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Stellt die Friedensfragen!

Neues Standardwerk zum Wiener Friedensnobelpreisträger

Erstellt am 22.12.2015 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 5435 mal gelesen und am 22.12.2015 zuletzt geändert.

2016GruenewaldCoverFriedOrganisiertDieWeltGuido Grünewald (Hrsg.)
Alfred Hermann Fried: „Organisiert die Welt!“
Der Friedens-Nobelpreisträger, sein Leben, Werk und bleibende Impulse

Schriftenreihe Geschichte & Frieden, Bd. 33
272 S., 47 Abb., Hardcover, 15-20 Abb., Hardcover, 16.80 €
ISBN 978-3-943425-50-5
Donat Verlag, Bremen 2016 – Bestellen

Wer ist Alfred Hermann Fried?

Ein bedeutender Streiter für eine Welt ohne Krieg, der nicht müde wurde, an den Frieden und die weltweite Abschaffung kriegerischer Gewalt zu glauben und der sich unermüdlich für den Erhalt und Ausbau des Friedens eingesetzt hat.

Heute ist er aufgrund der Bekämpfung seines Werkes durch Rechtsextreme und Militaristen von 1914 bis 1945 weithin vergessen. Zu Unrecht.

Umso mehr ist es zu begrüßen, dass der engagierte Bremer Donat Verlag nun erneut an den in Wien geborenen und verstorbenen tatkräftigen Pazifisten und bedeutenden Theoretiker des Pazifismus erinnert.

Das Buch trägt den Titel „Alfred Hermann Fried: ‚Organisiert die Welt! ‘– Der Friedens-Nobelpreisträger, sein Leben, Werk und bleibende Impulse“.

Herausgeber ist Guido Grünewald (Bonn), ein Urgestein der Deutschen Friedensbewegung, der in einer laut Verleger Helmut Donat „glänzend geschriebenen Einleitung die Notwendigkeit der Wiederentdeckung Frieds begründet“. Denn:

in der Tat ist Frieds Appell „Organisiert die Welt!“ heute dringlicher denn je, und man kann nur hoffen, dass die Menschheit damit endlich in einem umfassenden Sinne beginnt, es nicht weiter bei Flickschustereien belässt und weiter oder wieder so tut, als sei der Krieg und nicht der Friede der Ernstfall.
Alfred Hermann Fried verschaffte sich als Autodidakt zunächst ein ausgedehntes Wissen und gründete 1887 in Berlin einen Verlag. Schicksalhaft wurde seine Begegnung mit Bertha von Suttner, der Autorin des Romans „Die Waffen nieder!“ Seit 1891 widmete Fried sein Leben der Realisierung des Friedensgedankens.

Er sah, wie die Welt durch Handel und grenzüberschreitende Investitionen, durch Fortschritte auf den verschiedensten Gebieten (Technik, Verkehr, Ackerbau, Medizin, Architektur etc.) sowie die Gründung von übernationalen Einrichtungen und Initiativen zusammenwuchs und so die Grundlagen für Verständigungsprozesse schuf. Für eine dauerhafte Friedensordnung käme es zusätzlich darauf an, die zwischenstaatliche Anarchie und die Geheimdiplomatie abzuschaffen und durch den Ausbau des Völkerrechts sowie nicht-militärische Streitschlichtungsmechanismen zu ersetzen. Diesem „ursächlichen“, „revolutionären“ und erstmalls wissenschaftlich begründeten Pazifismus verlieh Fried beharrlich und unbeugsam selbst im Schweizer Exil von 1914-1919 seine Stimme.

Fried propagierte eine internationale, auf dem Völkerrecht beruhende Organisation und ist daher mit Recht als Vordenker des Völkerbundes und der heutigen UNO zu bezeichnen.

Friedensnobelpreis 1911

In Anerkennung seiner herausragenden Bemühungen um den Weltfrieden erhielt er 1911 den Friedens-Nobelpreis. Zudem trat er als

  • professioneller Friedens-Publizist,
  • Gründer der Deutschen Friedensgesellschaft,
  • wohltätiger Freimaurer,
  • Esperantist,
  • erster professioneller Friedensjournalist und
  • früher Friedensforscher

hervor.

Der deutsche und österreichische „Griff nach der Weltmacht“ unterbrach den von Fried angestrebten Geschichtsverlauf und kehrte ihn wie von um. Nach 1918 geriet Fried in Vergessenheit und starb am Elend im Nachkriegs-Wien 1921 verarmt an einer Lungenentzündung die er sich mangels Heizmöglichkeit in seinem Winterquartier zuzog mit 57 Jahren.

