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Vollversammlung der UN in New York stimmt als Minimalkompromiss einem „Zukunftspakt“ zu

Erstellt am 10.10.2024 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 743 mal gelesen und am 11.10.2024 zuletzt geändert.
Hauptbereiche des neuen Zukunftspakts der Vereinten Nationen

Am 23. September 2024 berichtete die staatlich getragene Deutsche Welle: Die UN-Vollversammlung stimmte über den Zukunftspakt ab. Zwei riesiege Anzeigetafeln im UN-Hauptquartier zeigten das Ergebnis der Abstimmung. Trotz eines von Russland ausgelösten Eklats habe die Weltgemeinschaft einen ambitionierten Reformplan gebilligt (siehe unten). Deutschland und Namibia hätten „die Verhandlungen dazu geführt“. Ungeachtet eines „Störmanövers Russlands“ habe die Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York einen Zukunftspakt zur gemeinsamen Bewältigung globaler Krisen und Konflikte beschlossen.

Der UN-Zukunftspakt vom 23.9.2024

Der Pakt wurde zu Beginn eines zweitägigen sogenannten UN-Zukunftsgipfels ohne Abstimmung angenommen.

Das Dokument listet in fünf Kapiteln in insgesamt 56 Punkten auf,

  • wie zur Bewältigung der weltweiten Krisen und Konflikte der Multilateralismus gestärkt und
  • die internationale Zusammenarbeit verbessert werden sollen.

Der UN-Zukunftspakt (Pact for the Future) in aller Kürze

Er wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen während des Zukunftsgipfels im September 2024 verabschiedet. Er ist ein umfassendes Abkommen, das von 193 Mitgliedsstaaten mit einer Mehrheit von 143 Stimmen angenommen wurde und 56 Ziele enthält, um aktuelle globale Herausforderungen anzugehen. Der Pakt wurde maßgeblich von Deutschland und Namibia ausgehandelt und bezieht sich auf fünf zentrale Bereiche:

  1. Nachhaltige Entwicklung und Entwicklungsfinanzierung: Die Umsetzung der 2015 beschlossenen Agenda 2030 und ihrer 17 Nachhaltigkeitsziele (SDGs) soll beschleunigt werden, besonders die Bekämpfung von Hunger und Armut. Es wird betont, dass ein funktionierendes multilaterales Handelssystem wichtig ist, um die SDGs zu erreichen. Das Pariser Klimaabkommen wird ebenfalls bestätigt.
  2. Frieden und Sicherheit: Die Notwendigkeit einer intensiveren diplomatischen Arbeit zur Sicherung des Friedens wird hervorgehoben. Die Zivilbevölkerung muss in Konflikten besser geschützt und humanitären Krisen soll wirksamer begegnet werden. Zudem wird die Gefahr von autonomen Waffensystemen und Künstlicher Intelligenz im militärischen Bereich diskutiert. Ein wichtiger Bestandteil ist die nukleare Abrüstung.
  3. Wissenschaft, Technologie und Innovation: Diese Bereiche sollen die Erreichung der UN-Ziele in allen Bereichen beschleunigen. Entwicklungsländer dürfen dabei nicht vernachlässigt werden. Die internationale Zusammenarbeit in der Förderung von Wissenschaft und Innovation soll durch die UN verstärkt werden.
  4. Jugend und künftige Generationen: Kinder und Jugendliche sollen gleichberechtigten Zugang zu öffentlichen Einrichtungen wie Bildung, Gesundheit und sozialer Absicherung erhalten. Sie sollen auf nationaler und internationaler Ebene stärker in Entscheidungsprozesse eingebunden werden.
  5. Reform der globalen, zwischenstaatlichen Institutionen: Die heutigen multilateralen Systeme, die nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen wurden, müssen reformiert werden. Der UN-Sicherheitsrat soll repräsentativer, transparenter und effektiver werden. Auch die internationale Finanzarchitektur soll angepasst werden, um den Bedürfnissen der Entwicklungsländer gerecht zu werden.

Zudem enthält der Pakt zwei Anhänge: eine Globale Digitalisierungs-Übereinkunft und eine Erklärung zu künftigen Generationen. Ein zentraler Punkt ist auch die Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum und die Nutzung des Weltraums zu friedlichen Zwecken.

Dieser Zukunftspakt wird als ein entscheidender Schritt angesehen, um den Multilateralismus zu stärken und eine gerechtere, vernetzte Welt zu schaffen. Kritische Stimmen bemängeln jedoch, dass der Pakt teils nur symbolische Ziele setze und konkrete Überwachungsmechanismen fehlen würden, um seine Umsetzung sicherzustellen​(UN_Zukunftspakt s. unten ausführlicher Beschrieben im Wikipedia-Link).

