Friedensanleihen statt Tarnkappen-Militarisierung

Finanzideen für die Welt von morgen
Kriegsanleihen haben Kriege verlängert – und Frieden verhindert
Weiter unten gehe ich daher der Frage nach ist das „NextGenerationEU„-EU-Rüstungskonjunkturpaket eine dreiste Militarismus-PR-Verpackung, eine facegeliftete Kriegsanleihe mit Tarnkappe, der feuchte Traum neoliberaler EU-Finanzpolitik?
Was wäre, wenn wir Frieden nicht nur fordern, sondern auch finanzieren?
Während Milliarden für Waffenlieferungen, Aufrüstung und Cyberkriegsführung bereitstehen, fehlt oft das Geld für:
- primär präventive Friedenspolitik bis in den letzten Winkel der Gesellschaften
- nachhaltige Friedensbildung bis in den letzten Winkel der Köpfe
- Entwaffnung und Versöhnung bis in den letzten Winkel der Erde .
Dabei gäbe es eine Lösung:
Friedensanleihen
Ein Finanzinstrument, das Gutes tut – und bei vernünftigen Rahmenbedingungen auch nachhaltige Rendite bringt im Gegensatz zu Kriegsanleihen die in der Regel ein Desaster und riesige Krisen nach sich ziehen.
Was sind Friedensanleihen oder Peace Bonds?
Friedensanleihen (engl. Peace Bonds) sind eine Vision: Anleihen, deren Mittel ausschließlich der Friedensförderung dienen. Sie könnten von Staaten, Städten oder internationalen Organisationen ausgegeben werden, um Projekte wie diese zu finanzieren:
- Entwaffnung und Reintegration von Ex-Kombattanten in Europa, in Afrika, etc.
- Rechtzeitiger Aufbau oder Wiederaufbau von Schulen und Spitälern in Konfliktregionen
- Rechtzeitige Förderung gewaltfreier Konfliktlösungen und ziviler Friedensdienste
- Unterstützung von Frauenfriedensnetzwerken und Jugenddialogen
- Resilienzaufbau in vom Klimawandel betroffenen Gebieten z.B. Green Belt, Senegal, …
Sie wären das Gegenmodell zu Kriegsanleihen, die ganze Völker in die Rüstung treiben (z.B. I. Weltkrieg.
Schon heute möglich: Impact Bonds und Friedensprojekte
Ganz so utopisch ist die Idee nicht: Bereits heute existieren Anleihen, die nahe an dieses Konzept heranreichen.
- Social Bonds finanzieren Bildungs-, Gesundheits- oder Armutsbekämpfungsprojekte.
- Green Bonds unterstützen nachhaltige Energie, Wasser- und Klimaschutz-Initiativen – oft auch in fragilen Staaten.
- Entwicklungsanleihen von Institutionen wie der Weltbank oder der KfW werden etwa für Friedensprozesse in Kolumbien oder Wiederaufbau in der Ukraine eingesetzt.
Ein Beispiel: Die International Finance Facility for Education bündelt Gelder für Bildungsprojekte in Ländern mit hohem Friedensbedarf – ein direkter Beitrag zur Friedensursachenbekämpfung.
Rendite für Mensch und Markt?
Die Rendite klassischer Friedensanleihen müsste nicht primär finanziell sein – doch auch das ist möglich:
- Stabilität durch friedliche Entwicklung senkt langfristig Risikoaufschläge.
- Investitionen in soziale Kohäsion lohnen sich ökonomisch: Laut Studien (z. B. von James Heckman) haben präventive Sozialmaßnahmen ein Vielfaches an volkswirtschaftlicher Wirkung.
- Für Anleger:innen entstehen „Double Returns“: finanzielle + soziale Dividende.
Warum die EU jetzt handeln könnte
Die Europäische Union versteht sich als Friedensprojekt. Warum nicht einen Schritt weiter gehen?
