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Bedeutung von Friedenserziehung für die Überwindung von Gewalt

Erstellt am 10.08.2003 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde mal gelesen und am 18.10.2008 zuletzt geändert.

Uli Jäger, Institut für Friedenspädagogik

Vortrag in Wien, 24. November 2002

“Gewalt überwinden – zum Frieden erziehen”

Den Veranstaltern dieser Tagung muß zunächst für deren Planung, Vorbereitung und Durchführung herzlich gedankt werden. Es hat meines Erachtens seit langer Zeit zumindest im deutschsprachigen Raum keinen Kongreß gegeben, der einen so umfassenden und interessanten Rahmen für die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Facetten der Friedenserziehung geboten hat. Deshalb ist mir diese Tagung sehr wichtig, und deshalb bin ich auch sehr gerne gekommen.

Angesichts der neuen innergesellschaftlichen und internationalen Konflikt- und Gewaltpotentiale werden an die Bildung im allgemeinen und an die Friedenserziehung im besonderen seit einiger Zeit große Erwartungen geknüpft. Dies drückt sich auch in den Zielsetzungen der beiden internationalen Dekaden aus, die uns derzeit den Rahmen für friedenspolitischen und friedenspädagogisches Handeln liefern. So definiert die UN-Deklaration vom 13. September 1999 eine “Kultur des Friedens” als “eine Vielzahl von Werten, Einstellungen, Traditionen, Verhaltensweisen und Lebensformen”, die sich u.a. auf die Achtung der Menschenrechte und die Prinzipien der Gewaltlosigkeit und Toleranz gründen. Sie sollen in der Dekade “Für eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit zugunsten der Kinder dieser Welt” durch die Förderung der Informationsvielfalt, der Meinungs- und Pressefreiheit und durch andere politische Maßnahmen, vor allem aber durch Bildung vermittelt werden: “Kinder vom frühen Alter an sollen teilhaben an einer erzieherischen Vermittlung von Werten, Einstellungen, Verhaltensweisen und Lebensstilen, die geeignet sind, ihnen die Fähigkeit zur friedlichen Streitbeilegung zu vermitteln im Geist der Achtung der Menschenwürde, der Toleranz und der Nicht-Diskriminierung”. Auch im Rahmenkonzept der Dekade des Ökumenischen Rates der Kirchen ‚Überwindung von Gewalt‚wird dazu aufgefordert, sinnvolle pädagogische Anstrengungen zu verstärken, um der Überwindung von Gewalt eine Chance zu geben. Es gelte, Modelle und Lehrpläne zur Friedenserziehung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene zu erstellen und zu verbreiten. Die Vernetzung von in der Friedenserziehung Tätigen und Sachverständigen sowie theologischen Institutionen, die sich im Bereich von Konfliktlösung, Konfliktumwandlung und Vermittlung engagiert haben, soll gefördert werden. Schließlich wird dazu aufgefordert, Bildungssysteme und Medien ihrerseits infrage zu stellen, die Konkurrenzdenken, aggressiven Individualismus und Gewalt vor allem unter Kindern verfestigen.

Im folgenden wird versucht, in vier Annäherungen der Bedeutung der Friedenspädagogik für die Überwindung von Gewalt nachzuspüren.

1. Kernthemen der Friedenserziehung im Wandel

Die in den Dokumenten der beiden Dekaden beschriebene Erwartungshaltung an die Friedenserziehung ist nicht überraschend. Denn seit vielen Jahren gibt es eine vielfältige Praxis der Friedenserziehung – in Deutschland, in Österreich, aber auch weltweit. Im Zentrum dieser Praxis stehen seit Jahren eine Reihe von Themen, von denen ich uns zunächst einige ins Gedächtnis rufen möchte:

I. Der kritische Umgang mit Kriegsspielzeug, bzw. mit Gewalt verherrlichenden Computerspielen und Medien:

Die industrielle Produktion von Kriegsspielzeug und die davon ausgehende Faszination für Kinder und Jugendliche war in den siebziger Jahren ein herausragendes Reiz- und Aktionsthema für Friedenspädagogik und die Friedensbewegungen. Während diese Diskussion an Schärfe verloren hat, wird heute vor dem Hintergrund der Gewalttaten an einigen Schulen der Einfluß von Computerspielen und Medien auf die Gewaltbereitschaft der jungen Konsumenten ebenso heftig wie kontrovers diskutiert. Der Frankfurter Friedensforscher Christian Büttner weist vor dem Hintergrund der Bluttat in einem Gymnasium in der Stadt Erfurt auf einige wichtige Zusammenhänge und Aufgaben hin, die auch für die Friedenspädagogik von Bedeutung sind. Er schreibt: “Computerspiele von der Art, wie sie den Erfurter Amokläufer fasziniert haben, werden tagtäglich von zahlreichen anderen Jugendlichen weltweit gespielt, ohne sich deshalb systematisch und legal mit Waffen einzudecken und einen Amoklauf zu planen. Wahrscheinlicher ist, dass eine mediale Vorlage in Spiel oder Film eine vorhandene Gewaltbereitschaft insofern inspirieren kann, als eine Dramaturgie der Gewaltanwendung effektiver erscheint als eine gewaltlose Alternative.” Und der fragt weiter: “Und die Gewöhnung an die Gewalt? Der Blick in die täglichen Nachrichtensendungen zeigt, dass Erwachsene oft auch nichts Besseres wissen, als Gewalt, Krieg und Elend in Kauf zu nehmen, wenn sich ein Konflikt anders nicht lösen zu lassen scheint.”. Aus friedenspädagogischer Sicht bleibt der Ruf nach Verboten bestimmter Medien ein Alibi, solange nicht diese Gesamtzusammenhänge angesprochen und angegangen werden.

