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Stellt die Friedensfragen!

Bundesheerreformkommission

Erstellt am 26.07.2004 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 2014 mal gelesen und am 11.10.2010 zuletzt geändert.

Andreas Kollross

Bundesheerreform – Vorwärts zurück!

Die Bundesheerreformkommission hat ihre Arbeit, indem sie dem „Verteidigungsminister“ ihren Bericht überreichte, niedergelegt. Viele Sitzungen, Workshops, auch Klausuren, und jede Menge Papier sind dafür in den letzten Monaten zur Verwendung gebracht worden. Die Frage, die sich jedoch auftut, ist, warum eigentlich?

Der Bericht der Reformkommission spiegelt nichts anderes wieder als das, was in unzähligen EU-Ministerratssitzungen und anderen EU-Gremien bereits besprochen wurde.

Auch die Koalitionsvereinbarung der schwarzblauen Bundesregierung ist unschwer aus dem Konvolut herauszulesen.Da finden wir zum einen das Bestreben an internationaler militärischer Beteiligung im Bericht wieder. Dabei bekommt die Beteiligung an einer
gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Europa einen Persilschein ausgestellt. Niemand kann zwar heute sagen, wie diese aussehen
soll, die Kommission hat aber vorsorglich einmal festgehalten – wir sind auf jeden Fall dabei.

Was in diesem Bereich bereits klar ist, ist die sogenannte EURO-Armee. Diese
kann aber nur mit viel Fantasie als Verteidigungsvehikel betrachtet werden.

Vielmehr hat diese Armee einen aggressiven Charakter und schreibt ihr
Einsatzgebiet in ihren Satzung auch weit über die Grenzen der EU fest. Da
passt es ganz gut, wenn inner-halb der Reformkommission festgehalten wird,
dass erstens an unseren unmittelba-ren Grenzen auch in absehbarer Zeit keine
Gefahr droht, und die einzige Bedrohung im Nahen Osten in Form des
Terrorismus zu suchen ist. Na dann – auf in den Nahen Osten, um gemeinsam
mit der USA Krieg zu führen. Oder sollen wir gar im Nahen Osten gegen die
USA Krieg führen? Immerhin geht es auch in Europa niemandem um Demokratie
und Menschenrechte im Irak oder anderswo, sondern ums Öl.

Wie lange dauert es noch, bis auch dem letzten Dummkopf klar ist, dass
Terrorismus nicht mit Militär und Bomben bekämpft werden kann? Wie lange
dauert es noch, bis den Wenigen, die an Instabilität und Terrorismus
Interesse haben, weil es um ihr Ge-schäft geht, das Regiebuch aus der Hand
genommen wird? Vielleicht hilft es, wenn wir immer wieder die Aussage des
erst kürzlich verstorbenen Peter Ustinov formulie-ren: „Der Terrorismus ist
der Krieg der Armen und Krieg der Terrorismus der Rei-chen“.

Anknüpfend an diese Aussage kann ein weiteres Detail der Reformkommission
fest-gehalten werden, und zwar die Erhöhung des Militärbudgets. In letzter
Konsequenz wurde es nicht gewagt, eine konkrete Zahl zu formulieren, dass es
dabei allerdings nicht um die Aufbesserung der Portokassa geht, steht wohl
außer Streit. Zu welchen Lasten Erhöhungen von Militärausgaben gehen ist
klar. Dort, wo mehr für Militär ausgegeben wird, wird gleichzeitig weniger
für Bildung, Soziales und Gesundheit be-reitstehen. An die Adresse der
Sozialdemokratie und der bürgerlichen Grünen, die hier beide mitgestimmt
haben, muss die Frage gestellt werden, ob bereits alle Sozi-alprogramme
umgesetzt wurden, und wir in der Zeit der Vollbeschäftigung leben, damit wir
nützliches Kapital in unnützliches Militär investieren können? Wer
Terroris-mus wirklich bekämpfen will, bekämpft diesen nicht mit mehr
Militärausgaben, son-dern in einer aktiven Verteilungspolitik im In- und
Ausland. Der Ausgleich zwischen Nord und Süd, sowie zwischen Ost und West
ist das Gebot der Stunde, nicht weiter-hin die militärische Unterdrückung
des geographischen Widerspruchs.