Ein EU-Friedensanleihefonds, abgesichert durch die Mitgliedsstaaten, könnte:
- Friedensmissionen finanzieren,
- Resilienz in Nachbarschaftsregionen stärken,
- und zugleich ein glaubwürdiges Gegengewicht zu geopolitischer Eskalation darstellen.
Vorschlag für eine EU-Friedensanleihe
“Bertha Bonds” – benannt nach der Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner
oder
“Suttner Securities – Für ein Europa des Friedens”
Was jede:r Einzelne mit etwas Geld jetzt schon tun kann
- Nachhaltige Anleihen und Fonds wählen, die nicht in Rüstung, sondern in Entwicklung investieren.
- Banken und Broker fragen: Wo kann ich Impact Bonds kaufen?
- Politische Forderung stellen: An die EU, an Parlamente, an Städte.
- Oder einfach die Frage stellen: Wollt ihr weiter Aufrüstung finanzieren – oder auch Alternativen?
Ein Gemeinsamer Markt für Frieden ist möglich – wenn wir ihn wollen
Friedensanleihen sind mehr als eine Idee – sie sind ein notwendiger nächster Schritt. In einer Zeit, in der Waffenmärkte boomen, brauchen wir auch einen Markt für Abrüstung, Versöhnung und Zukunft. Die Finanzwelt kann – und muss – Teil der Lösung sein.
Kurze Geschichte der fatalen Kriegsanleihen
Geld für den Tod
Kriegsanleihen waren staatlich ausgegebene Schuldverschreibungen, mit denen Regierungen ihre Kriegsführung finanzierten. Sie wurden als patriotische Pflicht verkauft – doch ihre Folgen waren oft katastrophal.
Erster Weltkrieg – Der deutsche Albtraum
- Deutschland finanzierte den Ersten Weltkrieg fast ausschließlich über Kriegsanleihen (insgesamt 8 große Emissionen).
- Die Bevölkerung – vom Arbeiter bis zum Bäcker – wurde durch massive Propaganda gedrängt, zu zeichnen.
- Nach dem Krieg kam der Schock: Die Anleihen wurden entwertet, Millionen verloren ihre Ersparnisse.
- Folge: Vertrauensverlust, politische Radikalisierung, Boden für den Aufstieg der Nazis.
Österreich-Ungarn – „Zeichne die siebte Kriegsanleihe!“
- Auch die Habsburger Monarchie warb mit Pathos und Druck – und ruinierte dabei die Mittelschicht.
- Nach dem Zerfall der Monarchie war das Geld verloren.
- Viele Menschen fühlten sich verraten und betrogen – eine tickende soziale Zeitbombe.
USA: Zweiter Weltkrieg – Propaganda als Waffe
- In den USA wurden Kriegsanleihen als „War Bonds“ an Millionen verkauft – mit Disney-Plakaten, Stars und Stars and Stripes.
- Der Krieg wurde zum Konsumprodukt.
- Zwar wurden viele Bonds zurückgezahlt – aber der gesellschaftliche Effekt war fatal: Die Normalisierung des totalen Kriegs als volkswirtschaftliches Projekt.
Psychologische Folgen von Kriegsanleihen
- Kriegsanleihen verschleierten, dass Krieg unfinanzierbar ist.
- Sie instrumentalisierten das Vertrauen der Bevölkerung, um Gewalt zu legitimieren.
- Sie verlagerten die Kriegskosten in die Zukunft – oft auf die Schwächsten.
Kriegsanleihen haben Kriege verlängert – und Frieden verhindert
Ohne Kriegsanleihen hätten viele Kriege früher geendet.
Ohne sie wäre die Bevölkerung schneller mit den katastrophalen Kosten konfrontiert worden. Sie waren und sind ein Instrument des staatlich organisierten Selbstbetrugs.
Heute – im 21. Jahrhundert – brauchen wir das Gegenteil: Friedensanleihen.
Sie investieren in Zukunft statt Zerstörung.
Die EU plant, ab 2025 den Großteil der 800 Milliarden Euro aus dem Corona-Wiederaufbaufonds „NextGenerationEU“ (NGEU) über langfristige Kapitalmarktfinanzierungen aufzubringen – konkret: durch die Emission von EU-Anleihen.