II. Der Abbau von Vorurteilen, Stereotypen und Feindbildern:

Dieses Thema zählt zu den Kernthemen der Friedenserziehung, wobei nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes Neuorientierungen stattgefunden haben. In einer Studie der Pädagogin Susanne Lin heißt es: “Bis zur Wende wurden Stereotypen, Vorurteile und Feindbilder von der Kritischen Friedenspädagogik im Zusammenhang des Ost-West-Konfliktes primär als Manipulationsinstrumente des Staates dargestellt: Sie dienten dazu, in der Situation des Kalten Krieges im öffentlichen Bewußtsein Feindbilder für innen- und außenpolitische Zwecke aufzubauen. Die Frage nach der Entstehung, Beschaffenheit und Funktion ethnozentrischer Stereotypen und Vorurteile wurde vernachläßigt.” Die Herausforderung “Feindbild” stellt sich angesichts der Zunahme der ethnopolitischen Konflikte aber auch nach dem 11. September 2001 in neuer Dramatik und zu Recht ist das interkulturelle Lernen wieder mehr als in den Jahren zuvor in den Vordergrund gerückt, gilt es doch einem neuen Feindbild “Islamismus” mit allen politischen, aber eben auch pädagogischen Mitteln entgegenzuwirken.

III. Der konstruktive Umgang mit zwischenmenschlichen Gewalt- und Konfliktpotentialen:

Die pädagogische Auseinandersetzung mit Konflikten und Gewalt ist grundlegend für die Friedenserziehung. Auch in der öffentlichen Diskussion spielen Gewalt und Konflikte in Familie, Schule und im Freizeitbereich – vor allem unter dem Aspekt der Jugendgewalt – eine bedeutendere Rolle als jemals zuvor. Dies liegt nicht nur an der nach wie vor vorhandenen “Alltagsgewalt”. Es liegt auch daran, dass langjährige Tabu-Themen aufgegriffen werden, denken wir zum Beispiel an das Problem der Gewaltanwendung gegenüber Frauen oder an die sexuelle Gewalt gegenüber Kindern. Auch politisch-rechtliche Erfolge lassen sich vermelden, so wurde in Deutschland im Jahr 2000 endlich ein “Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung” verabschiedet. An den Schulen lassen sich bemerkenswert positive Entwicklungen feststellen, wenn man zum Beispiel an die die zahlreichen Ausbildungsprogramme für Streitschlichtung für LehrerInnen und SchülerInnen denkt.

IV. Die Förderung von Bewußtseinsbildung hinsichtlich der Ursachen von Krieg, der Funktionen von Rüstung und Militär und der Alternativen.

Für viele aus dem Umfeld friedenspädagogischer Diskussionen stellt dieser Ansatz das eigentliche Kernthema der Friedenserziehung dar. Im öffentlichen Bewußtsein und in den aktuellen politisch-pädagogischen Diskussionen jedoch spielt vor allem die Rüstungs- und Militärkritik im Vergleich zu den siebziger und achtziger Jahren leider nur eine bescheidene Rolle. Inwieweit sich vor dem Hintergrund terroristischer Bedrohungen und den darauf mehr oder weniger bezogenen militärischen Interventionsstrategien neue Tendenzen ergeben, bleibt abzuwarten.

V. Die Implementierung friedenspädagogischer Maßnahmen im Rahmen von zivilen Interventionen in Konflikt- und Krisengebieten:

Jahrzehntelang waren zumeist jugendliche Freiwillige im Auftrag von Aktion Sühnezeichen, des Internationalen Versöhnungsbundes oder anderer Friedensorganisationen im Ausland für Frieden und Versöhnung tätig und konnten durch ihr Engagement gemeinsam mit den Verantwortlichen und Betroffenen vor Ort friedenspädagogische Akzente setzen. Neuerdings wird dieser Bereich im Kontext ziviler Interventionen professionalisiert und teilweise mit staatlichen Mitteln und im staatlichen Auftrag ausgebaut. In Zeitungen lesen wir Stellenanzeigen, mit denen Menschen beispielsweise für “friedenspädagogische Maßnahmen in Mosambique” gesucht werden. In einer Studie für die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) heißt es grundlegend: “Pädagogische Maßnahmen zugunsten von friedlichem und konstruktivem Miteinander, Demokratie und Menschenrechten sowie Impulse zur Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung zählen zu den zentralen Elementen für Verständigung und Versöhnung. (…) Die Bedeutung friedensfördernder und konfliktpräventiver Bildung ist unumstritten. (…) Eine nachhaltige Friedensförderung durch Jugend- und Bildungsmaßnahmen soll vor allem zur Entwicklung eines stabilen demokratischen Wertesystems beitragen und Lernenden sowie Lehrenden Orientierungshilfen in sich verändernden, pluralisierenden Strukturen geben, so dass sie umfassende Handlungskompetenz erlangen und Verantwortung übernehmen können”. Kein Zweifel, hier eröffnet sich ein neuer, spannender Handlungsansatz für die Friedenspädagogik in der “Einen Welt”. Gleichwohl sind noch viele Fragen offen, zum Beispiel nach den Standards für die Ausbildung der erforderlichen “Friedensfachkräfte” aber auch nach dem Verhältnis zu den Konfliktparteien vor Ort. In einer Studie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) heißt es zu Recht: “Frieden kann durch externe Interventionen gefördert, aber nicht geschaffen werden.”

Zu jedem dieser fünf Kernthemenbereiche der Friedenspädagogik liessen sich aufschlußreiche Entwicklungstendenzen und Kontroversen aufzeigen. Natürlich ergeben sich seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes, seit dem Ausbruch der sogenannten “neuen Kriege”, seit den Terror-Anschlägen vom 11. September 2001, angesichts des anhaltenden innergesellschaftlichen Gewaltpotentials und auch angesichts der zunehmenden Globalisierung ganz neue Herausforderungen für Bildung und Friedenserziehung. Die Etablierung von Konzepten und Entwürfen für ein “globales Lernen” gehört hier zu den wichtigsten pädagogischen Gegenreaktionen, die vor allem im schulischen Bereich relevant sind. Das Programm der Arbeitsgruppen dieser Tagung weist weitere Themenstellungen auf, zu denen Friedenserziehung etwas zu sagen hat bzw. etwas zu sagen haben müßte. Dies wirft aber eine andere, vielleicht die zentrale Frage auf: Worin besteht eigentlich der spezifische Ansatz der Friedenserziehung, im Verhältnis anderen pädagogischen Ansätzen? Dabei stößt man auch auf manche Spannungsfelder, mit denen sich Friedenspädagopgik und -erziehung konfrontiert sieht.

2. Spannungsfelder der Friedenserziehung

„Werner Wintersteiner“von der Universität Klagenfurt, mit dem uns seit Jahren eine freundschaftliche und gute Zusammenarbeit verbindet, hat völlig zu Recht nachdrücklich auf ein wesentliches Dilemma der Friedenspädagogik hingeweisen.

Er schreibt: “Friedenserziehung kann sich nicht damit begnügen, etwa Regeln des friedlichen Zusammenlebens und der gewaltfreien Konfliktaustragung zu lehren sowie auf psychische Dispositionen hinzuarbeiten, so daß die Individuen diese Regeln auch beherzigen. Denn die Rahmenbedingungen für dieses angestrebte Verhalten fehlen in vielerlei Hinsicht in unserem Gesellschaftssystem. Die Spielregeln der Gesellschaft sind nicht friedlich, und schon deshalb ist der Erfolg der Friedenserziehung gefährdet. Entweder es scheitert schon der Prozeß der Erziehung, weil die umgebenden Verhältnisse alle pädagogischen Bemühungen konterkarieren und die angestrebte Qualifizierung zu gewaltfreier Konfliktlösung nicht stattfindet. Oder sie scheitert als Erziehung, insofern sie zwar bestimmte friedfertige Verhaltensweisen antrainiert, diese sich aber außerhalb der Erziehungssituation nicht „bewähren“, nicht sozial honoriert werden. Um erfolgreich zu sein, muß Friedenserziehung deshalb nicht nur Friedensfähigkeit herstellen, sondern auch Einsicht in die Verhältnisse vermitteln, die diese Friedensfähigkeit behindern, sowie die Bereitschaft wecken und die Fähigkeiten (aber welche Fähigkeiten sind das?) bereitstellen, diese Verhältnisse zu verändern.”

“Wie ist Erziehung zum Frieden in einer Welt organisierter Friedlosigkeit überhaupt möglich?”

Mit dieser Fragestellung hat in den siebziger Jahren der Bremer Friedensforscher Prof. Dr. Dieter Senghaas das Dilemma der Friedenspädagogik richtig beschreiben und damit den Horizont der Erziehung zum Frieden über die Präampel der UNESCO hinaus erweitert. Dort heißt es: “Since wars begin in the minds of men, it is in the minds of men that the defences of peace must be constructed”. Friedenspädagogik sieht die Verantwortung des Einzelnen und gründet in der Überzeugung, dass Einstellungen und Verhaltensweisen durch Erziehung und Bildung veränderbar sind. Friedenspädagogik hat aber auch die Bedeutung struktureller Rahmenbedingungen zu sehen und für ihre Handlungsoptionen zu berücksichtigen.