Ein weiterer Punkt der Kommission ist der Bereich Zivil- und Präsenzdienst.
Begrü-ßenswert ist der Vorschlag, den Präsenzdienst auf 6 Monate zu
verkürzen. Ebenfalls zu begrüßen ist der Vorschlag, den Zivildienst
ebenfalls zu verkürzen. Aber hier fin-den wir auch gleich wieder den Haken,
der die Betroffenen zum Zappeln bringt. Ers-tens war die Kommission nicht
bereit, festzuhalten, dass es eine Gleichstellung der Dienstdauer von
Präsenz- und Zivildienst geben muss. Zweitens gibt es die wahnwit-zige Idee,
einen weiteren Zwangsdienst einzuführen, bei dem alle, die als untauglich
gelten, zum Zivildienst eingezogen werden. Auf unseren Einwand hin, dass
dieses mit den Menschenrechten nicht kompatibel ist, gab es zwar eine kurze
Nachdenk-pause, letztendlich blieb die Idee bestehen. Eigentlich eine
Schande für ein angeb-lich zivilisiertes Land wie Österreich, wenn es im 21.
Jahrhundert über Zwangsdiens-te von jungen Menschen nachdenkt.

Kurzum ist festzuhalten: Die Neutralität wird weiter ausgehöhlt. Die
Militaristen sind ihrem Wunsch nach internationaler militärischer
Beteiligung einen Schritt näher. Die Militarisierung der Europäischen Union
wird fortgesetzt. Der Terrorismus wird weiter militärisch bekämpft, und
somit bestehen bleiben. Am Beginn eines neuen Jahrtau-sends, das einem
Jahrhundert der größten kriegerischen Auseinandersetzungen mit Millionen von
Toten folgt, sind die gezogenen Lehren sehr dürftig. Wenn dem schon so ist,
dann bin ich jedoch auch dafür, alles richtig zu benennen und nicht,
Grausa-mes mit schönen Worten zu umschreiben. Deshalb schlage ich vor,
nachdem das Ergebnis der Kommission ein Rückschritt ist, auch die Funktion
des sogenannten Verteidigungsministers neu zu benennen, und diesen wieder so
zu nennen, wie das bis 1918 der Fall war – Kriegsminister.

Abschließend sei noch festgehalten, als Sozialistinnen und Sozialisten
dürfen wir uns von dem Ergebnis der Kommission nicht beirren lassen, und
weiterhin dem Krieg keinen Frieden geben. Auch wenn im gesamten
„Reformpapier“ kein einziges Mal wenigstens das Wort Abrüstung vorkommt,
oder gerade deshalb, sollten wir unsere Kritik an dem Konzept der Aufrüstung
nicht verstummen lassen. Das Gedicht von Liselotte Rauner sollte uns dabei
immer begleiten: „Wir werden dir Beine machen – drohte man in der Kaserne.
Wir werden dir Beine machen – tröstete man im Laza-rett.“

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Andreas Kollross / Alois Reisenbichler:

Bundesheer-Reform:
Kampffähig für die Kriege des 21. Jahrhunderts?

