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Stellt die Friedensfragen!

Mediatoraufruf zum Protest gegen den Krieg im Irak

Erstellt am 20.03.2003 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde mal gelesen und am 31.12.2008 zuletzt geändert.

Liebe Friedensengagierte!

Ich habe vor ca. 2 Wochen einen Brief an österreichische Politiker verfaßt, der dann auch von weiteren Kreisen (einigen Hundert Leuten) ebenfalls verwendet wurde. Vielleicht gefällt er Euch auch. Darum schicke ich ihn Euch zu eventuell weiterer Verwendung (mit eventuellen Adaptierungen: Krieg dürfte nun schon begonnen werden)
MfG
Markus Distelberger

— — – Original Message — — –
From: Markus Distelberger
To: Peter Pilz ; Karl Donabauer ; Benita Ferrero-Waldner ; Wolfgang Schüssel ; Alfred Gusenbauer ; Herbert Haupt ; Alexander Van der Bellen ; Peter Schieder ; Peter Schieder ; Michael Spindelegger ; Ulrike Lunacek ; Herbert Scheibner ; Josef Cap
Sent: Monday, March 10, 2003 8:58 PM
Subject: Ihre Stimme für Relevanz von UNO und Völkerrecht

Betrifft: Ihr diplomatischer Protest gegen die Mißachtung von UNO und Völkerrecht und Ihr Einsatz

  • für autonome Autorität und Relevanz der UNO und des Völkerrechts und Ausbau seiner Wirksamkeit inklusive einer Vielfalt auch gewaltfreier Mittel zur Durchsetzung!
  • gegen einseitige Machtanmaßung eines oder einzelner Staaten über die internationale Gemeinschaft!
  • gegen Kriege und Kriegsdrohungen als politisches Mittel und Mißachtung des Grundrechtes auf Leben!
  • gegen „Freund-Feind“- Schemata in der Außenpolitik!
  • für auf gleichem Recht aufbauende verbindliche internationale Verträge und Partnerschaften für Sicherheit und Abrüstung!
  • und für Verstärkung eines partnerschaftlichen internationalen Dialogs zwischen allen Völkern!Sehr geehrte mit internationaler Politik befaßte Politikerinnen und Politiker!

    Die Regierungen von USA und GB haben bekanntlich ohne UNO-Mandat einen kriegerischen Aufmarsch durchgeführt und wiederholt erklärt, daß sie den Irak auch ohne UNO-Mandat angreifen werden. Dieser steht nun offensichtlich unmittelbar bevor. Präsident Bush hat wiederholt erklärt, daß er die UNO für irrelevant hält, wenn sie einem Krieg gegen den Irak nicht zustimmt.

    Bekanntlich verbietet die UNO-Charta – der zentrale völkerrechtliche Vertrag zur Sicherung des Weltfriedens – jeden Angriffskrieg. Jeder Staat ist verpflichtet, seine Konflikte im Wege der UNO friedlich zu lösen. Dieser Krieg ist ein Angriffskrieg, weil ein Präventivkrieg nichts anderes sein kann. Einen gewaltsamen Angriff auf einen Staat darf nur die internationale Staatengemeinschaft als Ganze, vertreten durch die UNO, aufgrund eines rechtsgültigen Beschlusses des UN-Sicherheitsrates durchführen, aber auch nur als allerletztes Mittel und bei akuter Bedrohung von anderen Staaten oder ganzer Bevölkerungsteile des eigenen Landes. Eine autoritäre Regierungsform allein oder der Besitz von Massenvernichtungswaffen allein, solange sie nicht gegen andere angewendet werden (z.B. China, Pakistan, Israel u.a.), ist noch kein ausreichender Grund für eine Intervention. Die UNO ist gedacht als eine Art „Verfassung“ der internationalen Gemeinschaft und eine von den einzelnen Staaten unabhängige Autorität, um Menschenrechte und Frieden für und erforderlichenfalls auch gegen jeden Einzelstaat zu vertreten und durchzusetzen.

    Nur eine stärkere Autorität der UNO bietet eine Perspektive für eine stärkere Durchsetzung der Menschenrechte für alle und für mehr Frieden und Gerechtigkeit.

    Ein Rechtssystem hat nur Bestand, wenn es für alle gleich gilt und Entscheidungen in Konfliktfällen von den Interessen der Mächtigen unabhängig getroffen und auch durchgesetzt werden können.

    Die US-Regierung stellt sich in einer bisher nicht dagewesenen Art außerhalb des Völkerrechtssystems der UNO und strebt ein Weltsystem mit amerikanischer Dominanz aufgebaut auf weltweiten „Freund-Feind“-Schemata an (Siehe dazu im Anhang den Bericht von Jochen Bölsche im Spiegel-Online vom 04.03.2003). Ein solches System ist einem demokratischen Legalitätssystem direkt entgegengesetzt. Es hat im wesentlichen denselben Charakter wie ein innerstaatliches totalitäres System, wo ebenfalls allgemein verbindliche Normen und Menschenrechte zugunsten der Ausrichtung nach „Für oder Gegen uns“-, „Kooperiert oder Kooperiert nicht“ – Kriterien zurücktreten. Wenn ein solches System auf der internationalen Ebene die Oberhand gewinnt, sind auch die demokratischen Systeme auf nationaler Ebene gefährdet. Es dürfte nicht schwer fallen, diese Elemente in der Sprache der Regierung Bush und in der konkreten US-Außenpolitik zu erkennen. An die Stelle von offener sachlicher Information tritt Propaganda und Manipulation der öffentlichen Meinung, an die Stelle von fairem, partnerschaftlichem Dialog die Abwertung und Bedrohung Andersdenkender und massivste Interventionen. Anstatt wie bei rechtsstaatlichen Verfahren genügend Zeit für intensive Auseinandersetzung und differenzierte Betrachtung zu geben oder auch eine Wandlungsfähigkeit des Gegenübers in Betracht zu ziehen wird vergleichbar wie bei einer Lynchjustiz oder bei Schnellverfahren, wie sie in totalitären Systemen üblich sind, ein immenser Zeitdruck aufgebaut. Zusätzlich wird durch entsprechende Dämonisierung des Gegners Aufregung, Angst, Haß und Feindseligkeit künstlich geschürt und die Vernichtung des Feindes als höchstes Ziel propagiert.