Vor diesem Hintergrund erschließt sich auch die zentrale Bedeutung des sogenannten Gewaltdreiecks des norwegischen Friedensforschers Johan Galtung.

Zu unserer Erinnerung: Der Friedensforscher Johan Galtung unterscheidet zwischen direkter, struktureller und kultureller Gewalt.

Die direkte Gewalt

verletzt körperlich oder tötet sogar, sie kennt Täter und Opfer und steht im Mitztelpunkt der politischen und öffentlichen Diskussion.

Strukturelle Gewalt

verletzt Bedürfnisse, findet sich in Gesetzen verankert aber niemand ist direkt Täter und in diesem Sinne verantwortlich.

Die kulturelle Gewalt

ist die Legitimierung von struktureller oder direkter Gewalt durch Ideologien, Religionen, Traditionen.

Die galtungsche Gewaltdefinition ist unter analytischen Aspekten nicht unumstritten und hat beachtliche Resonanz ausgelöst. Sie eröffnet unter friedenspädagogischen Gesichtspunkten die Möglichkeit für eine konstruktive Auseinandersetzung mit Gewalt, weil sie den Blick für die unterschiedlichsten Facetten von Gewalt öffnet, damit eindimensionale Ursachenzuschreibungen verhindert und sowohl direkte wie auch indirekte Zusammenhänge sichtbar macht. “Der reißende Strom wird gewalttätig genannt. Aber das Flußbett, das ihn einengt, nennt keiner gewalttätig”, mit diesem Bild hat Bertold Brecht eine wesentliche Dimension dieser Zusämmenhänge verdeutlicht.

Johan Galtung weist zum Beispiel nachdrücklich darauf hin, daß in jeder Ecke des Dreieckes Gewaltausbrüche beginnen und in den anderen Ecken weitere Verschärfungen auslösen können. Dies gilt aber auch umgekehrt: Wenn die kulturelle Legitimation von Gewalt abnimmt, kann dies zur Eindämmung struktureller und direkter Gewalt führen! Friedenspädagogik muß ihre Ansätze, ihre Konzeptionen und ihre Ziele aus dem beschriebenen Spannungsfeld zwischen friedensorientierter Gesellschaftskritik und friedenspädagogischer Handlungspraxis ableiten. Sie war und muß dabei eine gesellschaftskritische Disziplin bleiben. Und sie muß ihre Theoriedefizite abbauen, auch darauf hat Werner Wintersteiner hingewiesen. Dazu aber sind Lehrstühle, sind finanzielle Ressourcen für Forschung und Evaluationen notwendig. Lehrstühle für Friedenserziehung aber gibt es weder in Deutschland noch – so viel mir jedenfalls bekannt ist – in Österreich und finanzielle Mittel für friedenspädagogische Grundlagenforschungen kommen wenn dann aus privaten Stiftungen, wie zum Beispiel der Berghof Stiftung für Konfliktforschung. Dieser Stiftung hat das Institut für Friedenspädagogik vieles zu verdanken. In diesem Zusammenhang sind im übrigen die Aktivitäten der “Initiative European Education as Peace Education” in Villach von großer Bedeutung.

3. Ansätze der Friedenspädagogik
Beim Institut für Friedenspädagogik in Tübingen haben wir drei mit einander verflochtene Kernelemente für eine Friedenserziehung identifiziert:
1. Vermittlung von Friedenskompetenzen
2. Vermittlung von Friedensfähigkeit
3. Vermittlung von Friedenshandeln

Die Vermittlung von Friedenskompetenz
Friedenskompetenz ist wichtig, um Zusammenhänge begreifen, Entwicklungen einordnen und selbständige Analysen und Strategien zur Auseinandersetzung mit Krieg und Gewalt entwickeln zu können. Friedenskompetenz ist nach unserem Verständnis in erster Linie Sachkompetenz: Dazu gehören unter anderem das Wissen über die Ursachen von Krieg und Gewalt, über die individuellen Voraussetzungen von Friedensfähigkeit sowie deren gesellschaftliche und internationale Rahmenbedingungen. Zur Friedenskompetenz gehört aber auch die Einsicht in die eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten. Diese Sachkompetenz kann als Teil intentionaler Bildungsarbeit in der Schule und in der Erwachsenenbildung oder im Rahmen von selbstorganisierten Lernprozessen innerhalb von Basisgruppen vermittelt werden. Ohne Sachkompetenz ist eine verantwortungsbewußte Friedenserziehung nicht möglich, dennoch reicht diese nicht aus, weitere Kompetenzen müssen hinzukommen.