„Das österreichische Bundesheer braucht bessere Waffen und viel mehr Geld,
um unsere immerwährende Neutralität zu verteidigen“, tönte vor noch gar
nicht so langer Zeit der Chor der österreichischen Militärs im Einklang mit
ihren Anhänger(innen) in den Parteien. Dann wurden gespenstische
Schreckensbilder vom übermächtigen Feind gemalt. Gleich folgten die
Szenarios, wo es den mutigen österreichischen Soldaten gelingt, den bis an
die Zähne bewaffneten Feind zum Stehen zu bringen. Waren schon damals
Zweifel an der angeblichen Bedrohung Österreichs mehr als berechtigt, so
haben heute solche Szenario die gleiche Aktualität wie die Ritterburgen. Der
angebliche Feind ist verloren gegangen – Österreich ist mit Ausnahme der
Schweiz und Liechtensteins nur mehr von EU-Staaten umzingelt. Es ist daher
höchste Zeit, das Bundesheer zumindest zu reformieren.

Auf dem Hindukusch verteidigen

Spätestens seit dem Ende des Warschauer Vertrages – dem Militärbündnis der
Sowjetunion und ihrer befreundeten Staaten – hat die NATO das gleiche
Problem wie alle westlichen Armeen: Der Feind, dessen Gefährlichkeit
jahrzehntelang in den schrillsten Farben an die Wand gemalt wurde, ist nicht
mehr. Schon Anfang der 90er Jahre hätte sich die NATO ebenfalls auflösen
können. Der erste Versuch, diesem aus der Perspektive der Bevölkerung
wünschenswerten, jedoch aus der Sicht der Militärs tragischen Schicksal zu
entkommen, war, alle Dinge, die aus der Sicht der Bevölkerung irgendwie eine
Bedrohung darstellten – von Flüchtlingsströmen über Umweltkatastrophen bis
zu Menschenrechtsverletzungen – zu ihrer Aufgabe zu machen. Sogar das
kleine, paktfreie österreichische Bundesheer punktete in den Augen der
Bevölkerung mit dem Fangen von illegalen Flüchtlingen an der Grenze. Es
störte fast niemand, dass hier Militärs gegen Zivilpersonen eingesetzt
wurden und werden. Ebenso wenig interessier(t)en die Schicksale der
Menschen, die wieder „abgeschoben“ wurden.

„Von nun an gelten nur wirtschaftliche Macht und die militärischen Mitteln
sie umzusetzen“, sagt einer, der es wissen muss, nämlich Klaus Naumann, der
Oberbefehlshaber des NATO-Krieges gegen Jugoslawien. Die lange Reihe von
Zitaten, dass es zu den Aufgaben der Heere der „ungehinderte Zugang zu
Märkten und Rohstoffen in aller Welt“ (wie zum Beispiel in den
Verteidigungspolitischen Richtlinien der deutschen Bundeswehr 1992
formuliert), würde eine ganze TROTZDEM-Ausgabe füllen. Die
ArbeiterInnenbewegung war und ist daher antimilitaristisch, weil erstens die
Opfer der Kriege immer die kleinen Leute sind (heute mehr denn je, da 90 und
mehr Prozent der Opfer ZivilistInnen sind) und zweitens weil MarxistInnen
die Zusammenhänge zwischen Krieg und Kapital erkannt haben.

Die Kritik vieler EU-PolitikerInnen an der Kriegspolitik der USA ist richtig
und doch auch scheinheilig: Die Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen mit
militärischer Macht ist keine Spezialität der USA, sondern sie ist die
bittere Realität in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem. Innerhalb der
Europäischen Union gibt es nämlich derzeit die gleichen Bestrebungen
(zugegeben mit viel geringeren Mitteln und mit viel größerer Ablehnung in
der Bevölkerung), aus der Europäischen Union eine militärische Supermacht zu
machen, die weltweit „interventionsfähig“ – d. h. kriegsführungsfähig – ist.
Ein besonders trauriges Beispiel ist das Zitat des Verteidigungsministers
der rotgrünen Regierung in Deutschland, der meinte, dass Deutschland am
Hindukusch verteidigt werden müsste.

