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Blutige Geschichten für Gutmenschen

Erstellt am 26.01.2009 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 3696 mal gelesen und am 05.11.2011 zuletzt geändert.

„Aus der richtigen Perspektive betrachtet,
verdient jeder Mensch den Tod“
.

Jack London
Amerikanischer Schriftsteller

Die Nationalbibliothek leckt Blut


Sie widmete sich kommerziell erfolgsverdächtig dem Verbrechen.

So die Presse zur gleichnamigen Ausstellung die nun nur noch in Buchform nachzuvollziehen ist.

95 % der Anlässe für Friedensforschung sind ebenfalls „Blutige Geschichten“.

Friedensforschung für unblutige Geschichten

Der Untertitel des Buches informiert „Eine kulturhistorischer Streifzug durch die Welt der Verbrechen“.

Diese hervorragend recherchierte und prächtige bebilderte Publikation versetzt Fachleute und Laien in Verzückung, denn auch Pazifisten sind von der unreflektierten Faszination der Gewalt und des Schreckens nur durche eine dünne rationale Schicht getrennt. Die Publikation nutzt wie die Ausstellung im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek vom 8. Mai bis 2. November 2008 diesen Krimifaktor weidlich.

Gewalt verkauft aufklärerisch

Die „schönsten Morde“ werden in Bibliotheken begangen.

Das weiß nicht nur der Laie seit Umberto Ecos Bestseller „Der Name der Rose“, sondern das macht auch Sinn vor dem Hintergrund der Bannung von Gewalt in Hochkultur. Der Marquis de Sade der für seine brutalen Geschichten rund um wollüstige Wüstlinge berühmt wurde war Revolutionsrichter in der französischen Revolution. Er war einer der wenigen der keine einzige Todesstrafe verhängte. Wer sich wirklich mit dem Thema Gewalt auseinander setzt kann eben zwischen Phantasie und Realität unterscheiden und die Gewalt quasi sublimieren.

Schwer vorstellbar, dass Umberto Eco ein brutaler Mörder ist

Auch beim Humanisten Eco werden „Im Namen der Rose“schreibende und lesende Mönche reihenweise ins Jenseits gebracht. Auch im Band über die Ausstellung in der Österreichischen Nationalbibliothek kann man sich in die Welt der Verbrechen versenken ohne sofort als gewaltgeiler Massenmörder oder Friedensheuchler in Verruf zu geraten.

„Blutige Geschichte(n)“ gibt es im Buch

  1. von biblischer Zeit
  2. bis zu den „schönsten Gemetzeln der mörderischen Banden in Chicago“,
  3. von der unheimlichen „Weiberlist“
  4. bis zum „unheimlich heroischen Tyrannenmord“.

Grundlage für die von Hannes Etzlstorfer kuratierte Schau waren

  1. Darstellungen von Kain und Abel (eine Handschrift aus dem 14. Jahrhundert),
  2. Zeichnungen von Märtyrerlegenden und
  3. politischen Morden.
  4. Groschenromane,
  5. Polizeiberichte, Filmplakate, Zeitungsartikel

Ausgesuchtes Tötungswerkzeuge werden gezeigt.

„Einige Bilder aus kriminalistischen Handbüchern schockieren und sind nichts für schwache Nerven“, so die Presse.

 Grauslige Beispiele

  1. „Angesetzter Schrotschuss gegen linke Kinnregion“ heißt es zum Foto eines blutigen Schädels, bei dem die obere Hälfte fehlt.
  2. Zeichnungen von indianischen Kannibalen sind an Grausamkeit nützlich für Conquistadoren zum Zwecke der Propaganda.
  3. Prominente Leichen pflastern einige Buchseiten:
    Mussolini, Dillinger, Franz Ferdinand, Siegfried oder der gemeuchelte Wallenstein.

Facettenreich und ambitioniert ist das Buch zur Schau. Das Ordnungsschema des Buches fand sich auch in der Ausstellung.

11 Essays

Der Katalog umfasst elf ausgesuchten Essays. Der kulturhistorische Streifzug des Werkes zeigt, dass moderne humanistische Sichten auf Mord und Totschlag eher auf jüngere Ausnahme-Zeiten und Ausnahme-Regionen beschränkt sind. Auch nach dem II. Weltkrieg ist der „common sense“ in den meisten Ländern der Erde brutal – auch oder gerade in Staaten mit sehr vielen sehr reichen Leuten.

„Und die ganze Welt wird blind sein“

Ritualmorde, Pogrome, Lynchjustiz. Religiös motivierte Gewalt tritt in allen nur erdenklichen Variationen auf. Am freundlichsten sind noch die literarischen Morde, die cineastischen und theatralischen. Edgar Allan Poe und Agatha Christie, Alfred Hitchcock und William Shakespeare werden ob ihrer gewalttätigen Erfindungsgabe gewürdigt.

Friedliche Geister sind die Ausnahme

Mahatma Gandhi warnt:

„Auge um Auge – und die ganze Welt wird blind sein.“

Hannes Etzlstorfer der Herausgeber dies Werks

Dr. Hannes Etzlstorfer, geboren 1959, ist Kunst- und Kulturhistoriker, Ausstellungskurator und Kulturjournalist. Er ist Spezialist für Wissenschaftliche Konzeption von Austellungen. Seine Mitarbeit an mehr als 60 Ausstellungen zur Kunst- und Kulturgeschichte in Österreich und im Ausland spricht für eine verständliche und profunde Qualität des Buches.

Das umfasst zahrleiche Beiträge von Helmut Filz u.a. zu vielen wichtigen Aspekten des Themas.

Erschienen ist das Buch in Zell am Moos bei MHM – Michael Horowitz Media, 2008. Es hat 223 S. und zahlreiche Illustrationen.

Adresse des Verl.:

4893 Zell am Moos, Eibenweg 12

Literaturverz. und Linksammlung S. 216 – 221. – ISBN 978-3-9501660-6-4 kart. : EUR 19,90

Link

www.onb.ac.at

 

Posted in Friedensforschung, Friedenspädagogik, Kriminalität, Rezension

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