Hier ein Überblick – verständlich, faktenbasiert, mit einem Seitenblick auf Friedens- und Nachhaltigkeitsperspektiven:
„NextGenerationEU“ auf den Zahn gefühlt und woher kommt das Geld wirklich?
- Gesamtvolumen: rund 800 Milliarden Euro (zu Preisen von 2018), etwa 723 Mrd. real nutzbar.
- Ziel: wirtschaftlicher Wiederaufbau nach der Corona-Krise + grüne und digitale Transformation.
- Zeitraum: 2021–2026
- Haupfinanzierungsphase: 2025–2026
- Verwendung:
- 37 % für Klimaschutz
- 20 % für digitale Transformation
- Rest für Resilienz, Beschäftigung, Bildung, Gesundheit
Wie will die EU das finanzieren?
1. Emission von EU-Anleihen
- Die EU begibt als supranationale Institution langfristige Schuldtitel.
- Bis zu 150 Milliarden Euro pro Jahr an Mittelaufnahmen geplant.
- Sie nutzt ihre Bonität (AAA / AA je nach Ratingagentur), um günstige Zinsen zu bekommen.
- Die Anleihen sind in Euro denominiert, laufen teilweise bis 30 Jahre und gelten als sehr sicher.
2. Rückzahlung: bis 2058
- Rückzahlung beginnt ab 2028 und soll bis 2058 erfolgen.
- Die Rückzahlung erfolgt aus dem EU-Haushalt, nicht direkt durch neue Steuern – aber…
Neue EU-Einnahmen als Rückzahlungsbasis (geplant)
Die EU-Kommission plant folgende Eigenmittelquellen für die Rückzahlung:
- CO₂-Grenzausgleichsmechanismus („CBAM“) – Abgabe auf CO₂-intensive Importe
- Plastikabgabe – auf nicht recycelte Verpackungsabfälle
- Digitalsteuer – auf große Tech-Konzerne (noch umstritten)
- Finanztransaktionssteuer? – Idee lebt, aber es gibt keine Einigung
- Mindeststeuersätze für Konzerne (OECD-basiert)
→ Kritik: Es gibt derzeit noch keine fixierten neuen Einnahmen, die Rückzahlung ist politisch sensibel.
Was hat das mit Frieden zu tun?
- Chance: Das ist erstmals in der Geschichte der EU eine gemeinsame Schuldenaufnahme → solidarisches Finanzierungsinstrument!
- Risiko: Wenn es scheitert, steigt der Druck auf nationale Egoismen – und es könnte zu Spaltung führen.
- Friedensjournalistische Frage:
Warum nicht dauerhaft EU-Anleihen für Klima, Frieden und Resilienz?
Fazit zu NextGenerationEU:
Die EU will ihre 800 Milliarden ab 2025 über Anleihen finanzieren – und später über neue Einnahmen zurückzahlen.
Es ist ein historisches Experiment: Solidarität durch gemeinsame Verschuldung.
Die Frage bleibt:
Wird daraus eine dauerhafte Struktur für Friedens-, Klima- und Sozialpolitik?
Oder nur ein einmaliger Kraftakt, der verpufft oder gar der 3. Weltkrieg oder nur die größte Rüstungsstaglation aller Zeiten und der Niedergang der EU?
„NextGenerationEU – Zukunft oder Zwischenkriegslösung?“
Kriegsanleihen mit Tarnkappe? Die stille Militarisierung der EU-Finanzpolitik
Die Frage trifft ins Herz einer ambivalenten Entwicklung:
- Sind die EU-Anleihen im Rahmen von NextGenerationEU in Wahrheit verkappte Kriegsanleihen?
- Oder handelt es sich doch um einen zivilen Solidarakt mit friedlichem Potenzial?
