Meinl und die Sozialdemokratin Rosa Mayreder waren aus unterschiedlichsten Motiven für den Frieden aktiv.

Die neu entstandene 1. Republik übernahm bedauerlicher  Weise das traditionsreiche Symbol des Habsburgischen Vielvölkerstaates, die rot-weiß-rote k.u.k. Kriegsmarine- und Seekriegsflagge als österreichische Staatsflagge im Jahr 1919.

1934–1938 Bundesstaat Österreich Nationalflagge

1934–1938
Bundesstaat
Österreich
Nationalflagge

Der Beitrag von Antimilitaristen und Pazifisten zum Ende des II. Weltkrieges

Der Friede war eine von Sozialdemokraten gegründete Wiener Wochenschrift, die 1918/1919 erschien. Die Zeitschrift war gedacht als Gegenspielerin zur Reichspost („Reichspest“ wie sie die Antimilitaristen gerne nannten), dem „Hauptblatt der Kriegshetzer“ von 1918.

Das Programm der Zeitschrift war kurz:

„Nachdem die kriegerischen Versuche, Europa deutsch und österreichisch zu machen, gescheitert sind, wollen wir nun versuchen, Deutschland und Österreich europäisch zu machen. Ein Programm […], in dem implicite alle politischen, sozialen, ethischen und ästhetischen Forderungen enthalten sind, zu deren Unterdrückung ein paar Millionen ohnmächtiger Menschen durch ein paar Dutzend mächtiger Unmenschen in den Krieg, ins Elend, ins Grab gehetzt wurden.“

Die Autoren dieser Zeitschrift an der Wiege der I. Republik

Der rasende Reporter Egon Erwin Kisch, die Literaten Robert Musil, Alfred Polgar, und rund 200 bekannte Geistesgrößen der in Agonie befindlichen Habsburger Monarchie, schrieben in dieser Wochenschrift für den Frieden und gegen den Krieg.

Der Journalist Rudolf Olden wurde später als Verteidiger im Prozess gegen den Pazifisten Carl von Ossietzky (1889–1938; Friedennobelpreisträger 1935, Herausgeber der Zeitschrift Die Weltbühne ab 1918) berühmt wurde.

In der gut eineinhalb Jahre währenden Zeitspanne des Erscheinens von Der Friede gelang es, einen Kreis von Mitarbeitern aufzubauen, der das gesamte intellektuelle und politische Spektrum

  • von der bürgerlichen Mitte bis
  • zur anarchistisch oder spartakistisch orientierten Linken abdeckte.

Das waren mehr als 200 Personen.Einige Namen: Alfred Adler, Peter Altenberg, Ernst Angel, Henri Barbusse, Franz Blei, Hermann Broch, Max Brod, Paul Claudel, Kasimir Edschmid, Albert Ehrenstein, Anatole France, André Gide, Maxim Gorki, Stefan Großmann, Albert Paris Gütersloh, Maximilian Harden, Theodor Heuss, Kurt Hiller, Heinrich Eduard Jacob, Siegfried Jacobsohn, Oskar Jellinek, Egon Erwin Kisch, Paul Kornfeld, Anton Kuh, Heinrich Lammasch, Andresa Latzko, Karl Leuthner, Adolf Loos, Josef Luitpold (Stern), Thomas Mann, Erich Mühsam, Robert Müller, Robert Musil, Jan Neruda, Rudolf Olden, Karl Otten, Rudolf Pannwitz, Leo Perutz, Emil Alphons Rheinhardt, Walther Rode, Romain Rolland, Robert Scheu, René Schickele, Hugo Sonnenschein, Otto Soyka, Theodor Tagger (d.i. Ferdinand Bruckner), Rabindranath Tagore, Johannes Urzidil, Berthold Viertel, Jakob Wassermann, Ernst Weiß, H. G. Wells, Franz Werfel und Hugo Wolf.

Die Redaktion leitete Benno Karpeles (1868–1938), Karl Tschuppik und Arnold Höllriegel (1883–1939). Sie zeichneten für den politischen und volkswirtschaftlichen Teil verantwortlich. Alfred Polgar (1873–1955) leitete die Literaturredaktion und bildete mit Karpeles, Tschuppik und Bermann den Kern der Redaktion.

