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Gewalt gegen Kinder

Erstellt am 02.11.2004 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 2001 mal gelesen und am 15.10.2011 zuletzt geändert.

Am 30.10.2004

Chronik
schrieb ULRIKE WEISER in der Presse informative Story über
Gewalt Gegen Kinder: „Wenn Eltern es nicht mehr schaffen, dann explodieren sie“ 

Kinder seien einerseits „der Sinn des Lebens“ und andererseits der „Prellbock der Eltern“. Gewalt gegen Kinder sei schwer zu verstehen und
doch alltäglich.

Tragische Extremfälle von Gewalt gegen Kinder

  • Eine Salzburgerin ertränkte ihre sechsjährige Tochter in der Badewanne.
  • Ein Niederösterreicher schlägt seine vierjährige Tochter derart, dass
    sie fast stirbt.
  • Ein Steirer kann gerade noch daran gehindert werden,
    seine fünfjährige Tochter in die Mur zu werfen.
  • In der Wohnung einer
    Linzerin findet man zwei tote Babys, aufbewahrt in Koffern.

All das
passierte innerhalb von nur drei Wochen und Weiser fragt sich: Was ist los,
was stimmt hier nicht?

 

Die Kriminalstatistik zu strafbare Handlungen gegen Leib und Leben von Unter-14-Jährige

Blicke man in die Kriminalstatistik, laute die zynische Antwort: Gar nichts ist los. Die Anzahl solcher Fälle schwanke nämlich konstant.

2178 strafbare Handlungen gegen Leib und Leben von Unter-14-Jährige wurden im Vorjahr registriert.
1966 waren es 2002
2001 4360 Fälle.

Erklärungsversuch der Referentin für Gewalt in der Familie

Maria Ullmann, Referentin im Bundeskriminalamt für Gewalt in der Familie, lese aus deer Missbrauchs-Statistik für die vergangenen 28 Jahre, dass in den Jahren, in denen über aufsehenerregende Fälle – etwa der des belgischen Kindermörders Marc Dutroux – in den Medien berichtet wurde, die Anzeigen nach oben geschnellt seien.

Experten meinen, dass die Gewalt gegen Kinder nicht zunehme, sie werde allerdings durch Medienberichte und Kampagnen sichtbarer.

„Weil Kinder heute oft zum Sinnersatz werden, fallen uns die Schattenseiten stärker auf“, so Ingrid Kromer vom Österreichischen Institut für Jugendforschung laut Presse.

Zunahme der polizeilichen Wegweisungen  und der Abklärungsverfahren

So gesehen sei auch

  • die
    Zunahme der polizeilichen Wegweisungen (2003: 4180) und
  • der
    Abklärungsverfahren des Jugendamts (Wien 2003: 6756) für sich genommen
    kein Grund zur Sorge.

Änderung der Qualität der Misshandlungen

Trotzdem glaube der Leiter der Kinder-und Jugendpsychiatrie am Wiener AKH, Max Friedrich, eine Änderung der
Qualität der Misshandlungen – ob körperlich, psychisch, intellektuell oder emotional – bemerkt zu haben.

„Die Spirale von Aggression zur
Gewalt zur Brutalität dreht sich schneller.“

Die Eltern

  1. Sie hätten zu wenig
    Zeit und
  2. das Reden verlernt,
  3. der flapsige Umgangston könne nicht
    über einen Mangel an Konfliktkultur hinwegtäuschen.

Soziologe des Platzes der Kinder in der zack-zack-Welt der Selbstverwirklicher

Der Soziologe Franz Höllinger von der Universität Graz glaube Dass in einer Welt, wo alles „zack-zack“ gehen
müsse, und Eltern gleichzeitig auf ihr Recht auf Selbstverwirklichung pochen, Kinder wenig Platz haben. Andererseits, würden sich die Menschen heute bewusster für Kinder entscheiden und in der Folge auch bewusster Zeit mit ihnen verbringen.

Warum wird zugeschlagen?

Warum „zugeschlagen“ werde, hat laut Friedrich zwei Gründe:

  1. „Hilflosigkeit und
  2. Überforderung“.

Bekannte auslöser Auslöser seien

  • Arbeitslosigkeit
  • Sucht
  • eine eigene traumatische Kindheit
  •  aber auch
    banale Dinge wie Weihnachten oder Hitze.

Stressfaktor – Abschied von traditionellen Rollenbildern

Höllinger „Manche Eltern tun in der Erziehung lange nichts und wenn sie’s nicht mehr schaffen, dann explodieren sie.“

Im Unterschied zu Sexualtätern, erklärt Friedrich, gebe es hier keine „Typen“. Täter seien sowohl Frauen als auch Männer.
Und misshandelt werde in allen Gesellschaftsschichten.

 

Es gebe auch Fälle, die den Tätern selbst ein Rätsel seien: Claudia Klier, Expertin für perinatale Psychiatrie am Wiener AKH, habe 2003 zwei Fälle von Kindstötung nach der Geburt, den sogenannten „Neonatizid“ untersucht.

Frauen die Kinder nach der Geburt töten

Sie seien meist

  • jung
  • oft Missbrauchsopfer
  • würden bereits die Schwangerschaft verleugnen und
  • könnten sich
    hinterher weder an Geburtsschmerzen noch an die Tötung erinnern.

Wenn Kinder-Misshandlungen in die Medien gelangen

Dann werde oft Kritik am Jugendamt laut. Das Amt habe nicht rechtzeitig und nicht scharf
genug gehandelt. Die Praxis zeige aber laut Wiener
Kinder- und Jugendanwältin Monika Pinterits:
„Wenn eine Familie kooperativ und die Gewalt nicht
massiv ist, sind Anzeigen nicht so produktiv“
. Bevor ein Kind ins
Krisenzentrum komme, versuche das Jugendamt bei der Erziehung zu helfen.

Die Probleme im Faktischen – Schweigemauer

  • „Die Kinder sagen sehr wenig“, so Pinterits laut Presse.

  •  Auch Angehörige oder Nachbarn hätten Scheu, sich zu äußern.

„Das Jugendamt ist halt immer etwas, vor dem man Angst hat“.
Das Jugendamt sei aber die einzige Einrichtung, die die Kinder wirklich schützen könne. Die Förderung von Zivilcourage und

Aufklärung sowie ein weniger Angsteinflößendes Jugendamt wären wohl Schritte zur Gewaltprävention und Eindämmung an der Quelle.

Kontakte: Über Krisenzentren weiß die Polizei
Bescheid. Das Service-Tel der MAG 11: 01- 4000-8011 (Mo bis Fr 8 bis 18
Uhr), Rat auf Draht: 147 (ganz Österreich, 24 Stunden täglich)

www.stressmiteltern.at – www.stressmitkindern.at

 

 

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