    Es ist erschreckend zu sehen, daß die Regierungen der USA und von Großbrittanien, zweier Länder, die von vielen als Hort der parlamentarischen Demokratie gesehen werden, solche totalitäre Vorgangsweisen wählen und damit das Völkerrechtssystem der UNO derart beschädigen können.

    Nur wenn unser Land und viele andere Länder auch ihre Stimmen dagegen erheben, kann die friedensstiftende Autorität der UNO und die Gültigkeit der UNO-Charta erhalten werden. Tun sie dies nicht, sind sie unmittelbar mitverantwortlich, wenn statt dessen auf internationaler Ebene „gesetzlos“, nach dem Recht des Stärkeren und mit „Freund-Feind“-Schemata agiert wird.

    Wenn es so wie bisher weitergeht, ist in den USA auch die Demokratie selbst bedroht. Gerade wegen der dort konzentrierten politischen, militärischen und wirtschaftlichen Macht wird Demokratie weltweit sehr mit der Qualität der US-Demokratie und ein offenes politisches internationales System sehr mit dem Erhalt eines offenen Gesellschaftssystems in den USA zusammenhängen. Heute sind wir alle derartig eng miteinander vernetzt, daß uns keine Entwicklung in einem anderen Land mehr gleichgültig bleiben kann, weil sie unmittelbare Auswirkung auf unser Leben hat. Wenn ein Land von totalitären Tendenzen befallen ist, sollten wir dieses Land wie einen Kranken sehen, der unsere Hilfe braucht. Ein furchtloser, klarer und respektvoller Widerspruch, ohne sich dabei in einen Machtkampf verwickeln zu lassen, kann eine der wichtigsten Hilfen sein, weil der Kranke vielleicht sonst gar nicht merkt, daß er krank ist und er sich mehr mit sich selbst beschäftigen sollte. Wie bei einzelnen Menschen, Gruppen, Organisationen oder Unternehmen führen auch bei Staaten oft ungelöste Probleme im Inneren zu Aggressivität nach außen. Es braucht eine internationale Staatengemeinschaft mit entsprechender Organisation, mit integrativer Kraft und einer über allen Staaten stehenden Autorität, um dagegen Grenzen zu setzen. Wenn statt dessen die USA oder auch andere sich nach Bedarf Vasallensysteme aufbauen und nach ihrem Belieben Staaten bekriegen können, ohne noch äußere Beschränkungen vorzufinden, sind für unsere Zukunft und die unserer Kinder die Weichen für eine Horrorwelt des Terrors und Gegenterrors gestellt, wie wir sie schon aus den Berichten über Israel und Palästina kennen. Dieser Horror hängt eng damit zusammen, daß hier schon mehrere Jahrzehnte das Korrektivsystem der UNO wegen des ständigen Vetos der USA nicht wirken konnte und weiterhin nicht wirken kann.

    Damit eine solche über allen Staaten stehende Autorität sich erhalten und weiterentwickeln kann, muß innerhalb der internationalen Gemeinschaft mit aller Kraft für faire Partnerschaft und Partizipation für alle Staaten gekämpft und eine Atmosphäre von ehrlicher Freundschaft mit allen Völkern aufgebaut werden. Offene, respektvolle Kritik sollte wie in guten innerstaatlichen demokratischen Systemen möglich sein. Ein solcher Rahmen ist unverzichtbar, um Perspektiven für die Lösung der immensen Probleme unserer Welt entwickeln und erhalten zu können.

    Abschließend möchte ich auf Ihre mehrfache Verantwortung und Verpflichtung zum Handeln hinweisen:
    Erstens hat gerade eine Kleinstaat wie Österreich ein vitales Interesse an der Erhaltung und dem Ausbau der Autorität der UNO, was international deutlich zu vertreten Ihre Pflicht ist,
    und zweitens hat Ihr Handeln im Namen Österreichs auf der internationalen Ebene eine äußerst wichtige identitätsstiftende Vorbildfunktion für die ganze österreichische Bevölkerung: Wenn Sie sich feige verhalten, machen Sie Österreich international zu einem Land der Feiglinge, wenn Sie sich mutig zeigen, wird ganz Österreich sich mutig fühlen und auf seine Repräsentanten stolz sein können.

    Ich möchte Sie nun in diesem Sinne ersuchen, ja als gewählte Vertreter des österreichischen Volkes auffordern, ihre Stimme in der Weltöffentlichkeit zu

    erheben und eine internationale Initiative in diesem Sinne zu ergreifen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Markus Distelberger

    PS.: Ich bitte Sie, zu entschuldigen, wenn mir eventuell von Ihnen bereits in diesem Sinne abgegebenen Erklärungen entgangen sind und bitte Sie, mir diese zu übermitteln.

    Mediator Dr. Markus Distelberger
    Jubiläumsstraße 1, A-3130 Herzogenburg
    Tel. 0043-2782-824 44
    Fax.0043-2782-829 29
    E-Mail: ra.distelberger@telering.at
    Mediator Dr. Markus Distelberger
    Jubiläumsstraße 1, A-3130 Herzogenburg
    Tel. 0043-2782-824 44
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