Nachdem Militärs, deren von der Bundesverfassung festgelegte Aufgabe die
Verteidigung der Neutralität ist, und ihre Lobbys in Wirtschaft und Politik
nun schon fast zwei Jahrzehnte ohne jeden Erfolg versuchen, der
österreichischen Bevölkerung den NATO-Beitritt einzureden, bietet der
schrittweise Prozess des Umbaus der EU in einem Militärblock die
Möglichkeit, eine Aufrüstung des österreichischen Bundesheers umzusetzen.

Diese Politik ist bei der österreichischen Bevölkerung sehr unbeliebt. Eine
riesengroße Mehrheit der ÖsterreicherInnen ist gegen den NATO-Beitritt und
für die Neutralität, eine sicher noch größere Mehrheit gegen die Beteiligung
von österreichischen SoldatInnen an Kriegen. In zwei Weltkriegen sind
beinahe jeder Familie Angehörige auf den Schlachtfeldern verblutet oder als
ZivilistInnen ums Leben gekommen. „Nie wieder Krieg“ ist daher in Österreich
nicht nur eine allgemein politische Forderung, sondern die mit großem Leid
erfahrende Lehre aus der Geschichte. Für MilitärstrategInnen stellt sich
daher die Aufgabe, wie kann ich das Bundesheer in eine Armee umwandeln, die
im Rahmen einer EU-Armee weltweit an Kriegen teilnimmt. Es wird auch an der
Sozialistischen Jugend liegen, diese Pläne zu demaskieren und jeder weiter
fortschreitenden Militarisierung entschieden entgegen zu treten.

Man nehme eine Kommission

Die Idee ist eine gute – eine Kommission, bestehend aus VertreterInnen
nahezu aller gesellschaftlicher Bereiche, auch der Sozialistischen Jugend
und dank der Forderung der Sozialistischen Jugend sogar der Zivildiener,
arbeitet ein Konzept für die Reform des Bundesheeres aus. Es war gut, diese
Kommission als Plattform zu nutzen, um zumindest in der Öffentlichkeit die
Vorstellungen von jungen SozialistInnen bekannt zu machen.

Der Bericht der Bundesheerreformkommission zeigt jedoch, dass auch mit einer guten Sache schlechte Politik gemacht werden kann. Auf das erste Durchlesen klingt der Bericht sogar ziemlich ausgewogen: einerseits wird halt mehr Geld fürs Heer gefordert, andererseits soll die Personenstärke halbiert werden, sogar Frauen- und ArbeitnehmerInnenrechte werden gefordert, die Neutralität erwähnt, und der Präsenzdienst soll auch kürzer werden.

Beim zweiten Hinsehen erinnert der Kommissionsbericht – fast im Trend der
Megafilme über griechische Kriege – an die zweideutigen Sprüche des
berühmten Orakels von Delphi. (Da wurde dem König Krösus vorausgesagt, dass er mit dem Krieg gegen Persien „ein großes Reich zerstören werde“. Am Ende des Krieges erkannte er, dass er mit dem Krieg das „eigene“ Reich vernichtet hatte.) Viele schöne Worte sollen verschleiern, worum es vielen im
Bundesheer wirklich geht: nämlich die Einführung einer Berufsarmee,
eigentlich einer Profi-Killer-Truppe, deren Soldaten (und eventuell
Soldatinnen) in den kommenden Kriegen der Europäischen Union (oder der NATO oder der USA oder des Nordens usw.) auf dem Schlachtfeld kämpfen.

So viele Fragen zu diesem Kommissionsbericht

Bei der detaillierten Auseinandersetzung mit dem Bericht bitte ich den
Leser/ die Leserin um Verständnis, wenn jetzt einiges im
sicherheitspolitischen „Chinesisch“ formuliert ist. Diese kritischen
Anfragen sollen die vorher formulierte politische Einschätzung belegen:

Was soll das Bundesheer machen und können?

