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Mega-Demos gegen Rechtsextreme in Österreich

Erstellt am 27.01.2024 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 1639 mal gelesen und am 07.02.2024 zuletzt geändert.

Am Freitag 26.1.2023 gab es in Wien trotz schlechten Wetters eine Großdemonstration gegen Rechtsextremismus. Auf Standard.at schrieb am 26.1.24 um 22:28:

Zehntausende demonstrierten in österreichischen Städten gegen Rechtsextremismus

In Wien, Innsbruck und Salzburg fanden Großkundgebungen statt, um die „Demokratie zu verteidigen“

derstandard.at

Das Motto der Demos war „Demokratie verteidigen“.

In Wien auf der Ringstraße vor dem Parlamentsgebäude fanden sich laut Polizei bis zu 35.000 Demonstrierende. Die Veranstalter sprachen von rund 80.000. Sie kamen bereits vor Beginn der von

  • Black Voices Austria
  • Fridays for Future Austria und
  • der Plattform für eine menschliche Asylpolitik

organisierten Veranstaltung. Der kurz nach 18 Uhr eine Platz vor dem Parlament hatte konnte ein umfangreiches Programm und selbst für historisch beschlagene ein lehrreiche Beiträge verfolgen.

Schauspielerin Mavie Hörbiger verlas einen von Elfriede Jelinek eigens für die Kundgebung verfassten Text,

Ina Regen sang. Auf der Bühne vor dem Wiener Parlament standen unter anderem

Katharina Stemberger zitierte den Nazi Goebbels um die Strategien der neuen und alten Rechtsextremen zu enttarnen:

Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen. Wir werden Reichstagsabgeordnete, um die Weimarer Gesinnung mit ihrer eigenen Unterstützung lahmzulegen. Wenn die Demokratie so dumm ist, uns für diesen Bärendienst Freifahrkarten und Diäten zu geben, so ist das ihre eigene Sache. Wir zerbrechen uns darüber nicht den Kopf. Uns ist jedes gesetzliche Mittel recht, den Zustand von heute zu revolutionieren. […] Wir kommen nicht als Freunde, auch nicht als Neutrale. Wir kommen als Feinde! Wie der Wolf in die Schafherde einbricht, so kommen wir.

Was wollen wir im Reichstag?, in: Der Angriff vom 30. April 1928; Nachdruck in: Joseph Goebbels (Autor),
Hans Schwarz van Berk (Hrsg.): Der Angriff, Aufsätze aus der Kampfzeit, Franz Eher Nachf., München 1935, S. 71 u. S. 73

Auch Cornelius Obonya und Volkstheater-Direktor Kay Voges und die Schriftstellerin Julya Rabinowich hielten ausführliche Reden. Sie alle setzten Kunst und Kultur gegen Diktatur.

Bemerkenswert gute Stimmung trotz schlechtem Wetter und rechtsextremer Störaktionen

Der ab 17.30 Uhr immer stärker werdende Regen trübte die Stimmung nicht, eine Störaktion von Rechten, die auf dem Dach des Palais Epstein Pyrotechnik zündeten und ein Transparent entrollten, endete rasch. Am entgegengesetzten Ende der Kundgebung nahe des Burgtheaters umstellte die Polizei eine Gruppe von mehreren Dutzend Menschen mit Palästina-Fahnen und Spruchbändern wie „Zionism is Fascism“ oder „From the river to the sea Freiheit und Demokratie“, die versuchten, die Kundgebung zu stören, aber rasch von anderen Demonstranten abgedrängt wurden.

derStandard.at

Als Moderatorin Stemberger von der Bühne aus palästinensische Flaggen sah, wies sie darauf hin, dass diese ausdrücklich von den Organisationen die die Demo trugen klar unerwünscht sind. Dies sei auch vorab bekannt gemacht worden. Auf gut wienerisch heiße das „Kinder, schleichts euch!“

Die Wien SPÖ-Gemeinderätin Mireille Ngosso, die auch bei Black Voices Austria aktiv ist, sagte, das von Journalisten aufgedeckte rechte Geheimtreffen in Potsdam sei nicht überraschend.