Anleitungen zur Erlangung von Friedensfähigkeit
Wie kann die Fähigkeit erworben werden, mit individuellen, gesellschaftlichen und internationalen Konflikten umzugehen, die dahinter stehenden Interessen erkennen und Lösungswege suchen zu können? Nachvollziehbare und für alle Menschen verständliche Hinweise für die Erlangung einer solchen individuellen Friedensfähigkeit zu geben, gehört zu den schwierigsten Aufgaben der Friedenserziehung. Selbst FriedenspädagogInnen und FriedensforscherInnen müssen hier immer wieder um die eigene Glaubwürdigkeit bemüht sein, denn es kann nicht um die Aufstellung neuer Postulate gehen, sondern vor
allem um praktische Hilfen bei der Bewältigung des pädagogischen Alltags. Individuelle Friedensfähigkeit bedeutet beispielsweise die Entwicklung von Ichstärke und Selbstbewußtsein – nicht um andere zu bevormunden, sondern um relativ “störungsfrei” kommunizieren zu können, um eigene Vorurteile zu erkennen und zu bearbeiten, aber auch um am politischen Geschehen so teilhaben zu können, daß ein Engagement in Richtung Gewaltminimierung und Partizipation möglich wird,
Die Kenntnis des eigenen Standorts ist eine wichtige Voraussetzung für Zivilcourage. Unter Zivilcourage versteht man zum Beispiel, daß die eigene Meinung – auch gegenüber Vorgesetzten – formuliert wird und daß dies nicht nur privat, sondern auch öffentlich geschieht. Die für das eigene Handeln notwendigen moralischen Maßstäbe sollen höher bewertet werden als opportunistische Anpassung, wobei moralisches Handeln jedoch mit dem Erwerb von Sachkompetenz verbunden wird. Die mit der Praktizierung von Zivilcourage möglicherweise verbundenen persönlichen Nachteile müssen bewußt riskiert bzw. in Kauf genommen werden. Dies setzt voraus, daß eigene Ängste nicht verdrängt werden. Zivilcourage kann auch bedeuten, nötigenfalls den Gehorsam bzw. die Delegation von Verantwortung an den/die Vorgesetzten (oder gar an Strukturen) zu verweigern. Ohne die Übernahme von Verantwortung für das eigene Handeln bzw. das Unterlassen von Handlungen ist Friedensfähigkeit nicht denkbar.
Für die Friedenserziehung hat diese Einsicht zur Konsequenz, mit Widerspruch, Einwänden und Gehorsamsverweigerung bei Kindern und Jugendlichen sensibel umzugehen. Denn diese Verhaltensweisen können eben nicht nur als “Trotz” oder “Ungezogenheit” gedeutet werden, sondern sind auch Ausdruck einer sich entwickelnden Selbständigkeit sowie von Auseinandersetzung mit Autoritäten.
Oft wird Friedensfähigkeit mit übertriebener Friedfertigkeit verwechselt oder abwertend darauf hingewiesen, daß die sich um Friedensfähigkeit bemühenden Personen zwar moralisch integer sein mögen, aber ansonsten vom Leben wenig verstünden, ja sogar in einer Konkurrenzgesellschaft nicht (über-)lebensfähig seien. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Weder eine Familie, noch eine (Welt-) Gesellschaft kann überleben, wenn das Konkurrenzprinzip als dominierende Triebfeder gesehen wird. Lebens- und Überlebensfähigkeit hängt heute wesentlich von kooperativen und sozialen Fähigkeiten ab. Hierzu gehört es, in und mit Gruppen arbeiten zu können, die Auswirkungen und Folgen des eigenen Handelns auf andere abschätzen und berücksichtigen zu können, sowie verantwortungsvoll mit sich und den anderen und der gemeinsamen Umwelt umzugehen. Um auftretende Problemfelder und “Stolpersteine” erkennen und sie damit auch tendenziell zu überwinden, ist die Fähigkeit, zur Selbstreflexion notwendig. Denn eine immer besser werdende und tiefer reichende Kenntnis der eigenen Person und damit verbunden auch der eigenen Reaktionen ist eine wichtige Voraussetzung für Friedensfähigkeit.

Wo und wie solche Fähigkeiten und Eigenschaften sich entwickeln können bzw. zu erwerben sind, ist ein Kernproblem der Friedenserziehung. In der schon erwähnten Studie für die GTZ wird für die friedenspädagogische Arbeit in Krisen- und Konfliktregionen zusammengefaßt, um welche individuellen Fähigkeiten es sich handeln kann:
1. Ich-Stärke
2. Frustrations- und Ambiguitätstoleranz
3. Sensible Selbst- und Fremdwahrnehmung
4. Fähigkeit zu Empathie und Perspektivenwechsel
5. Kritisches und kreatives Denken
6. Kommunikations- und Interaktionsfähigkeit
7. Kenntnis der eigenen und kulturellen Einstellung zu Konflikten und Verhalten in Konfliktsituationen
8. Fähigkeit zur Analyse und zum Verstehen von Konflikten
9. Praktische Kompetenz zur Bearbeitung und Bewältigung von Konflikten