Die österreichische Friedensbewegung nach dem I. Weltkrieg

Nach 1918 entstanden zahlreiche neue pazifistische Vereinigungen

Die katholischen Vereinigungen schlossen sich zusammen unter dem Sammelnamen „Katholische Internationale„.

Nach dem Tod Frieds † 4. Mai 1921  wurde der Freimaurer R. Goldscheid von 1923 bis 1931 Präsident der wiedererrichteten Friedensgesellschaft. Danach war der Sozialdemokrat Bruno Schönfeld in dieser Position.

Die 1923 von R. Coudenhove-Kalergi in Wien gegründete Paneuropa-Bewegung war stark von A.H. Frieds Ideen inspieriert und nahm einige der Friedensideen die in seinem Dunstkreis zirkulierten in ihr Programm auf.

1935–1938 Bundesstaat Österreich Kruckenkreuzflagge

1935–1938 Bundesstaat Österreich – Kruckenkreuzflagge

Die Friedensbewegung im Austrofaschistischem Ständestaat (1934 bis 1938)

Der Austrofaschismus beziehungsweise christlich-sozialer Ständestaat sind bis heute umstritten. Christliche Politiker/innen und Publizisten wie Kindermann haben eine deutlich andere Wahrnehmung dieser Zeit wie das Linke Lager. Gottfried-Karl Kindermann sah „Österreich gegen Hitler“ im Untertitel seines Buches als „Europas erste Abwehrfront 1933 – 1938“, derstandard.at – Khol verteidigt Lob für Dollfuß. am 4. März 1933 nach der Ausschaltung des Parlamentes durch Bundeskanzler Engelbert Dollfuß standen

  • ein friedlicher Generalstreik oder
  • der paramilitärische Einsatz des Schutzbundes zur Disposition der Sozialisten in Österreich.

Die Exekutive des Dollfuß-Regimes hob jedoch zahlreiche Waffendepots und schwächte auch die Gewerkschaft hinreichend. Der Arbeiterführer Otto Bauer rang nach Auffassung vieler Kritiker zu lange mit einer Entscheidung für einen Kampf mit friedlichen oder militärischen Mitteln.1934 stand jedenfalls das österreichische Bundesheer im Bürgerkrieg zwischen christlicher Heimwehr und sozialdemokratischem Schutzbund auf Seiten der Christ-sozialen Standestaatregierung. Pazifistisch oder antimilitaristische Politiker wie Bruno Kreisky, der spätere Bundeskanzler wurden inhaftiert. Das autoritäre Regime verhaftete und unterdrückte aber auch Nationalsozialisten.

1936 wurde die österreichische Friedensgesellschaft eingestellt.

Deutsches Reich („Drittes Reich“, ab 1943 Großdeutsches Reich), Nationalflagge (1933–1945) und Handelsflagge (1935–1945), zugleich Gösch der Kriegsschiffe

Deutsches /„Drittes Reich“, ab 1943 Großdeutsches Reich, Flagge in Österreich (1938–1945)

Die österreichische Friedensbewegung im III. Reich

1938 wurden durch die Nationalsozialisten alle Friedensvereine aufgelöst. Pazifistische Werke und Autoren wurden systematisch mit äußerster Brutalität verfolgt und inhaftiert und häufig auch vernichtet. Während des 2. Weltkriegs gab es aber innerhalb der österreichischen Widerstandsbewegung Friedensbemühungen.

http://www.staatsvertrag.at/htdocs/resources/img/2_1_5_f9_OEGZ_Plakat1_4_fahnen_u_steffl_popup_1006296.jpgDie Friedensbewegung in Österreich nach dem II. Weltkrieg

1946 wurde die „Österreichische Friedensgesellschaft“ im von USA, Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich besetzen Österreich wiedergegründet.

Ab 1949 wurde auf Initiative der Kommunisten „Österreichische Friedensrat“gegründet.