„Das ist etwas, was wir immer schon befürchtet haben.“ Viele schwarze Menschen und Menschen mit ausländischen Wurzeln in Österreich hätten Angst. „Manche von uns haben schon die Koffer gepackt oder überlegen, in welches Land sie flüchten könnten“

Mireille Ngosso,

Erich Fenninger, Sprecher der Plattform für eine menschliche Asylpolitik, warnte vor den „Deportationsfantasien“ der Rechtsextremen die sie unter dem Begriff „Remigration“ tarnen. Er nannte die Demonstrierenden eine „Feuermauer“ zum Schutz der Demokratie.

Schauspielerin Hilde Dalik

Sie sprach in ihrer Rede für die jene Menschen in Österreich, die sich nach ihrer Flucht hier ein Leben hier aufgebaut haben oder aufbauen wollen. Sie lobte aber auch jene Österreicherinnen und Österreicher, die Ihnen dabei helfen. Sie seien, was oft übersehen werde, gegenüber jenen in der Überzahl, die etwa im Netz ihren Hass verbreiten. Die Mehrheit hetze nicht, so Dalik.

Unterstützt wurde die Demonstration von einer breiten Front von zivilgesellschaftlichen Organisationen und zwei Nationalratsparteien:

ÖGB, AK und Caritas sowie SPÖ und Grüne. Unter den Teilnehmenden waren auch Vertreter der Religionsgemeinschaften und zahlreiche Menschen aus dem Kunst- und Kulturbereich.

Fridays-for-Future-Sprecherin Leila Kriechbaum

Sie begründete ihre Teilnahme damit, dass Klimaschutz nur in einer funktionierenden Demokratie umgesetzt werden könne. „Anti-demokratischen Bewegungen“ würden noch dazu den Klimawandel leugnen. Dem müsse man sich entgegenstellen.

1.400 in Salzburg

In der Stadt Salzburg demonstrierten – ebenfalls bei Regenwetter- am frühen Freitagabend rund 1.400 Personen laut APA-Zählung. Sie traten ein für: „für Menschlichkeit, Solidarität und gegen Extremismus“. Auch hier haben zahlreiche NGOs hatten zu dem Protest aufgerufen, der für Salzburger Verhältnisse wie in Wien ebenfalls eher groß ausfiel. Bevor sich der lange Demonstrationszug Richtung Altstadt in Bewegung setzte, warnten Redner und Rednerinnen vor dem Rechtsruck, der nicht nur in Deutschland und Österreich, sondern in der ganzen Welt stattfinde drohe, so derStandard.

Kickl der verharmloser und Ermutiger der Rechtsextremen

Durch FPÖ-Chef Herbert Kickl hätten rechtsextreme Gruppen wieder Mut gewonnen, so eine Aktivistin der antirassistischen Solidaritätsbewegung Antira Salzburg. Sie warnte eindringlich vor einem zunehmenden Eingang rechtsextremen Vokabulars in die Sprache.

„Wir dürfen rechtsextreme Hetze und Wut aber nicht auf die leichte Schulter nehmen“

Aktivistion von Antira laut Standard/APA

Die europäische Asylpolitik entwickle sich in die falsche Richtung, denn sie spiele den Rechts-Extremen in die Hände.

Deutsches Vorbild der österreichischen Kundgebungen

Ähnliche Proteste am vergangenen Wochenende in Deutschland. In zahlreichen Städten gingen dort Hunderttausende gegen rechts auf die Straße. Auslöser dafür waren Enthüllungen des Recherchezentrums „Correctiv“ über ein Treffen von Rechtsextremisten am 25. November in Potsdam, an dem unter anderem AfD-Politiker sowie der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, teilgenommen hatten. Unter dem Schlagwort „Remigration“ wurde dabei über Pläne zur Vertreibung von Millionen Menschen mit ausländischer Herkunft aus Deutschland beraten. (APA, moe, cms, bed, 26.1.2024)

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