Der Vereinbarung waren rund neun Monate Verhandlungen vorausgegangen 

Unter Führung von Deutschland und Namibia wurde das Schriftstück erarbeitet. Das Abkommen mache deutlich, so DW, dass „all das Gerede von Spaltung, Polarisierung und Unsicherheit nicht das Ende unserer Vereinten Nationen sein wird“, so Bundeskanzler Olaf Scholz nach dem Beschluss in New York. Die Verhandler hätten politische und ideologische Meinungsverschiedenheiten überwunden, um diesen globalen Konsens zu erzielen. „Sie haben bewiesen, dass der Multilateralismus lebendig ist.“, so Scholz Der Kanzler fügte hinzu:

„Der Zukunftspakt kann uns als Kompass dienen. Als Kompass, dessen Nadel in Richtung einer stärkeren Zusammenarbeit und Partnerschaft weist, statt hin zu mehr Konflikten und Zersplitterung.“

Bundeskanzler Olaf Scholz nach dem Beschluss in New York – Quelle: DW

„Olaf Scholz hofft auf zügige Reform des Sicherheitsrats“

Der Kanzler sähe im „Pakt für die Zukunft“ auch einen Schritt auf dem Weg zu einer Reform des UN-Sicherheitsrates. Mit den erreichten Verständigungen sei die Basis dafür gelegt, „dass wir auch real zu Veränderungen kommen werden. Ich glaube, es geht schneller, als viele denken“, sagte Scholz. Die Zusammensetzung des UN-Sicherheits-Rates sei überholt. Viele Länder, die dabei sein müssten, seien nicht repräsentiert, so der Kanzler. Man sehe ja auch immer, wie dysfunktional die heutige Struktur des Sicherheitsrates sei. Deshalb müsse es jetzt endlich zu Reformen kommen, genauso wie bei den vielen anderen Feldern, die hier sehr klar adressiert sind.“

Hintergrund zum UN-Sicherheitsrat

Der Sicherheitsrat bestand bei der Gründung der Vereinten Nationen nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 zunächst aus elf Ländern. 1965 wurde er auf 15 Mitglieder aufgestockt – zehn gewählten Staaten mit zweijähriger Zugehörigkeit und fünf ständigen Mitgliedern mit Vetorecht. Die Vetomächte sind die USA, Russland, ChinaFrankreich und Großbritannien.

Russland bremste vergeblich – „Störmanövers Russlands“

Zu Beginn der Zeremonie hatte, laut srf.ch, der stellvertretende russische Aussenminister Sergej Werschinin, entgegen der Planung der Tagung, um das Wort gebeten und eine zusätzliche Änderung des Textes verlangt. «Wenn unser Änderungsantrag nicht in den Text des Pakts aufgenommen wird, distanzieren wir uns auch vom Konsens zu diesem Dokument», drohte Werschinin. „Er beklagte, dass den Ländern, die nicht zufrieden mit dem Abkommen seien, keine Möglichkeit für weitere Verhandlungen gegeben worden sei. Der Kongo brachte direkt nach der russischen Ankündigung einen sogenannten Antrag auf Nichtbefassung ein. In der Folge stimmten 143 Länder dafür, nicht weiter auf den russischen Antrag einzugehen – und ihn damit abzuwehren. Zusammen mit Russland stimmten nur sechs Staaten, darunter Belarus, Nicaragua, Nordkorea und Syrien. Wenig später nahm das grösste UNO-Gremium den Pakt, der als Minimalkonsens gilt, dann unter lautem Applaus an.“, so srf.ch.

Russland distanzierte sich in der Vollversammlung von dem Text. Es brachte in letzter Minute noch einen Änderungsantrag ein. Die russische Delegation wollte hinzugefügt sehen, dass sich die Vereinten Nationen nicht in die inneren Angelegenheiten von Mitgliedstaaten einmischen dürfen, so DW. Russland wurde von den ebenfalls autoritär geführten Staaten

  • Belarus,
  • Nordkorea,
  • dem Iran,
  • Nicaragua und
  • Syrien

unterstützt. Das Ansehen Russlands bei Ländern des sogenannten Globalen Südens könnte nach der Intervention leiden – schließlich wollten diese den Pakt mit überwältigender Mehrheit, so die DW.

Dutzende Staats- und Regierungschefs waren zur Unterzeichnung des Zukunftspaktes nach New York gereist, die den Auftakt der alljährlichen zu Herbstbeginn stattfindenden UN-Woche der Spitzendiplomatie markierte. Am Dienstag begann dann die UN-Generaldebatte, bei der vor allem der weiter eskalierende Nahost-Konflikt sowie der Ukraine-Krieg im Mittelpunkt standen. So hilflos wirkte die internationale Gemeinschaft seit Gründung der UNO selten.

Links zum Zukunftspakt der UNO

https://de.wikipedia.org/wiki/UN_Zukunftspakt

https://p.dw.com/p/4kxxA

https://de.wikipedia.org/wiki/UN_Zukunftspakt

 

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