Die Forderung der Kommunisten nach Neutralität Österreichs wird zunächst als Hochverrat diffamiert

Während Volkspartei (ÖVP), Sozialdemokraten (SPÖ) und die 1949 gegründete Freiheitliche Partei (FPÖ/ entstand aus rechtsextremer und verbotener VdU) im ”Kalten Krieg” eher auf der Seite der Westmächte und deren ”Politik der Stärke” standen, vertrat die von der Sowjetunion geförderte Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) die Auffassung vertreten, dass mit einer solchen Politik ein Staatsvertrag sowie das Ende der Besatzung und damit die volle Unabhängigkeit Österreichs nicht erreicht werden kann.

Anfang der 50er Jahre vertrat die KPÖ die Überzeugung, daß ein Weg gefunden werden müsse, der nicht im Blockdenken verankert ist. Der Gedanke der Neutralität stützte sich auf das von der KPÖ schon seit ihrer Gründung im Jahr 1918 im Kampf gegen die Anschlußbestrebungen an Deutschland erfolgte Bekenntnis für ein eigenständiges Österreich. Diese Position wurde durch die theoretische Arbeit von Alfred Klahr über die Existenz einer eigenständigen österreichischen Nation bereits im Jahre 1937 sowie durch die Opfer der KPÖ im Widerstand gegen den Faschismus in Österreich und Deutschland untermauert.

Andere Historische Vorläufer der neutralen Friedenspolitik

Die Idee der Neutralität war in der jüngeren Geschichte Österreich verschiedentlich aufgeworfen worden:

  1. Ende des 19. Jahrhunderts befaßte sich der Völkerrechtler Heinrich Lammasch und der Sozialdemokrat Karl Renner mit einer ”Verschwyzerung” Österreich-Ungarns um dessen Zerfall zu vermeiden.
  2. Renner präsentierte 1910 im Reichsrat ein diesbezügliches Programm der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP). 
  3. 1912 forderten tschechische Abgeordnete im österreichischen Reichsrat die Neutralität als Alternative zu dem gefährlich erscheinenden Militärbündnis mit dem Deutschen Reich.

Bis 1933 vertraten die Sozialdemokraten dann aber eine eine Parteilinie die statt der Neutralität Östereichs einen Anschluss an Deutschland befürworte. Eine Kehrtwendung hin zur Neutralität vollzog die Sozialdemokratie erst 1933 nach der Machtergreifung Hitlers in Deutschland. Die Forderung nach Neutralität wurde in ihr Programm aufgenommen und ihr politischer Führer, der Austromarxist Otto Bauer bemühte sich um eine völkerrechtliche Neutralisierung Österreichs bis er 1938 im Pariser Exil starb.

Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus gab es im Sommer 1946 Äußerungen von den beiden neuen großen politischen Lagern:

  1. Alfred Missong (ÖVP) sowie
  2. den SPÖ-Spitzen-Politikern: Karl Renner, Körner und Julius Deutsch für die Neutralität. Im Zuge des aufkeimenden ”Kalten Krieges” ergriffen sie jedoch rasch Position für eine anti-stalinistische marktwirtschaftliche Westintegration Österreichs. Ihre Politik war strikt antikommunistisch und Neutralität war nun wenig opportun.

Die KPÖ war nun die am stärsten aktiv für die Neutralität Östereichs

Ab 1952 vertraten die KPÖ, Linksblock, Volksopposition, Sozialistische Arbeiter Partei (SAP), Demokratische Union (DU) und andere Gruppen die Linie ”durch Neutralität zum Staatsvertrag”. Der KPÖ-Nationalratsabgeordnete Ernst Fischer war der erste Politiker, der die Forderung nach einer Politik der Neutralität im Parlament am 2. April 1952 erhob. Die Forderung stieß damals auf den erbitterten Widerstand der anderer Parteien. In wütenden Zwischenrufen wurde Fischer als ”Hochverräter” beschimpft. ÖVP-Außenminister Gruber warf der KPÖ vor, die Neutralität ”als trojanisches Pferd, um die Volksdemokratie in heute noch freie Gebiete hineinzuschmuggeln” zu verwenden.