Anleitung zum Friedenshandeln
Schließlich ist die Anleitung zum selbständigen politischen Handeln ein untrennbarer Teil der Friedenserziehung. Manche erwarten, daß sich die Friedenserziehung als pädagogische Abteilung der Friedensbewegung versteht. Diese Forderung ist durchaus sympathisch, doch die Voraussetzungen, Methoden und Adressaten von Friedenserziehung und Friedensbewegung sind so verschieden, daß trotz aller Übereinstimmung bei Gewaltkritik und Friedensvorstellungen eine Vereinheitlichung unnötig und dem gemeinsamen Anliegen nicht förderlich wäre. Friedenshandeln zielt auf die Beeinflussung politischer Entscheidungen und Entwicklungen auf kommunaler, staatlicher und internationaler Ebene und kann unterschiedliche Formen haben. Heute sind Handlungsansätze transnationalen Friedenshandelns besonders bedeutsam, die sich von Projekten internationalen Lernens bis hin zu gewaltfreien Interventionen in Krisenregionen erstrecken. Friedenserziehung hat die Aufgabe, zum politischen Engagement zu ermutigen, gerade auch dadurch, daß die Grenzen dieses Friedenshandelns sichtbar gemacht werden und der Handlungsspielraum greifbar ist. Doch Friedenserziehung muß dazu beitragen, daß sich nicht nur einige wenige besonders engagierte Menschen das »Friedensengagement« aufgrund ihrer finanziellen oder familiären Situation »leisten« können, sondern daß möglichst vielen Bürgerlnnen, die im normalen Berufs- und Familienalltag stehen, Möglichkeiten zum Engagement eröffnet werden. Friedenshandeln im Alltag kann vieles bedeuten. Dazu gehört die Bereitschaft zur Informationsbeschaffung ebenso wie der Mut, in der Schule, am Arbeitsplatz oder beim Stammtisch fremdenfeindlichem Gerede oder Gewaltphantasien bezüglich der Wirksamkeit militärischer Interventionen entgegenzutreten.

Es wird deutlich, wie eng Friedenskompetenz, Friedensfähigkeit und Friedenshandeln zusammengehören. Deutlich wird aber auch, wie vieler Anstrengungen es bedarf, um den Ansprüchen von Friedenserziehung gerecht werden zu können.

4. Essentials der Friedenserziehung

In einem vierten Annäherungsversuch sollen abschließend einige Essentials der Friedenserziehung beschrieben werden. Worin bestehen die friedenspädagogischen Spezifika im Verhältnis zu anderen pädagogischen Ansätzen und zu den sozialen Bewegungen wie der Friedensbewegung oder die Bewegung der Globalisierungskritiker? Was macht in diesem Kontext Friedenspädagogik aus?

I. Werteorientierung
Friedenspädagogik, wie sie beim Institut für Friedenspädagogik verstanden wird, fühlt sich den grundlegenden Kriterien der politischen Bildung verpflichtet. Dazu gehören zum Beispiel das “Kontroversegebot” oder das “Überwältigungsverbot” gegenüber den TeilnehmerInnen von Bildungsveranstaltungen. Für die Friedenspädagogik grundlegend ist aber darüber hinaus die Orientierung am negativen und positiven Friedensbegriff und an den Werten der Gewaltfreiheit. Diese Werteorientierung setzt für das Einüben von Konfliktfähigkeit klare Richtlinien. Unter friedenspädagogischen Gesichtspunkten kann es nämlich nicht nur um das Erlernen von Techniken des Konfliktmanagements gehen, da diese auch zur rücksichtslosen Durchsetzung persönlichen Machtstrebens angewandt werden können. Die Vermittlung ethischer Grundwerte (“Konfliktethos”) ist deshalb integrativer Bestandteil friedenspädagogischer Bildungsmaßnahmen.

II. Sensibilisierung für unterschiedliche Gewaltformen und -erfahrungen
Die Sensibilisierung für unterschiedliche Gewaltformen und -erfahrungen ist eine zentrale Voraussetzung für eine konstruktive Auseinandersetzung mit Gewalt und mit der Fragen der Überwindung von Gewalt. Nur wer sich um Klärungen über eigene Gewaltpotentiale und -erfahrungen bemüht und auch die eigene Haltung zu (militärischen) Gewaltanwendungen außerhalb des persönlichen Nahbereiches überdenkt, kann sich glaubwürdig für die Überwindung von Gewalt einsetzen. Dies setzt aber die Bereitschaft und die Fähigkeit voraus, sich mit einem brisanten, in den persönlichen Bereich eindringenden Thema zu beschäftigen. Zur Sensibilisierung gehört also die Selbstvergewisserung: Wie stehe ich zur Gewalt? Wo erlebe ich Gewalt? Wann, warum und wie übe ich selbst Gewalt aus? Wie begegne ich Gewalt? Wie stehe ich zur militärischer Gewalt in den internationalen Konflikten? Unter welchen Bedingungen lehne ich Gewalt ab, wann legitimiere ich Gewaltanwendung? Entstehen dabei “Glaubwürdigkeitslücken” und welche Folgen ergeben sich daraus? Jugendliche zum Beispiel nehmen ihre eigenen Gewaltanwendungen häufig als legitime Gegengewalt wahr und fühlen sich darin bestärkt, wenn auch in der internationalen Politik “Gegengewalt” moralisch legitimiert wird.
Die Sensibilisierung für die eigene Täterschaft ist im übrigen seit vielen Jahren eine wichtige Forderung seitens der Friedenspädagogik. “Wir fühlen uns oft als Opfer der Gewalt und sehen nicht, daß wir immer auch als Täter den Kreislauf der Gewalt in Gang halten”, heißt es in einem Beitrag der Frankfurter Wissenschaftler Hans Nicklas und Änne Ostermann.

