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Thoriumreaktoren statt Atomwaffenreaktoren

Erstellt am 23.06.2011 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 7579 mal gelesen und am 27.02.2012 zuletzt geändert.

Herkömmliche Atom-Energie war / ist
ein Nebenprodukt bei der Produktion von
waffenfähigem Material.

Alexander Rauscher schrieb am 20.11.2010 einen Artikel, der vor dem Hintergrund von Fukushima Erschütterndes zu Tage fördert. Thorium wäre statt Uran für Kernenergie eine Option:

  • Thoriumkraftwerke würden weniger radioaktiven Abfall produzieren als derzeit übliche Kernkraftwerke.
  • Es würde dabei kein Material für Atombomben-Erzeugung anfallen.

„Thorium, benannt nach dem nordischen Donnergott Thor, könnte der Kernbrennstoff der Zukunft werden“, so Rauscher.

Kernbrennstoff?

Das klinge, so Rauscher, nach Super-GAU und unlösbaren Problemen bei der Endlagerung. Nicht ganz, denn Thorium verhält sich ein bisschen anders als das üblicherweise verwendete Uran.

Wie funktioniert Uran?

Wenn ein Neutron mit der richtigen Geschwindigkeit auf Uran-235 trifft, kommt es zur Kernspaltung.

  • Unter den davonfliegenden Bruchstücken sind pro Kern zwei bis drei Neutronen und
  • jedes dieser Neutronen kann einen weiteren Kern spalten.
  • Das Ergebnis ist eine Kettenreaktion, bei der viel Energie frei wird.

An sich praktisch, wenn man die Vorgänge ständig unter Kontrolle hat.

Nach Tschernobyl und Fukushima wissen wir empirisch, dass das in der Praxis zu riskant ist!

Wie funktioniert angeblich Thorium?

Im Gegensatz zum Uran ist Thorium selbst kein spaltbares Material.

  • Zur Aufrechterhaltung der Kernreaktion braucht man daher etwa einen kleinen Teilchenbeschleuniger, der ständig Protonen in den Reaktor schießt.
  • Dort treffen die Protonen auf Blei, wodurch erst die Neutronen freigesetzt werden,
  • die Thorium in Uran-233 umwandeln, das sich dann spaltet.

Der entscheidende Punkt ist, dass

  1. hier nur zwei Neutronen frei werden.
  2. Für eine Kettenreaktion müssten es jedoch mehr als zwei sein.

Der langen Reaktionskette kurzer Sinn:

„Ohne Protonenbeschuss keine Kernspaltung.“ Man brauche, laut Rauscher, quasi nur den Stecker des Beschleunigers zu ziehen und die Kernspaltung kommt sofort zum Erliegen.

 

  • Ein kleiner Teil der Energie, die der Reaktor produziert, betreibt den Beschleuniger,
  • der Rest kann ins Stromnetz eingespeist werden.

Neu oder von der ABC-Waffenlobby unterdrückt?

Der ehemalige CERN-Generaldirektor und Nobelpreisträger Carlo Rubbia hat

  • vor 20 Jahren begonnen, sich für diese Kombination aus Beschleuniger und Reaktor einzusetzen.
  • Gescheitert ist er letztlich an einer Lobby, die lieber den nuklearen Status quo sowie den teuren Fusionsreaktor ITER favorisierte.

Thoriumkraftwerke würden

  • wesentlich weniger radioaktiven Abfall produzieren als derzeit übliche Kernkraftwerke.
  • Zudem strahlen diese Abfälle nur ein paar Hundert Jahre statt Hunderttausende von Jahren wie der herkömmliche Atommüll.

Es kommt aber noch besser:

Thoriumreaktoren können den Atommüll herkömmlicher Anlagen in Abfall verwandeln, der nur ein paar Hundert Jahre strahlt.

Warum stößt Thorium trotz evidenter Vorteile auf wenig Interesse bei Militärs und Machtpolitik?

  • Thorium ist weit verbreitet und
  • viel billiger als Uran – mit dessen Abbau und Aufbereitung viel Geld verdient wird.

Warum wurde bis heute nichts aus dem Thoriumreaktor?

Die Antwort ist einfach wie ernüchternd:

  1. Sowohl Brennstoff als auch Abfall des Thoriumreraktors sind für den Bau von Atomwaffen ungeeignet.
  2. Das politische Kalkül des Kalten Kriegs gab daher der Spaltung des Urans den Vorzug, weil dabei auch gleich das Plutonium für das Wettrüsten anfiel.
  3. Um es in der beschränkten militärischen „Logik“ auszudrücken:
    Die Energie war ein Nebenprodukt bei der Produktion von waffenfähigem Material.

Der Thoriumreaktor war also militärisch uninteressant und so wurde seine Entwicklung eingestellt. Heute plagt die Politiker eher die Sorge, dass waffenfähiges Material in die falschen Hände gerät, und so wird der Thoriumreaktor nun wieder zu einer attraktiven Option.

Das bislang ungelöste Problem der Endlagerung von Atommüll wäre bei Thorium vergleichsweise viel geringer.

  • Derzeit gibt es nämlich keinen einzigen Ort, dem man hochradioaktiven Abfall für eine halbe Million Jahre anvertrauen würde.
  • Zwar hatten die USA Yucca Mountain in Nevada auserkoren. Diese Wahl war jedoch politisch motiviert, und 20 Jahre und zehn Milliarden Dollar später hat man eingesehen, dass der Ort geologisch ungeeignet ist.
  • Frankreich hat bereits eine Milliarde Euro in eine mögliche Endlagerstätte 500 Meter unter dem nordfranzösischen Ort Bure investiert und
  • Deutschland hofft, bis 2035 eine letzte Ruhestätte für seinen Atommüll gefunden zu haben.

Bis dahin liegt der Atommüll in Deutschland und anderswo oft in nur schlecht geeigneten Zwischenlagern herum. Diese Investitionen und die relativ gut bezahlten Arbeitsplätze rund um sie sind natürlich Grund für eine emsige Lobby und mehr oder weniger korrekte LobbyistInnen.

Ein Thoriumreaktor ist zwar kein Ei des Columbus aber …

Solche Reaktoren würden nicht nur

  • Energie erzeugen, sondern
  • obendrein als atomare „Müllverbrennungsanlage“

dienen.

Geschichte der Thoriumreaktoren

An der Energiegewinnung mit Thorium forschte man bereits in den Fünfziger- und Sechzigerjahren.

  • Es gab auch schon Versuchsreaktoren
  • auf einer Kombination aus Uran und Thorium als Brennstoff.

Fakten

Gemäss einer Übersicht der internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) waren Ende 2006

  • auf der ganzen Welt 435 Atomkraftwerke in Betrieb und
  • 28 weitere befanden sich im Bau

Die nachfolgende Graphik zeigt die Anzahl AKW’s pro Land. Länder mit Atomwaffen sind mit braun-roten Balken, jene ohne Atomwaffen mit blauen Balken gezeichnet worden.Atomkraftwerke und Atomwaffen pro Land

  • Die Kernenergie macht weniger als zehn Prozent der weltweiten Energieproduktion aus.
  • Fraglich ist also, ob gerade sie die Welt vor der Klimaerwärmung bewahren kann.

Link

http://www.faz.net/artikel/C32436/thorium-versuchsreaktor-die-schoenste-der-maschinen-30332059.html

 

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