Bündnisse der KPÖ mit außerparlamentarischen Friedensgruppen und -organisationen

Die KPÖ beschränkte sich jedoch nicht darauf, auf der Tribüne des Parlaments von der Notwendigkeit der Neutralität zu sprechen. Sie ging mit der Forderung nach Neutralität und der populären Verknüpfung mit „Frieden“ auch an die demokratische Öffentlichkeit. In Oberösterreich entstand unter tatkräftiger Mitarbeit der KPÖ eine breite Bewegung für Frieden und Neutralität.

Die Linzer Konferenz für die Neutralität Österreichs

Am 29. Juni 1952 fand im Linzer Bahnhofsrestaurant eine vom Universitätsprofessor für Theologie und christlichen Pazifisten DDr. Johannes Ude eingerufene Konferenz für die Neutralität Österreichs statt.  250 Menschen aller Parteirichtungen und Weltanschauungen beteiligten sich daran. Einstimmig beschloß diese Konferenz

  1. einen Aufruf, in dem eine Politik der ”strengsten waffenlosen Neutralität” verlangt wurde.
  2. Österreich müsse sich ”aus allen Kriegsvorbereitungen und militärischen Mächtekombinationen” heraushalten und
  3. ”zu allen Ländern freundschaftlichen Beziehungen” unterhalten, weil nur so ein Staatsvertrag zur Beendigung der Besatzung erreicht werden könne.

15 DiskussionsrednerInnen plädierten aus verschiedensten Gesichtspunkten für diese Position.

Kurhaus von Bad Ischl fand am 5. Oktober 1952 – Salzkammergut-Konferenz ”Für Neutralität und Völkerverständigung”

Unter dem Vorsitz des Ischler Komponisten Joseph Ramsauer und des Ebenseer Altbürgermeisters Zieger 400 TeilnehmerInnen statt. Dabei sprach der Wiener Schriftsteller Richard Zeltner, seine Kernaussage lautete

“Neutralität heißt Frieden für Österreich“. Der Pazifist Professor Ude sandte ein Grußtelegramm.

Volksopposition hilft der Forderung nach Neutralität Österreichs zu einen breiten Unterstützung

1953 trug die Volksopposition, das war ein Wahlbündnis (Kommunistischer Partei Österreichs, Sozialistischer Arbeiterpartei, Demokratischer Union) und anderen Gruppen die Losungen von Neutralität und Frieden in den Wahlkampf. Sie hat damit ”breite Massen mit der Perspektive der Neutralität vertraut gemacht”, wie der Historiker Aurel Moser feststellte. Bei dieser Nationalratswahl erreichte die „linke Liste“ eine hohe Stimmenanzahl und den höchsten Prozentanteil für ein derartiges Bündnis in der II. Republik.

1954 als Parteitag der KPÖ die Losung der Neutralität wegen einer Zuspitzung der außenpolitische Situation in Anlehnung an sowjetische Interessen abschwächte, setzte die KPÖ in Oberösterreich ihre Bemühungen zur weiteren Vertiefung der Neutralitätspolitik fort. Aber des gab auch kräftige Meinungsverschiedenheiten unter den Friedenskoalitionären.

Als auf einer Bezirkskonferenz des ÖGB in Vöcklabruck ein Vertreter der KPÖ für ein neutrales Österreich aufgetreten ist, erwiderte der Zentralbetriebsratsobmann der Wolfsegg-Traunthaler, Kemetmüller (SPÖ), unter gleichzeitiger Drohung mit einem Bierglas und Wutbrüchen, dass die Kommunisten Österreich verkaufen wollten. Der spätere ÖGB-Präsident Anton Benya vertrat als Referent auf dieser Konferenz die Auffassung, daß eine Neutralität Österreichs nicht aktuell wäre, weil

  1. Östereich zum ”Westen” gehöre und
  2. der ÖGB sich aus der hohen Politik heraushalten sollte.

Die Friedensbewegung und der Kampf gegen die Re-Militarisierung Österreichs nach den II. Weltkrieg

Parallel zum Kampf für Staatsvertrag, Frieden und Neutralität erfolgte der Kampf gegen die Militarisierung Österreichs im Zuge des ”Kalten Krieges”. In Westösterreich, insbesondere in der US-Besatzungszone, erfolgte Anfang der 50er Jahre eine massive Wiederaufrüstung.