Fried ist in vielerlei Hinsicht aktuell geblieben.

  • Globale Herausforderungen wie Klimawandel, Migrationsbewegungen usw. verlangen nach gleichberechtigter weltweiter Zusammenarbeit.
  • Zudem führen Hochrüstung und eine entfesselte wirtschaftliche Globalisierung zu wachsender Ungleichheit und sozialer Ausgrenzung bis zum Zerfall von Gesellschaften und Staaten.

Wie lässt sich die Welt mit Frieds Leitziel einer stabilen Friedensordnung organisieren?

Darauf geben die vierzehn Autorinnen und Autoren des Bandes vor dem Hintergrund des facettenreichen Denkens und Wirkens Frieds Antworten, die aufhorchen lassen und die lesens-, nachlesens- und nachdenkenswert sind.

Kurzbio Alfred Hermann Fried

Fried lebte seit seinem vierzehnten Lebensjahr ohne höhere Schulbildung, da die Weltwirtschaftkrise die wohlhabende Unternehmerfamilie in Armut stürzte. Er war aber bereits mit 11 Jahren, 1875 einer der besten Stenografen der Österreichischen Monarchie. Fried ist aber ein Musterbeispiel für die Karriere mit Lehre. Er verschaffte sich als Autodidakt eine umfassende Allgemeinbildung und eine Expertise die wohl viele Gymnasiasten in den Schatten stellte. Als Buchhändler gründete er 1887 in Berlin einen eigenen Verlag.

Seit 1891 widmete er fortan sein Leben unter dem Einfluss Bertha von Suttners, mit der er bald zusammenarbeitete und mit der ihn enge Freundschaft verband, der pazifistischen Arbeit und Agitation.

In Anerkennung seiner unermüdlichen und selbstlosen Anstrengungen für den Weltpazifismus erhielt er 1911 den Friedens-Nobelpreis. Er trat zudem als

hervor.

Fried nach 1918

Fried kapitulierte selbst während und nach dem Ersten Weltkrieg nie endgültig, obwohl er häufig unter dem Wahnsinn dieses Krieges litt. Er tröstete sich mit damit, dass der Krieg aus seiner Sicht die wohl beste Friedenspropanda sei und eine Zeit kommen werde in der die Menschen seine Argumente verstehen werden. Nach kurzer Tätigkeit in der pazifistischen Münchner  Räterepublik muste Fried aufgrund eines Rechtsextremen Putschs nach Wien fliehen, wo der Friedensnobelpreisträger beruflich nicht mehr richtig Fuß fassen konnte und 1921 an Folgen der Armut frühzeitig im alter von 57 Jahren starb.

Der von Dr. Guido Grünewald (Bonn) herausgegebene Band führt das facettenreichen Denken und Wirken Frieds sowie seine bleibende Aktualität vor Augen.

Inhalt
Guido Grünewald: Einleitung
Petra Schönemann-Behrens: „Organisiert die Welt!“ – A.H. Fried 1864-1921
Christoph Jahr
Antisemitismus, Militarismus, Nationalismus und das Europäische
Staatensystem 1870-1920
Sandi E. Cooper
Internationaler Frieden durch Aktivitäten der Bürger: Die ersten
pazifistischen Generationen von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis
zum Ende des Ersten Weltkriegs
Peter van den Dungen:
A.H. Fried und der „ursächliche Pazifismus“
Walter Göhring
„Bruder Europa“ – Der Freimaurer A.H. Fried
Andreas Landl
A.H. Fried – Wegbereiter des Friedensjournalismus
Klaus Schlichtmann:
Alfred Hermann Fried und die Entwicklung des Völkerrechts
Laurie Cohen:
A.H. Frieds Impulse für die transnationale Frauenfriedensbewegung
Bernhard Tuider:
„Nun, leicht erlernbar ist das Esperanto – Ich habe es an mir selbst erlebt.“
A.H. Fried, Esperanto und die Esperantobewegung
Dieter Riesenberger:
A.H. Fried im Schweizer Exil – Kriegstagebuch,Initiativen zur
Kriegsbeendigung und Vorbereitungen für einen wahren Frieden
Ulrich Schneckener:
Wie die Welt „organisieren“? A.H. Fried und die Herausforderungen
für globale Ordnungspolitik im 21. Jahrhundert
Dieter Senghaas:
Zur Aktualität der Friedenstheorie A.H. Frieds

Anmerkungen
Bilder und Dokumente

 

 

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