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Kriegsgeheule und Friedensklänge

Erstellt am 08.10.2013 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 9022 mal gelesen und am 08.10.2013 zuletzt geändert.

Unter dem Titel Kriegsgeheule – Friedensklänge verfasste Eveline THALMANN in Graz eine Diskursanalytische Studie zu Theaterstücken im Deutschen Kaiserreich mit Bezug auf Bertha von Suttners Roman „Die Waffen nieder!“
Es handelt sich dabei um ihre Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts (M.A.) an der Karl-Franzens-Universität Graz am Institut für Germanistik. Begutachterin war die Ao.Univ.-Prof. Dr. phil. Beatrix Müller-Kampel.

Der Roman Die Waffen nieder! der Nobelpreisträgerin Bertha von Suttner sei eines der Werke, die die Friedensbewegung um die Wende zum 20. Jahrhundert maßgeblich beeinflussten und ihr großen Zufluss verschafften. Heute heute das Werk gemeinhin dem Namen nach noch bekannt. Es findet in den meisten literaturgeschichtlichen Werken Erwähnung und steht im Mittelpunkt einiger wissenschaftlicher Arbeiten. Weniger bekannt sei, dass in den Jahren nach dem Erscheinen des Romans auch in Theaterstücken Bezug auf das bekannteste Werk der Baronin von Suttner genommen wurde.
Da diese Bühnenwerke laut Thalmann ihres Wissens noch keine literaturwissenschaftliche Beachtung fanden, solle ihre Arbeit dazu beitragen, diese Forschungslücke zu schließen.

Vier ausgewählte Theaterstücke

Stücke, die auf den Bühnen des Deutschen Kaiserreichs zur Aufführung kamen, wurden

  1. in ihrem jeweiligen Kontext situiert und
  2. auf ihre Übereinstimmung mit dem von Suttner vertretenen bürgerlich-liberalen Pazifismus hin untersucht.

Das Hauptaugenmerk der Analyse lag aber auf den Argumentationsstrategien der Stücke. Es wurde erforscht, welcher Argumente sich die Stücke bedienen, um entweder pazifistisches Gedankengut zu verbreiten oder um den Krieg und das Militär zu rechtfertigen und damit eine im Wilhelminischen Deutschland präsente, kriegerische Tradition aufrechtzuerhalten.

Eine solche Analyse gäbe nicht nur Aufschluss über die rhetorischen Strategien, sondern lässt auch Rückschlüsse auf vorherrschende Werthierarchien und vorausgesetztes Wissen zu.

Nach einer

  • Reflexion der wissenschaftlichen Perspektive (Kap. 2) und
  • der Beschreibung der verwendeten Methode (Kap. 3) wird aufgezeichnet,
  • welche Theaterstücke im Deutschen Kaiserreich einen Bezug zu Bertha von Suttners Roman Die Waffen nieder! haben und worin dieser besteht (Kap. 4).
  • Zudem wurde das Umfeld und prägende zeithistorische Einflüsse herausgearbeitet werden. Es sollen Militarismus und Pazifismus im Deutschen Kaiserreich beleuchtet und auf einige strukturelle Bedingungen des Theaters (Zensur, Theaterverlage) eingegangen werden. Da die zu analysierenden Bühnenwerke Suttners Roman zur Grundlage haben, beinhaltet dieses Kapitel eine Beschreibung des Bestsellers und eine Darstellung von Suttners pazifistischer Weltanschauung (Kap. 5).
  • Es folgen eine Angabe des Inhaltes und der Aufführungspraxis der ausgewählten Theatertexte (Kap. 6) und eine Biographie der Autoren (Kap. 7).
  • Im Hauptteil solle die Argumentation der Stücke betrachtet werden (Kap. 8).
  • Dazu werde zuerst der Einfluss der Figurengestaltung auf die Argumentation aufgezeigt und danach werden die Argumentationsstrategien in verschiedene Kategorien unterteilt. Weiters wurde analysiert, welche Argumente im Verlauf der Handlung umgedeutet werden. In der darauf anschließenden Auswertung wurden die Argumentationsstrategien zusammengefasst betrachtet und die in den Stücken dargestellten pazifistischen Anschauungen mit denen Bertha von Suttner verglichen werden (Kap. 9).

Basis für die Betrachtungen

wird die historische Diskursanalyse herangezogen, die sich primär auf die Theorien des Philosophen Michel Foucault bezieht, aber auch von den Anschauungen des Soziologen Pierre Bourdieu geprägt ist.

Thalmann meint in der Einleitung ihrer Arbeit. Es möge vielleicht etwas befremdlich anmuten, den Feld- und Habitustheoretiker in Verbindung mit der Diskursanalyse zu sehen, allerdings komme in Bourdieus Untersuchungen dem, was Foucault Diskurs nennt, zentrale Bedeutung zu. Sie meint aber:

Vor allem überschneiden sich Bourdieus Ansätze zur Rolle der Sprache und zur Konstitution sozialer Wirklichkeit mit denen Foucaults.1 Beide sprechen von Theorien als Werkzeugen, stehen den Konstrukten ‚Wahrheit’ und ‚Wissen’ kritisch gegenüber, historisieren sie und versuchen, unhinterfragte Denk- und Wahrnehmungsschemata zu problematisieren. Beide sehen gesellschaftliche Ordnungen in den Handlungen realisiert – sie gehen davon aus, dass Strukturen einverleibt und reproduziert werden –, untersuchen das Verhältnis von Subjekt/Akteur und sozialem Raum, interessieren sich für den ‚gewöhnlichen Gang der Dinge’ und beschreiben ein Feld von Machtrelationen und einen Raum des Möglichen.2

Da Bourdieu stark auf die externen Faktoren von Diskursen eingehe und von miteinander korrespondierenden mentalen und sozialen Diskurspositionen und -strukturen ausgehe, erscheine eine Einbindung von Bourdieus Theorien sinnvoll.

Sie können den Rahmen für eine Diskursanalyse bilden, die vor allem auf den Konzepten Foucaults basiert.4

 

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