Was heißt „solidarische Beteiligung an Maßnahmen im Rahmen der Europäischen
Sicherheits- und Verteidigungspolitik“, die in der Verfassung verankert
werden sollen? Ist das eine weitere Aushöhlung der verfassungsrechtlich
verankerten und völkerrechtrechtlich verbindlich erklärten immerwährenden
Neutralität Österreichs ähnlich dem Artikel 23 f, der zu Recht von vielen
als „Kriegsermächtigungsartikel“ bezeichnet wird weil hier der/die
Regierungschef/in und der/die Außenminister/in ermächtigt werden,
Kriegseinsätzen der EU zuzustimmen. Die sogenannten „Petersberg Aufgaben“ umfassen nicht nur humanitäre und friedenserhaltende (Blauhelme) Maßnahmen, sondern auch „friedenserzwingende“, d.h. kriegführende. Im „Reformpapier“ werden die „Petersberg Aufgaben in ihrer Gesamtheit“ festgelegt.

Die Aktivitäten des Bundesheeres sollen auch nicht nur im von der Charta der
Vereinten Nationen festgelegten Rahmen, die Angriffskriege klar und deutlich
verbietet, stattfinden. Das Bundesheer soll „im Einklang mit der Satzung der
Vereinten Nationen“ handeln – wer befindet darüber, was dazu gehört und was dem widerspricht. Die Interpretationen der USA zu den UN-Resolutionen des Afghanistan-Krieges sind ein Beispiel, dass mit dieser Formulierung der
Aushöhlung des Völkerrechts Tür und Tor geöffnet wird.

Soll die Europäische Union ein Militärblock werden?

  • Was bedeutet eine Stärkung der „Handlungsautonomie Europas“?
  • Soll Europa eigenständig Kriege führen?

Der Ablehnung des Einsatzes des Vorhandenseins und des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen ist zu begrüßen, eine Kritik an den Atomwaffen der EU-Staaten Frankreich und Großbritannien wurde ebenso vergessen wie an jenen der USA.

  • Was bedeutet die nach den Einsätzen auf Grundlage von UN- und OSCE-Mandat genannten „zunehmend anspruchsvoller werdenden Einsätzen des EU-Krisenmanagements“?
  • Ist das ein Kriegseinsatz an Seiten der USA zur „Sicherung“ der Rohstoffe oder ist das ein Säbelrasseln im Konflikt mit den USA bei der Aufteilung der Welt?
  • Bedeutet die „laufende Beurteilung der möglichen Mitwirkung an der
    europäischen Rüstungsindustrie“ den Aufbau der derzeit daniederliegenden österreichischen Waffenschmieden?

Waffenproduktion bedeutet Waffenexporte, meist in Krisenregionen, was erstens neutralitätsrechtlich verboten und zweitens der Verschärfung von Konflikten dient.

Diese Anfragen könnten weiter fortgesetzt werden:

  • Was ist eine „von Menschen verursachte Katastrophe“?
  • Was bedeuten die angekündigten Einsätze im Inneren?

Warum fehlt das Wort Abrüstung?

In der Bedrohungsanalyse wird nicht erwähnt, dass Österreich von
befreundeten Staaten umzingelt ist. Ein Angriff eines EU-Staates ist ebenso
unwahrscheinlich wie einer der Schweiz oder Liechtenstein. Diese Tatsache
allein bedeutet – selbst beim Denken in herkömmlichen militärischen
Kategorien – die Chance zu einer weitreichenden Abrüstung des
österreichischen Bundesheeres.

Es gibt keine Beschränkung der Auslandseinsätze auf die vom Bundesheer bis
jetzt erfolgreich durchgeführten und gesellschaftlich anerkannten
Blauhelmeinsätze.

Es gibt mit Ausnahme der Massenvernichtungswaffen keine Beschränkung der
Waffen für das österreichischen Bundesheer, im Gegenteil es werden
zusätzliche Transportkapazitäten genauso gefordert wie eine „qualitative“
Aufrüstung? Soll das österreichische Bundesheer zum Beispiel mit Streubomben
(wenn es diese nicht schon hat) ausgerüstet werden, die wie die gerade dank
des Engagements der Sozialistischen Jugend und der Friedensbewegung auf
österreichische Initiative verbotenen Antipersonenminen vor allem die
Zivilbevölkerung trifft.

