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Frieden im Aktionsradius Wien im April 2012

Erstellt am 29.03.2012 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 3335 mal gelesen und am 29.03.2012 zuletzt geändert.

Schmankerln vom Feinsten für PazifistInnen in Wien und anderswo!

  • Josef Popper-Lynkeus
  • GÜNTHER ANDERS
  • BERTHA VON SUTTNER & HILDEGARD GOSS-MAYR

Der kulturelle Zustand einer Gesellschaft spiegele sich in der Art und Weise wider,

wie mit dem Erbe ihrer Quer- und VordenkerInnen umgegangen wird.

Die Bücher vieler dieser klugen Menschen, die ihrer Zeit voraus waren, wurden in

  • die Vergessenheit gemobbt, geprügelt und verbrannt.
  • die Wiederauflage bleibt aus

weil die kapitalistische Konkurrenz – auch im Verlagswesen – so etwas wie einen Neuigkeitszwang gebiert. Im deutschsprachigen Raum gibt das Feuilleton einer Handvoll «führender» Zeitungen und Magazine vor, was unbedingt zu lesen ist.

(Zitat Programmvorschau Aktionsradius)

Josef Popper-Lynkeus – Nährpflicht statt Wehrpflicht

Die Bücher von Josef Popper-Lynkeus (dem österreichischen Sozialphilosophen, der schon Ende des 19. Jahrhunderts Argumente für das garantierte Grund-einkommen sammelte, die auch eineinhalb Jahrhunderte später fruchtbar für die Debatte wären), von den ProtagonistInnen einer fundamental militarismuskritischen Revolte wie Günther Anders und Bertha von Suttner, auch von lebenden Verkörperungen des Widerspruchsgeistes wie Hildegard Goss-Mayr (der Theoretikerin und Praktikerin der gewaltlosen Revolution, der Impulsgeberin für die Theologie der Befreiung) – solche Bücher zählen nicht zu den marktkonformen «Pflichtlektüren». Die Verteidigung des Friedens ist kein Thema mehr, und welcher junge Mensch kann heute noch etwas mit Begriffen wie Overkill anfangen?

Die Ideen des 1992 verstorbenen Günther Anders sind aber aktueller denn je, wie allein diese (in den österreichischen Medien nicht sehr verbreitete) Nachricht zeigt: «Seit 2001 sind die Militärausgaben der USA um mehr als 80 Prozent auf fast 700 Milliarden US-Dollar jährlich gestiegen. Damit ist das Land für 43 Prozent der weltweiten Militärausgaben verantwortlich. Selbst in den Jahren seit Ausbruch der Krise, selbst unter Obama, der einen Wandel versprach, stiegen die Militärausgaben an.» (Internationales Friedenforschungssinstitut Sipri, www.sipri.org)
Wir laden ein, Menschen wie Günther Anders beim Denken zuzuschauen. 1963 hatte er noch, angesichts der neuen Tatsache, dass man mit den vorhandenen Atomwaffen die Menschheit mehrmals vernichten könnte, eine Ausweitung des Hippokratischen Eides verlangt (der bisher nur im medizinischen Bereich galt). «Wir geloben, keine Arbeiten durchzuführen, ohne diese zuvor darauf geprüft zu haben, ob sie direkte oder indirekte Vernichtungsarbeiten darstellen», lautete sein Vorschlag für einen universell geltenden Eid. 1990 gelangte Anders zu einer staunenswerten Revision dieser Idee: Die Ärzte sollten sich verpflichtet fühlen, angesichts der Tatsache, dass heute die ganze Welt zu Hiroshima werden kann, gegen den Hippokratischen Eid zu streiken! Der Hippokratische Eid beziehe sich auf die Rettung von Menschenleben, aber im globalen modernen Atomkrieg wäre jeder Rettungsversuch zum Scheitern verurteilt. Der Streik bestehe also nicht in der Weigerung, Menschen zu retten, sondern in der «Weigerung, den Mythos von der Errettbarkeit der Gefährdeten anzuerkennen.»
Das April-Programm am Gaußplatz 11 ist diesen vom Markt entwerteten Arbeiten gewidmet, aber auch zwei zeitgenössischen Autoren (Adolf Holl, Reinhard Seiß), die erfreulicherweise gerade wegen ihrer Widerspenstigkeit auf öffentliche Aufmerksamkeit treffen. Beiden ist gemeinsam, dass die „Institutionen“ (Kirche, Stadtplanung), aus denen sie gedrängt wurden, notwendige Systemkritik als Angriff und nicht als Unterstützung betrachten. Mit Sigi Maron betritt ein weiterer Systemkritiker die Bühne des Gaußplatz 11 – diesmal musikalisch. Was Maron ausmacht ist nicht nur der laute Protest, sondern auch eine große Herzlichkeit und sein Mitgefühl für die an den Rand der Gesellschaft Gedrängten.