  1. Salzburg war das Zentrum dieser Initiative.
  2. In Oberösterreich wurde, unter Einbezug militärischer Überlegungen,
  • die Autobahn Salzburg-Linz,
  • die Fernstraße Wels-Passau und
  • der Militärflugplatz Hörsching für US-Bomber ausgebaut.

Von der US-Besatzungsmacht wurde

  1. der Rundfunksender in Steyr und Kronstorf,
  2. ein Flugplatz in Molln und
  3. ein Munitionslager in der Ramsau errichtet.

Der Steyrer Kommunist Franz Schmiedberger berichtete dies am Parteitag der KPÖ im November 1951. In dieser Ära wurden auch geheime Waffenlager in der US-Besatzungszone zur Unterstützung antikommunistischer Kräfte angelegt.

Den Bedürfnissen der Aufrüstung wurden auch die Industriebetriebe

  1. Voest (Stahlplatten für Panzer),
  2. Stickstoffwerke (Sprengstoffe) und
  3. Steyr-Werke (Gewehre) untergeordnet.

Der Friedensrat dokumentierte dies 1951 öffentlich in: ”Die Aufrüstung Österreichs”.

Schon ab 1949 begann unter dem Deckmantel einer ”Bewaffneten Gendarmerie” die Aufstellung eines neuen Bundesheeres mit Gendarmerieschulen in Ebelsberg, Wels und Steyr unter Leitung von US-Instruktoren. Bereits am 25. September 1951 erfolgte beim Muna-Lager in Stadl-Paura ein Nachtmanöver, am 2. Oktober 1951 in Wels ein erstes vollmilitärisches Manöver.

Volksbefragung gegen das Muna-Lager in Stadl-Paura

Eine von der KPÖ im März 1952 initiierte Volksbefragung gegen das Muna-Lager in Stadl-Paura ergab eine Beteiligung von zwei Dritteln der Wahlberechtigten, von denen sich 1.635 gegen und nur 42 für die Aufrechterhaltung des Lagers aussprechen. Die KPÖ trat bei der offiziellen Schaffung des Bundesheeres im Jahr 1955 für eine Volksabstimmung darüber ein. Die Kommunisten plädierten für ein Heer nach dem Muster der Schweiz. Unbewaffnete Neutralität war nur im sowjetischen Völkerrechtsverständnis vorgesehen, nicht hingegen in dem der Westmächte.

Der ”Stockholmer Appell”

Als Reaktion auf den ”Kalten Krieg” und die damit verbundene Miltarisierung konstituierte sich bereits im Juni 1950 der Österreichische Friedensrat, in dem zahlreiche Persönlichkeiten über Parteigrenzen hinweg zusammenarbeiteten.

Die KPÖ unterstützte den Friedensrat mit allen Kräften. Aus Oberösterreich waren der Schriftsteller Arnolt Bronnen und der Oberbaurat Franz Schiefthaler im Friedensrat vertreten. Am 2. Weltfriedenskongreß in Sheffield am 13. November 1950 nahmen aus Oberösterreich der Angestellte Adolf Kemmetmüller und der Landesbeamte Franz Schiefthaler aus Linz sowie der Maler Karl Schatzer aus Gmunden teil.

Eine wichtige Rolle spielte der Kampf zur Ächtung der Atomwaffen durch den ”Stockholmer Appell”. Bis zum 1. Österreichischen Friedenskongreß am 10. Juni 1950 hatten mehr als 455.000 ÖsterreicherInnen diesen Appell unterzeichnet, bis zum 2. Weltfriedenskongreß wurden 954.789 Unterschriften erreicht.

Rund 60.000 Unterschriften kamen aus Oberösterreich, allein im Bezirk Steyr wurden 12.500 Unterschriften gesammelt. Besonders engagiert hat sich in dieser Kampagne die „Freie Österreichische Jugend“ (FÖJ), der Kommunisten, Sozialisten und Katholiken angehörten. Wie der FÖJ-Funktionär Karl Berghammer am 15. Parteitag der KPÖ berichtete, wurde das Ziel von 6.000 Unterschriften weit übertroffen, 9.531 Unterschriften wurden gesammelt.