III. Enttabuisierungen von Gewalt
Wer spricht heute in der öffentlichen Diskussion über Gewalt? Wer definiert, was Gewalt ist? Sind es die Täter oder die Opfer, sind es überwiegend Männer oder Frauen, reden Kinder oder Erwachsene, bestimmen deutsche oder ausländische Mitbürger den Diskurs? “Der Himmel scheint mir manchmal nicht mehr so richtig blau, weil sich die Gewalt in den dunkelsten Farben breitmacht”, schreibt die dreizehnjährige Songül aus Duisburg bei einem Schreibwettbewerb der Gewerkschaftszeitung Metall. “Die Gewalt im Alltag haben die Kinder sehr genau geschildert. In der Schule, im Straßenverkehr, in Fernsehfilmen und Videos, aber auch in der Familie und bei Freunden. Gewalt im Krieg, Gewalt gegen Ausländer, Behinderte, Schwächere, gegen Tiere und gegen die Natur. Die Zerstörung der Umwelt empfinden sehr viele Kinder als äußerst bedrohliche Form von Gewalt, der gegenüber sie sich hilflos und ohnmächtig fühlen. Wer die Kinderbriefe gelesen hat, versteht vielleicht besser als nach mancher wissenschaftlichen Untersuchung oder Analyse, wo die Wurzeln der zunehmenden Gewaltbereitschaft und Gewalttätigkeit zu finden sind”. So formuliert es die für den Wettbewerb verantworliche Journalistin Regina Rusch.
Analytisch betrachtet kann vor allem die Formel von der “strukturellen Gewalt” helfen, Unrechts- und Gewaltverhältnisse aufzudecken. Durch die strukturelle Gewalt wurde zum Beispiel ermöglicht, “das geschlechtspezifische Unterdrückungsverhältnis so zu bezeichnen, wie es Frauen überwiegend empfinden: als eine Form von Gewalt”, so die Friedensforscherin Ilse Petry.

IV. Bezugnahme auf Traditionen und aktuelle Entwicklungen der Gewaltfreiheit
Friedenspädagogik kann bei der Vermittlung von Kompetenzen für Friedenshandeln auf Persönlichkeiten der Gewaltfreiheit hinweisen, deren Vorbildfunktion nicht nur für Jugendliche von unschätzbarem Wert ist. Selbst in der Werbung wird heute auf das “Image” von Martin Luther King oder Mahathma Gandi zurückgegriffen. Friedenspädagogik will dabei keineswegs zur Idealisierung dieser Persönlichkeiten beitragen, sondern auch eine kritische Auseinandersetzung mit Idolen fördern. Gleichwohl lassen sich anhand der genannten und anderer Persönlichkeiten – zum Beispiel auch der burmesischen Friedensnobelpreisträgerin Auung San Sun Kyi – auch Ansätze gewaltfreien Handelns diskutieren, die heute eher in Vergessenheit geraten. Dazu zählt die Bereitschaft zur Konfrontation als gewaltfreie Strategie, um Konflikte ans Tageslicht zu befördern und zuzuspitzen. Gewaltfreiheit in diesem Sinne hat nichts mit unproduktiver Harmonisierung und Konfliktbeschwichtigung zu tun! Dazu zählt auch das “Empowerment” als manchmal notwendige Form der Stärkung der unterlegenen und schwachen Konfliktpartei.

V. Rüstungskritik, Militärkritik und kritische Auseinandersetzung mit der Legitimation von “gerechten Kriegen”
Friedenspädagogik kann auf einen über lange Jahre in der Friedensforschung andauernden Forschungsprozess zu den Themen “Rüstung und Militär” verweisen. Friedenskompetenz heute bedeutet, die dabei gewonnenen Erfahrungen über den destruktive Charakter von Rüstung und die Unvereinbarkeit von militärischen und zivilen Ansätzen in die Diskussionen über alle Formen militärischer Interventionen einzubringen. Unter Beachtung des Kontroversegebotes gilt es, die Diskussionen um “gerechte Kriege” und um den militärischen Einsatz als “letztes Mittel” transparent und nachvollziehbar zu machen.

