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Sensibilisierung für Gewalt und Rassismus in der Jugendarbeit, Schule und Bildungsarbeit

Erstellt am 14.07.2008 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde mal gelesen und am 14.07.2008 zuletzt geändert.

uebungenÜbungen & Impulse (Band 3)

zur Thematisierung von + Sensibilisierung für Gewalt und Rassismus in der Jugendarbeit, Schule und Bildungsarbeit.”

Ca. 85 neue Übungen aus der Praxis von Trainer/innen der Gewalt Akademie Villigst.

124 Seiten, 2007, 5,- €

Ein Beispiel: Die Übung mit dem Ei

Ziel: Thematisierung und Inszenierung eigener Peinlichkeit um in Krisensituationen handlungsfähig zu bleiben und um sich selber und andere schützen zu können.

Die Übung mit dem Ei bezieht sich auf kritische Bedrohungs- oder Gewaltsituationen und basiert auf einer Erkenntnis und einer ebenso verrückten Geschichte.

Die Erkenntnis, in Bedrohungs- und Angriffssituationen aus der Rolle zu fallen, etwas Unerwartetes, Ungewöhnliches zu tun, und den Überraschungseffekt zur Deeskalation zu nutzen ist durchweg bekannt. Nur, – wie verinnerliche ich bei den TN ihre Fähigkeit, in kritischen Situationen Ungewöhnliches – Unerwartetes zu Stande zu bringen und praktizieren zu können und zu dürfen?

In einer Einkaufspassage hatte ich dazu eine verrückte Geschichte erlebt. Aus mir unbekannten Gründen waren dort einige Männer in Streit geraten und gingen sich schon an die Wäsche als plötzlich mit lauter Stimme eine Frau auf sich aufmerksam machte. Sie öffnete ihre Einkaufstasche, nahm eine Schachtel mit 10 Eiern heraus um diese daraufhin zu einem besonders günstigen Sonderpreis zu verkaufen. Dabei drängelte sie sich zu den Kampfhähnen durch, erklärte denen etwas über das Verfallsdatum frischer Eier und die gefährlichen Mangel- und Ausfallerscheinungen bei Menschen wenn sie zu wenig Eier essen … sie brachte die Männer und die Umstehenden völlig aus dem Konzept … und überhaupt, sei der Erlös aus den Eiern für die Selbsthilfegruppe gewalttätiger Männer in der Stadt gedacht…

Die Übung mit dem Ei geht so:
Gegen Ende eines Trainings (wenn die Leute zeigen sollen was sie drauf haben) kaufst Du für jeden TN Eier (am besten ist je ein Sechserpack mit Karton). Dann geht ihr in eine Fußgängerzone und los geht es: Jede/r hat den Auftrag, in den nächsten 20 Minuten seine Eier an freilaufende Passant/innen zu verkaufen; der Erlös ist für die Finanzierung Eures Trainings bestimmt.

Bei unserer Übung mit dem Ei geht es also um Eure und Deine Fähigkeit:

  • scheinbar „das eigene Gesicht verlieren“ zu können
  • sich selber zum Narren zu machen
  • sich blamieren zu dürfen
  • eigene Eitelkeiten zu überwinden
  • sich selber zurück- oder herabsetzen zu können
  • sich „klein zu machen“

um in kritischen Situationen, Bedrohungen und Gewalt zu entschärfen.

Erfahrungen von Shirin Pargas: „Ich habe solche Übungen mehrfach praktiziert (zum Beispiel auch: in einer Passage Leute sammeln um gemeinsam ein Lied zu singen / einzelne Leute fixieren und nonverbal zum Lachen bringen / sich den schnellsten Weg zum Vatikan erklären lassen, auf einer Kiste eine Rede über den Sinn von Kondomen halten, usw.) und fast immer einzelne „bockige“ TN erlebt, die dann in der ersten Runde als Beobachter das Geschehen begleiteten und erst durch den Spaß der Anderen selber angesteckt wurden. Toll war es, wenn wir genug Zeit hatten und mit verdeckter Kamera arbeiteten um uns nachher den Film anzusehen. Überzeugt hat mich diese (doch eher sehr schwere) Übung, weil ich später, nach den Trainings immer wieder von den TN auf diese Geschichte angesprochen wurde. Offensichtlich ist diese Übung so stark, dass sie die Erkenntnis, bewusst aus der Rolle fallen zu dürfen, verinnerlicht; also fest im Bewusstsein oder Unterbewusstsein verankert.“

Fazit: Ein sehr preiswertes und praktischer Band mit Übungen zu den Bereichen:

  1. Warming up – Startphasen
  2. Gewalt erkennen und beim Namen nennen
  3. Sensibilisieren für Gewalt
  4. Kooperation und Kommunikation
  5. Entwicklung von Alternativen zur Gewalt
 

Posted in Friedenspädagogik, Peacebuilding, Rezension

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