1952 Völkerkongress für Frieden in Wien

Johannes Ude verfasste: Meine Botschaft an den Völkerkongreß für den Frieden in Wien. Die Kommunisten Brecht und Satre sprachen auf dem Kongress.

Für eine aktive Neutralitätspolitik

Nach dem Abschluß des Staatsvertrages am 15. Mai 1955 und dem Beschluß des Neutralitätsgesetzes durch ÖVP, SPÖ und KPÖ gegen die Stimmen des VdU am 26. Oktober 1955 war die KPÖ jene Partei, die sich konform mit den Interessen der Sowjetsunion stets für eine aktive und konsequente Neutralitätspolitik einsetzte.

Die KPÖ kritisierte insbesondere

  • die einseitige Westorientierung der österreichischen Regierung bei internationalen Krisen (Ungarn 1956, Libanon 1958, Kuba 1962, Nigeria 1967, Israel 1967, CSSR 1968, Indochina) sowie
  • im Verhalten Österreichs zur NATO und EWG.

Diese Linie wird von der KPÖ bis in die jüngste Vergangenheit fortgesetzt. Wie der Historiker Aurel Moser in seiner Arbeit ”Die Stellung der KPÖ zur österreichischen Neutralitätspolitik 1955-72” konstatierte, erreichte die KPÖ damit, daß eine ”allzu einseitige Westorientierung sicherlich etwas, vielleicht sogar entscheidend, abgeschwächt und auf eine Bahn gebracht wurde, die eine günstigere Basis für die österreichische Außenpolitik darstellte”. Das neutrale Österreich konnte unter Bruno Kreisky als einziges Land in Westeuropa Wien zum Sitz von Organisationen der UNO etablieren und wesentliche Impulse in der Entspannungspolitik zwischen Ost und West leisten.

1955 zogen die Besatzungmächte aus Österreich ab

Nachdem sich Österreich im Moskauer Memorandum zur Neutralität verpflichtete und vor allem die Sowjetunion über die Einhaltung dieses Abkommens wachte war einer Re-Militarisierung Österreichs wie zwischen 1918 und 1945 nachhaltig schwer behindert. Bundeskanzler Figl (ÖVP) und Außenminister Kreisky (SPÖ) die beide unter den Nazis verfolgt wurden konnten Österreich in die Freiheit führe.  die Gräben der I. Republik zwischen Links und Rechts waren nach dem gemeinsamen Marsch in den Nationalsozialismus auch wenig attraktiv. Der Krieg waren den neuen Führern Österreichs eine Lehre und Friedenmodelle wie die EU-Integration wie sie Fried und Lammasch bereits vor dem I. Weltkrieg erdachten hatten wieder bessere Chancen.

Der Freund Albert Einsteins Walter Thirring entwarf den sogenannten Thirring-Plan zur vollständigen Auflösung des Bundesheeres und die Studenten Zettelten ein 1. Volksbegehren zur Abschaffung des Bundesheeres an. Mitte der 70er Jahre konnte für Wehrdienstverweigerer ein alternativer Zivildienst durchgesetzt werden.

Seit 1973 besteht an der Universität Wien das „Institut für Friedensforschung“ das allerdings kaum nennenswerte Forschungsmittel hat. Universitäre Lehrstühle für Friedensforschung wie in der BRD gibt es in Österreich bis heute nicht.

Die Blütezeit der Friedensbewegung in Österreich

Ab den 8oer Jahren wurde als wissenschaftliche und friedenspädagogische Einrichtung das „Österreichische Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung“ in Stadtschlaining (Burgenland) sowie das „Europäische Universitätszentrum für Friedensstudien“ in einer alten Burg errichtet.