Aus dem Programm des Aktionsradius

Dienstag, 03. April
GÜNTHER ANDERS
Gespräch über den vergessenen Vordenker
ANDORRER HANDSCAPES | Vernissage

Andorrer Handscapes *your skin is my canvas* heißt die aktuelle Ausstellung, die zu Beginn des Abends eröffnet wird. Angela Dorrer malt Landschaften in die Handflächen fremder Menschen: Handscapes. Interessierte BesucherInnen haben im Laufe des Abends sowie bei Folgeveranstaltungen (10. & 17. April sowie 20-22. April) die Möglichkeit, ein Handscape von Angela Dorrer gemalt zu bekommen.
Im kommenden Dezember wird es 20 Jahre her sein, seit Günther Anders uns verlassen hat. In so vielen Dingen war er seiner Zeit voraus – und doch ist er den meisten völlig unbekannt. Als einer der wenigen PhilosophInnen von Weltformat hat er sich schon sehr früh mit den Massenmedien auseinandergesetzt, etwa in seinem Standardwerk «Die Antiquiertheit des Menschen», das 1956 erstmals erschien. Sein Essay über das Fernsehen beginnt mit einer kleinen «Kindergeschichte»: Einem König gefiel es nicht, dass sein Sohn, die kontrollierten Straßen verlassend, sich querfeldein herumtrieb, um sich selbst ein Urteil über die Welt zu bilden. Er schenkte dem Sohnemann Wagen und Pferd. «Nun brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen», waren seine Worte. «Nun darfst du es nicht mehr», war deren Sinn. «Nun kannst du es nicht mehr», deren Wirkung. Was sagt uns diese Andersche Metapher? Wir brauchen keine wirklichen Begegnungen mehr; wir brauchen keine direkten, originalen, primären Welt-Erfahrungen mehr. Die Welt kommt zu uns, TV-mäßig abgepackt.
Die Anders-Kenner Alfred Stohl, Franz Schandl und Gerhard Oberschlick (Anders-Nachlassverwalter) werden einen ebenso unterhaltenden wie verblüffenden Abend über und für Günther Anders gestalten.

Beginn: 19.30 Uhr. Eintritt: Spenden erbeten!
Ort: Aktionsradius Wien | 1200 Wien, Gaußplatz 11
Infos: Tel. 332 26 94, office@aktionsradius.at, www.aktionsradius.at
Ausstellungszeiten: bis 26. April, mo-do, 10.00-16.00 Uhr und zu Veranstaltungszeiten

Dienstag, 10. April
JOSEF POPPER-LYNKEUS
Vortrag über den vergessenen Vordenker

Während einerseits Milliarden an bedrucktem Papier verschoben werden, wissen andererseits Milliarden Menschen nicht, wie sie den nächsten Tag überleben können. Josef Popper-Lynkeus (1838-1921) hat bereits 1878 ein Konzept zur Sicherung der materiellen Existenz aller Menschen vorgelegt und 1912 seine Durchführbarkeit rechnerisch bewiesen. Kürzlich, am 22. Dezember 2011, jährte sich sein Todestag zum 90. Mal. Wer hat seiner Person und seiner Ideen gedacht? Uni Wien-Philosoph Friedrich F. Brezina gibt Nachhilfeunterricht. Zusätzlich: Angela Dorrer malt Handscapes.

Beginn: 19.30 Uhr. Eintritt: Spenden erbeten!
Ort: Aktionsradius Wien | 1200 Wien, Gaußplatz 11
Infos: Tel. 332 26 94, office@aktionsradius.at, www.aktionsradius.at

Montag, 16. April
SIGI MARON & ANDREAS JURAN
Konzert mit dem Meister des offenen Wortes

Sigi Maron, Großmeister des offenen Wortes, zelebriert 2012 sein 40-jähriges Bühnenjubiläum. Krankheitsbedingt ist der Politbarde, der seit seiner Jugend im Rollstuhl sitzt, über fünfzehn Jahre lang nicht aufgetreten. Jetzt ist er wieder da und notwendiger denn je. Und auch mit 67 zeigt sich die Protestliedlegende wortgewaltig und rotzfrech, wie wir sie kennen. Von seiner Bissigkeit gegen die Mächtigen ist nichts verloren gegangen. Sein Mitgefühl für die an den Rand der Gesellschaft Gedrängten hat sich noch verstärkt. Im Aktionsradius Wien spielt er im Duo, begleitet von Andreas Juran am Keyboard und Akkordeon.