1. Neusprache: Die schöne Verpackung
Der Begriff „NextGenerationEU“ klingt nach Zukunft, Kindern, Klima und Hoffnung. Doch dahinter verbirgt sich eine massive Schuldenaufnahme der EU auf den Kapitalmärkten welche die folgenden Generationen zurückzahlen sollen. Die Mittel sollen offiziell der Krisenbewältigung dienen – aber:
- ein wachsender Teil davon wird auch für geopolitische Strategien und
- sogenannte industrielle Wettbewerbsfähigkeit genutzt.
Frankreich, Deutschland und Italien verwenden große Teile der Mittel, um ihre Rüstungsindustrien zu stärken. Die Förderung „strategischer Autonomie“ der EU bedeute zunehmend auch „militärische Eigenständigkeit“. Die Klimastrategie der EU blendet aber den CO₂-Ausstoß des Militärs systematisch aus. Das ist kein Zufall, sondern politisches Kalkül.
Also: Ja, es gibt Elemente von Tarnkappe und Doppeldenk.
2. Ein wichtiger Unterschied zu klassischen Kriegsanleihen
Klassische Kriegsanleihen finanzierten direkt Zerstörung. Sie wurden moralisch aufgeladen und instrumentalisierten Patriotismus zur Kriegsfinanzierung.
Die EU-NextGen-Anleihen hingegen finanzieren – zumindest offiziell – Klimaschutz, Digitalisierung und Bildung. Kein Geld fließt direkt in Panzer oder Raketen. Dieser Unterschied ist real. Aber was passiert, wenn morgen dieselbe EU-Infrastruktur genutzt wird, um einen „Rüstungsfonds“ aufzulegen?
Dann wären wir bei echten neuen Kriegsanleihen – im Gewand der Resilienz.
3. Orwellsche Begriffe als Warnzeichen
Viele Begriffe im Umfeld von NextGenerationEU tragen orwellsche Züge.
- Die „Resilienzfazilität“ kann auch für militärische Autarkie stehen.
- Der „Souveränitätsfonds“ subventioniert mitunter Rüstungskonzerne.
- „Krisenreaktionskapazität“ kann militärische Intervention bedeuten. Und
- der „grüne Übergang“ rechnet militärische Emissionen gar nicht erst ein.
Wenn Frieden nicht explizit verankert ist, wird er ersetzt durch technokratische Euphemismen
(= beschönigende Ausdrücke. Man verwendet sie, wenn man etwas sagen will, das unangenehm, hart oder negativ klingt – aber man sagt es auf eine Weise die wie ein Köder den Angelhaken versteckt und schön aussehen lässt).
4. Was wir daraus machen können
Die EU hat nun eine Infrastruktur zur gemeinsamen Finanzierung geschaffen. Das ist auf jeden Fall historisch bedeutsam. Wenn die Zivilgesellschaft fordert, diese Strukturen dauerhaft für den Frieden zu nutzen – zum Beispiel über echte Friedensanleihen – dann wird daraus ein Hebel für eine andere Welt. Nicht das Instrument ist falsch, sondern der politische Einsatz entscheidet über Krieg oder Frieden.
Fazit
NextGenerationEU ist derzeit keine Kriegsanleihe, aber auch keine Friedensanleihe. Das Instrument steht auf der Kippe. Es kann zur gemeinsamen Friedenssicherung genutzt werden – oder zur neuen Aufrüstung mit grünem Anstrich. Jetzt ist der Moment, klar zu fordern: Wenn Europa zusammen Schulden macht, dann für Schulen, Krankenhäuser, Klimagerechtigkeit – und nicht für Panzer, Frontex-Drohnen und Rüstungssubventionen.
Quellen & Lesetipps (zum Einbauen oder als Fußnote optional):
Posted in Abrüstung, Conversion, Deutschland, Ethik, Europa, Friedensbewegung, Friedensexport, Friedensgemeinde, Friedenskultur, Friedensorganisation, Friedenspädagogik, Friedenspolitik, Friedenspsychologie, Friedensstifter, Friedensstifterin, Friedensstruktur, Friedenstourismus, Gewaltprävention, Global, Menschenrecht, Mitwelt, Nahost, Österreich, Peacebuilding, Tipp, Umwelt, Wirtschaft, Zivilcourage