Ohne Reform der Genfer Konvention verlieren wir den Kampf um Humanität – und die Populisten gewinnen

Die Parlamentswahl in Norwegen hat es erneut gezeigt: Rechte und rechtspopulistische Parteien legen zu, während Sozialdemokraten und Linke und Grüne zwar regieren, aber unter Druck geraten. Ein Grund dafür sind nicht nur die Untiefen der Vermögens-Steuerfluchtpolitik, sondern auch der Umgang mit Flucht und Migration – ein Thema, das in vielen europäischen Gesellschaften die Stimmung mit realen Gründen prägt.
Humanität braucht Realismus
Norwegen, Österreich und andere Länder haben in den vergangenen Jahren große Zahlen an Flüchtlingen aufgenommen. Humanitäre Hilfe ist geboten – das steht außer Frage – oder? Aber wenn in allzu vielen Schulklassen mehr als 70 Prozent Kinder mit nicht-deutscher oder nicht-norwegischer Erstsprache sitzen, wenn ganze Grätzl oder Stadtteile durch massive Zuwanderung überfordert sind, dann kippt die Wahrnehmung. Aus Solidarität wird Skepsis, aus Empathie wird Frust. Wer diese Realitäten nicht anerkennt, spielt den Populisten in die Hände.
Die Genfer Flüchtlingskonvention ist veraltet
Die Konvention stammt von 1951 – einer Welt ohne Klimawandel, ohne globalisierte Waffenmärkte, ohne systematische Stellvertreterkriege. Sie regelt individuelle Schutzrechte, aber nicht die strukturellen Ursachen von Flucht. Drei Reformschritte sind überfällig:
- Verursacherprinzip: Staaten, die Kriege anheizen, Waffen exportieren oder durch fossile Politik Klimaflüchtlinge mitverursachen, müssen verpflichtend zahlen – in einen internationalen Fonds, der Aufnahme und Integration finanziert.
- Verbindliche Lastenteilung: Keine „Trittbrettfahrer“ mehr in der Völkergemeinschaft. Jedes Land trägt Verantwortung, gemessen an Bevölkerung, Wirtschaftskraft und Fläche. Wer nicht aufnehmen will, zahlt.
- Klare Kategorien: Unterscheidung zwischen Kriegsflüchtlingen, Klimaflüchtlingen und Arbeitsmigration. Das macht Politik planbarer und gerechter.
Was die Wahl in Norwegen lehrt
In Oslo wie in Wien oder Berlin gilt: Wenn linke und progressive Parteien die Probleme benennen, Lösungen anbieten und faire Grenzen ziehen, können sie Vertrauen zurückgewinnen. Wenn sie aber sozialromantisch über Belastungsgrenzen hinwegsehen, laufen sie Gefahr, die gesellschaftliche Mitte zu verlieren. Dann sind es die Rechtspopulisten, die den Ton angeben – mit einfachen Parolen statt tragfähigen Konzepten.
Für eine neue Balance
Die Alternative ist nicht „offene Tore“ oder „Festung Europa“. Die Alternative ist eine neue Balance:
- Humanität für Schutzsuchende,
- Realismus bei Kapazitäten in Städten und Schulen,
- Gerechtigkeit durch Verursacherprinzip und internationale Lastenteilung.
Nur so können wir Humanität retten – und zugleich verhindern, dass Populisten die Realitäten für sich allein beanspruchen.
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