In dieser Zeit erlebte auch der „Koordinationsausschuss der Österreichischen Friedensbewegung“ eine Blütezeit. Organisationen wie

  1. die Österreichische Hochschülerschaft,
  2. der Österreichische Bundesjugendring und
  3. unabhängige Friedensinitiativen wie die Arbeitsgemeinschaft für Wehrdienstverweigerung und Gewaltfreiheit, SOS Mitmensch und Nichtregierungs-Organisationen ziehen bis heute in diesem Kontext gelegentlich an einem Strang.

Zuletzt beim Lichtermeer am Heldenplatz

70 Jahre Anschluss – Lichtermeer am Heldenplatz

Wien, 12. März 2008 Rund 80.000 Kerzen erinnerten an die Opfer des NS-Regimes. Auch zahlreiche Politiker waren anwesend.

Gedenken an NS-Opfer

Lichtermeer am Heldenplatz

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80.000 Kerzen am Heldenplatz  »

Mit einer Nacht des Schweigens haben zumeist Jugendliche am Wiener Heldenplatz des 70. Jahrestages des „Anschlusses“ gedacht. Rund 80.000 Kerzen sollten an die ebenso vielen Opfer des NS-Regimes erinnern. Anwesend waren neben Vertretern der Jugendorganisationen auch Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) der seine Dissertation über die Friedensbewegung der 80er Jahre verfasste, Vizekanzler Wilhelm Molterer (V) und mehrere Minister.

Einen quantativen Höhepunkt der österreichischen Friedensbewegung stellte die Friedensdemonstration am 15. 5. 1982 in Wien dar.

In den 90er Jahren wurde zunächst abgerüstet und die UNO rief aum Milleniumgipfel zu einer Friedensdekade auf. In Österreich bildete sich auf Initiative des Internationalen Versöhnungsbundes ein Friedennetzwerk mit heute rund 35 Organisationen die sich zu Frieden und Gewaltfreiheit bekennen.

Mitglieder des Netzwerks für Frieden und Gewaltfreiheit im Rahmen der UNO-Dekade für Frieden und Gewaltfreiheit für die Kinder dieser Welt (2000-2010)      

 

Die Werkstatt für Frieden und Solidarität hat das Österreichische Friedensforum inititiert in dem sich antimilitaristische und friedenspolitische Organisationen koordinierten die tendenziell dem eher linken politischen Spektrum nahestehen. Das Forum löste sich 2007 allerdings auf. Die Linzer Friedenswerkstatt ist aber nach wie vor ein wichtiger Motor in der vielfältigen österreichischen Friedensbewegung.

Die bunten österreichischen und internationalen Friedensbewegungen und erwirkten zahlreiche Erfolge.

  1. Trotz eines Rüstungswettlaufs zwischen den USA und der Sowjetunion konnte eine internationale Entspannungspolitik durchgesetzt werden.
  2. Rüstungskontrollabkommen,
  3. Helsinki-Konferenz und daraus hervorgegangene Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) waren konkrete Erfolge im Zusammenspiel von Friedenspolitik und Staatsmännern.

Seit 1997 wachsen die weltweiten Militärausgaben wieder. Sie haben 2008 den höchsten absoluten Wert in der Geschichte der Menschheit erlangt. Die Friedensbewegung ist wieder weltweit gefordert. Die Existenz der Menschheit hängt seit Hiroshima und Tschernobyl an einem dünnen Faden den derzeit leider nur sehr wenige Menschen im Auge behalten.

http://www.friwe.at/images_old/AktionNeutralitaet.jpg

Literatur

Friedensrat, Die Aufrüstung Österreichs, Wien, Globus, 1951. Broschüre, 162 SS

  • M. Rauchensteiner (Hg.), Überlegungen zum Frieden, 1987.
  • Der Friede : Wochenschrift für Politik, Volkswirtschaft und Literatur. Kraus, Nendeln/Liechtenstein 1975 (Nachdruck).
  • BORDJUGOV (Hg.) Sowjetische Politik in Österreich 1945–1955: Dokumente aus russischen Archiven, ISBN 978-3-7001-3536-4

Weblinks

 

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One Response

  1. friedensnews.at» Blog Archive » Friede braucht Bewegung - Neues Buch

    […] Die Friedensbewegung in Österreich (Link zu Story aus 2008) […]

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