Warum brauchen wir Kampfjets als Abfangjäger?

Typisch für die Diktion ist die Formulierung „permanente Luftraumüberwachung “ für die von der Bevölkerung mit großer Mehrheit abgelehnten Abfangjäger, die von manchen ExpertInnen als bei militärischen Offensiven einsetzbare Kampfjets gesehen werden.

Gegen wen oder was soll das Heer im Inland eingesetzt werden?

Aus demokratiepolitischen Gründen ist der Einsatz des Heeres im Inland sehr
bedenklich. Bekämpfung von Verbrechen und Terror ist Aufgabe der Polizei und Justiz, für den Katastrophenschutz ist der Aufbau ziviler, öffentlicher
Schutzeinrichtung, die ähnlich den Berufsfeuerwehren speziell für diese
Bedrohungen ausgerüstet sind, viel sinnvoller.

Weniger Leute ist nicht gleich Abrüstung!

Die Schlussfolgerungen für das Personal und die Ausrüstung des Bundesheeres lassen einen roten Faden erkennen: neben der quantitativen Abrüstung (Mannschaftsstärke von 110.000 auf 50.000, Verkürzung des Präsenzdienstes) geht es um eine „qualitative“ Aufrüstung, dass heißt, österreichische Soldaten und (als neuer Zug des Bundesheeres wird „Frauenfreundlichkeit“ hervorgeben) Soldatinnen sollen weltweit auf den Schlachtfeldern einsetzbar sein. Zu diesen Einsätzen sollen in Zukunft Berufsoldaten und Berufssoldatinnen gezwungen werden können.

Militärisches Denken überall?

Durch die „Setzung gesamtgesellschaftlicher Bildungs-, Informations- und
Kommunikationsmaßnahmen einschließlich einer entsprechenden
Öffentlichkeitsarbeit“ sollen diese Aufrüstung und die daraus folgenden
Kriegseinsätze dem Bürgerinnen und Bürgern eingetrichtert werden. Die
zivil-militärischen Beziehungen – der Ausbau der Zusammenarbeit mit
Wissenschaft und Wirtschaft – kann nur als weitere Militarisierung der
österreichischen Gesellschaft verstanden werden. Braucht Österreich auch
einen militärisch-industriellen Komplex? Nicht zufällig wird auf eine
„möglichst intensive wirtschaftspolitische Orientierung an EU-Aktivitäten im
Bereich der Rüstungskooperation“ hingewiesen.

Die Verbesserung des Arbeitsrechtes und der Arbeitsbedingungen beim
Bundesheer ist wie eine jede Verbesserung der Rechte der Arbeiterinnen und
Arbeiter grundsätzlich zu begrüßen. Ein Ausbau der Rechte der Präsenzdiener
wird ebenso wenig erwähnt wie Maßnahmen zu einer realen Durchsetzung der
bereits bestehenden. Das gleiche gilt auch für die Frauenrechte, wobei das
Berufsziel einer zu beinahe jeder Form von Auslandseinsatz gezwungenen
Soldatin ebenso wenig erstrebenswert ist wie bei einem Soldaten.

Es gehört schon eine große Portion Zynismus dazu, dass gerade jene Kräfte in Österreich, die die mühsam von der ArbeiterInnenbewegung erkämpften Rechte zerstören und sogar die Arbeitszeit verlängern wollen, zur Verschleierung ihres militaristischen Denkens Arbeits- und Frauenrechte beim Bundesheer entdecken.

Kommt das Berufsheer?

Zwischen den Zeilen kann es so gelesen werden. Ein Berufsheer ist eben keine Abschaffung des Heeres. So angenehm es ist, dass junge Männer keine
Zwangsdienste mehr leisten müssen, so gefährlich sind die
Einsatzmöglichkeiten eines Berufsheeres im In- und Ausland.