VI. Ganzheitlichkeit: Alle Sinne ansprechen
Friedenserziehung bedient sich aller Sinne und kann auch hier auf eine langjährige Tradition zurückgreifen. Gerade in Zeiten vergänglicher Nachrichten, schneller Schnitte und Bilderfolgen ist die methodische Einbindung von Kunst mehr als ein “Kunstgriff”. Glücklicherweise konnten in diesem Jahr beim Institut für Friedenspädagogik zwei Projekte bearbeitet werden, in denen die bildnerische und die musische Kunst in Beziehung zu den Themen Krieg und Frieden gesetzt werden. Dabei handelt es sich um die beim Kreuz-Verlag erschienene Publikation “Die Kunst des Friedens. Gewalt-Kritik und Friedens-Zeichen in der Bildenden Kunst”, welche ausdrücklich als Beitrag zur ökumenischen Dekade “Gewalt überwinden” verstanden wird und um die CD-ROM “Frieden hören. Annäherungen an den Frieden über klassische Musik”, welche im Frühjahr 2003 beim Institut für Friedenspädagogik erscheinen wird.

Ausblick: Realistische Perspektiven

Wir stehen erst am Anfang zweier Dekaden und trotzdem drängt sich die Frage auf, nach welchen Kriterien der Erfolg der Dekaden im Jahr 2010 gemessen werden wird. Wird es weltweit weniger Gewalt geben, weniger Mobbing, weniger Unterdrückung, weniger Fremdenfeindlichkeit, weniger Kriege oder weniger Armut? Die “Überwindung von Gewalt”, wie sie in der ÖRK-Dekade als übergeordnete Zielsetzung proklamiert wird, ist in konkreten Situationen sicherlich möglich und darüber hinaus als umfassende Zielsetzung unverzichtbar. Gleichwohl sollte gleichzeitig der Blick geöffnet werden für den konstruktiven Umgang mit Konflikten. Denn vielen Gewaltsituationen geht eine Konflikteskalation voraus. Glücklicherweise gibt es einen wachsenden wissenschaftlichen und pädagogisch-praktischen Erfahrungsschatz im konstruktiven Umgang mit Konflikten. Dazu gehört die Erkenntnis, daß unterschiedliche Konflikttypen differenzierte Herangehensweisen und einen Blick für das Leistbare verlangen. Tief liegende und verfahrene Konflikte sind zum Beispiel nur schwer zu lösen. Bei ihnen kommt es auf die Fähigkeit und die Bereitschaft an, sie in eine Form zu transformieren, in der sie überhaupt zu bearbeiten sind. Dies klingt in der hier gebotenen Kürze sehr abstrakt. Es soll aber verdeutlichen, wie eng die Grenzen gesetzt sind, wenn man einer gewaltsamen Eskalation vorbeugen will. Alle Verfahren der Vermittlung in Konfliktsituationen, der Streitschlichtung oder der Mediation, wie sie im Augenblick vielfach diskutiert und erprobt werden, erfordern von den beteiligten Personen ein hohes Maß an Wissen und sozialen Fähigkeiten. Doch man kann lernen, für Konflikte und Gewalt sensibel zu werden und man kann auch lernen, mit Konflikt- und mit Gewaltsituationen konstruktiv im Sinne einer Deeskalation und Transformation umzugehen. Doch auch hier ist Vorsicht geboten: Nichts wäre verhängnisvoller, als die Ausbildung für konstruktiven Konfliktaustrag und die Chancen auf Konfliktbearbeitung zu überschätzen. Es wird immer Konflikte geben, die nicht bearbeitbar sind, weil die Konfliktparteien es zum Beispiel nicht wollen und es wird immer die ungezielte, sinnlose zerstörerische Gewalt geben. Und nicht alle Menschen bringen die Fähigkeiten mit, sich auf den langen, zähen Prozess der Konfliktauseinandersetzung einzulassen.

Vor diesem Hintergrund wäre es ein schöner Erfolg der Dekaden wenn es gelänge, das Bewußtsein und die Fähigkeiten für die Machbarkeit des Friedens zu schärfen, die Wege zur Überwindung von Gewalt und zur Etablierung einer Kultur des Friedens kontrovers aber konstruktiv zu diskutieren und so immer mehr Menschen weltweit zu begeistern, den Frieden mitzugestalten.

Literatur

Büttner, Christian, in: Frankfurter Neue Presse, 10.5.2002

Gugel, Günther / Uli Jäger: Gewalt muß nicht sein. Eine Einführung in friedenspädagogisches Denken und Handeln. Tübingen 1995.

Lin, Susanne: Vorurteile überwinden – eine friedenspädagogische Aufgabe. grundlegung und Darstellung einer Unterrichtseinheit. Weinheim / Basel 1999.

Schell-Faucon, Stephanie: Bildungs- und Jugendförderung mit friedenspädagogischer und konfliktpräventiver Zielrichtung. Herausgegeben von der GTZ, Eschborn 2001.

Wintersteiner, Werner: Pädagogik des Anderen. Bausteien füreine Friedenspädagogik in der Postmorderne. Münster 1999, S. 16f.

 

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