Beginn: 19.30 Uhr. Eintritt: 15 Euro Abendkassa. Vorreservieren erwünscht!
Ort: Aktionsradius Wien | 1200 Wien, Gaußplatz 11
Infos: Tel. 332 26 94, office@aktionsradius.at, www.aktionsradius.at

Dienstag, 17. April
BERTHA VON SUTTNER & HILDEGARD GOSS-MAYR
Präsentation der vergessenen Vordenkerinnen

Zumindest die FloridsdorferInnen kennen das Schulschiff mit dem Namen «Bertha von Suttner». Viele wissen nicht einmal mehr, welche Schilling-Banknote mit ihrem Porträt dekoriert war. Mit welchem Einsatz, mit welcher Sprache, mit welchen Argumenten sie in einer Zeit, in der selbst Intellektuelle in Kriegsbegeisterung gerieten, die Sache des Antimilitarismus vertrat, ist weitgehend unbekannt. Den Ersten Weltkrieg erlebte sie nicht mehr, aber Jahre zuvor hatte sie vorausgesehen: «Der nächste Krieg wird von einer Furchtbarkeit sein wie noch keiner seiner Vorgänger.»
Auch lebende WarnerInnen geraten leicht ins Abseits, wenn ihre Ideen an die Konzepte der Theologie der Befreiung gemahnen, die von Mainstream-Medien als eine Bewegung von gestern abgehakt wird. Die Rede ist von Hildegard Goss-Mayr, der heute 82jährigen Wiener Schriftstellerin. Dabei konnte die international tätige Gewaltlosigkeits-Lehrerin vorwegnehmen, was kürzlich in den arabischen Ländern geschah. Der Erfolg der Revolution gegen das Marcos-Regime auf den Philippinen 1986 und der gewaltlose Sturz des Diktators Ratsiraka in Madagaskar 1991 waren auch dem Einfluss der Gewaltlosigkeits-Workshops zu verdanken, die Hildegard Goss-Mayr bzw. ihr «Internationaler Versöhnungsbund» initiierte. Die ORF-Mitarbeiterin Ursula Baatz bringt uns die beiden großen „Frauen des Friedens“ nahe. Zusätzlich: Angela Dorrer malt Handscapes.

Beginn: 19.30 Uhr. Eintritt: Spenden erbeten!
Ort: Aktionsradius Wien | 1200 Wien, Gaußplatz 11
Infos: Tel. 332 26 94, office@aktionsradius.at, www.aktionsradius.at

Freitag-Sonntag, 20.-22. April
ANDORRER HANDSCAPES
Kunstaktion im Rahmen von Q202

Im Rahmen des Q202 Rundganges 2012 ist täglich die Ausstellung Andorrer Handscapes *your skin is my canvas* von 14.00 bis 21.00 Uhr zu sehen. In der Zeit von 17.30 bis 21.00 Uhr bietet die Künstlerin Angela Dorrer den BesucherInnen an allen drei Tagen die Möglichkeit, ein persönliches Handscape gemalt zu bekommen. Sie malt Landschaften in die Handflächen fremder Menschen. Die Künstlerin liebt es, noch unbekannte Berge, Täler, Pfade und Abzweigungen zu entdecken – Topografien, die sich zu Landschaften und Spuren der Persönlichkeit verdichten. Die Arbeit basiert auf Performance, Malerei und Fotografie. Bevor die Landschaft wieder vergeht, wird sie fotografisch festgehalten. Jede Hand trägt eine andere Story und Landschaft in sich. Detailinfos: www.andorrer.de, www.q202.at

Öffnungszeiten: täglich, 14.00-21.00 Uhr. Eintritt frei!
Ort: Aktionsradius Wien | 1200 Wien, Gaußplatz 11
Infos: Tel. 332 26 94, office@aktionsradius.at, www.aktionsradius.at

 

VORSCHAU MAI 2012:

HEIMATABENDE … AUCH FÜR VATERLANDSLOSE GESELLEN

Dank an die Hauptförderer:

 

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