Reformvorschläge der Sozialistischen Jugend

Auch wenn sich vom Bundespräsidenten Klestil bis zum Kommissionsvorsitzenden Zilk alle einig sind, dass das Bundesheerbudget erhöht werden soll, ist es trotzdem ein Raubzug gegen die Brieftaschen der ArbeiterInnen und der sozial Schwachen. Während überall gespart wird, soll für ein Heer ohne Feinde mehr Geld ausgegeben werden.

Die Sozialistische Jugend hat wichtige Punkte für eine wirkliche Reform
eingebracht:

umfassende Abrüstung des österreichischen Bundesheeres
. Verkürzung von Präsenzdienst und Zivildienst auf gleiche Dauer
. Stärkung der Rechte für die Beschäftigten beim Bundesheer und
Präsenzdiener und deren wirkliche Durchsetzung . Keine Schaffung von Offensivkapazitäten des Heeres
. Ausschließlich Blauhelmeinsätze, ein klares Nein zu allen darüber
hinausgehenden Einsätzen
. Kein Ausbau des Heeres für Einsätze gegen die eigene Bevölkerung,
Verbrechens- und Terrorkämpfung ist eine Aufgabe für Polizei und Justiz
. Demokratische Kontrolle der Heeresnachrichtendienste
. Ausbau von zivilen Friedenseinsätzen als österreichischer Beitrag zur
Prävention und Nachsorge bei Konflikten
. Schaffung eines zivilen Katastrophenschutzes
. Umrüstung der Rüstungsproduktion statt deren Neuaufbau, Einsatz für
strenge Waffenexportrichtlinien und Kontrollen der Europäischen Union
. Keine Abfangjäger und kein Ausbau der Transportkapazitäten
. Klares Nein des neutralen Österreich zur Militarisierung der Europäischen
Union. Wir wollen auch keine atomar bewaffnete Supermacht Europäische Union.
Wir sind auch dagegen, wenn die ÖsterreicherInnen nur als SanitäterInnen,
Köche/Köchinnen und Schreibkräfte eingesetzt werden sollten.
. Aktive Außen- und Neutralitätspolitik für weltweite Abrüstung, die Ächtung
der Massenvernichtungswaffen und die Auflösung der Militärblöcke, für ein
atomwaffenfreies Europa als Schritt in Richtung einer atomwaffenfreien Welt
. Klares Aufzeigen der Ursachen von ethnischen Konflikten und
Migrationsbewegungen, das erfordert vor allem eine andere, an einer
gerechteren Verteilung orientierte Wirtschaftspolitik des Nordens und des
Westens

Der Sinn der österreichischen Neutralität – das Nein zu Militärblöcken und
Krieg – ist heute aktueller denn je. Soll die Menschheit eine Zukunft haben,
muss der Krieg ohne Wenn und Aber geächtet werden. Nicht Militärblöcke,
sondern Abrüstung, nicht Modernisierung der Waffen, sondern Umrüstung der
Rüstungsindustrie und Unschädlichmachung bestehender Waffensysteme, nicht  Bombardements, sondern zivile Maßnahmen zur Konfliktvorbeugung,
Konfliktbearbeitung und Konfliktnachsorge, nicht ein weltweit flexibel
einsetzbares Bundesheer, sondern eine aktive Neutralitäts- und
Friedenspolitik muss daher Zukunft haben.

Wenn schon die Feinde fehlen, muss die Frage „Wozu das alles“ auf die
Tagesordnung gesetzt werden. Selbst in militärischen Kategorien eines
Verteidigungsheeres gedacht, ist die Abschaffung des Bundesheeres keine
Utopie mehr. Und von der Sozialistischen Jugend wird in einem „Österreich
ohne Heer“ niemand über diesen „Verlust“ traurig sein.

 

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