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Österreichs Drohnenmorde

Erstellt am 28.06.2021 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 6790 mal gelesen und am 07.07.2021 zuletzt geändert.

Königswarte: „Österreich leistet Beihilfe zum Drohnenmord“

Klaus Schreiner, laut solidarwerkstatt.at

Die solidarwerkstatt führte jüngst ein Interview mit, einem Tiroler Aktivisten, der mit einer Kunstblutaktion darauf aufmerksam machte, dass Österreich mit der Abhörstation Königswarte Zieldaten für das US-Drohnenmordprogramm liefert. Dafür drohe ihm nun eine Strafe von über 10.000 Euro.

Werkstatt Blatt: Du hast am 26.10.2020 Kunstblut auf Parabolspiegel der Königswarte, eine Abhörstation des Heeresnachrichtenamtes in Hainburg, geworfen. Was war deine Motivation für diesen Akt zivilen Ungehorsams?

Klaus Schreiner: Dieser Tat ging eine lange Zeit der Beschäftigung mit der Rolle der Königswarte in Hainburg voraus. Der FM4-Journalist Erich Möchel hat dazu bereits sehr viel recherchiert.

Die Königswarte wurde in den 50er Jahren mit dem Geld US-amerikanischer Geheimdienste in Hainburg, direkt an der slowakischen Grenze errichtet, um mit damit den Telefon- und Funkverkehr der Warschauer Vertrags-Staaten zu belauschen und diese Daten an die USA weiterzugeben. Das war natürlich schon damals mit der österreichischen Neutralität unvereinbar.

Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion hat sich die Rolle der Königswarte geändert. Nun werden vor allem Kommunikationssatelliten im

  • arabischen,
  • nordafrikanischen Raum,
  • in Russland,
  • der Schiffsverkehr im Mittelmeer

abgehört. Diese Metadaten werden an ausländische Geheimdienste wie CIA, NSA und BND eins zu eins weitergeben. Die CIA erstellt dann mit Hilfe ihrer Software Skynet Listen von in ihrem Sinn „Verdächtigten“. Daraus entstehen die Kill-Listen, die wöchentlich dem US-Präsidenten vorgelegt werden. Wenn dieser sie abgesegnet hat, werden die militärischen Drohnen mit diesen Zieldaten gefüttert und sind damit Grundlage der Killerdrohnenattacken der USA, die sich in den letzten beiden Jahrzehnten immer stärker ausgeweitet haben.
Begonnen haben dieser Killerdrohnenprogramme unter Bush jun 2001. Dieser ließ in seiner Amtszeit 55 solcher Drohnenangriffe starten.

In der Zeit Obamas verzehnfachte sich diese Zahl auf 550. Und

Trump ließ in den ersten drei Jahren seiner Amtszeit 4.580 Angriffe allein in Afghanistan durchführen.

Darüber hinaus werden solche Killerdrohnen in

  • Somalia,
  • Mali,
  • Jemen,
  • Irak,
  • Syrien und
  • Pakistan

eingesetzt.

2019 gaben die USA neun Milliarden Dollar für diese militärischen Drohnenprogramme aus.

Diese Angriffe sind

  • menschenverachtend und
  • illegal.

Es wird gemordet

  • ohne Gerichtsverfahren und
  • Beweise.

Sie verstoßen gegen die Menschenrechte und

  • gegen internationales Völkerrecht.
  • Das sind Kriegsverbrechen.
  • Gemordet wird unter dem Vorwand des „war on terror“.

Doch in Wirklichkeit sind es nicht Terrorbekämpfungs- sondern Terrorerzeugungsprogramme.

98% der Ermordeten sind unbeteiligten ZivilistInnen – sog. „Kollateralschäden“. Das radikalisiert die Menschen und erzeugt eine Spirale der Gewalt.

Mit der Bereitstellung von Zieldaten über die Königswarte

  • verstößt Österreich gegen seine in der Verfassung verankerte Neutralität,
  • macht sich mitschuldig an der Ermordung zehntausender unschuldiger Menschen und
  • gefährdet die Sicherheit der Menschen in Österreich. Denn die Hinterbliebenen der Opfer registrieren durchaus, wer diese Beihilfe zum Drohnenmord leistet.
  • Damit geraten auch die Menschen in Österreich ins Visier von Terroranschlägen.

Werkstatt-Blatt: Was hast du genau gemacht und was waren die Folgen?

Klaus Schreiner: Bevor ich mich zu dieser Kunstblut-Aktion entschloss, habe ich mich an 45 offizielle Stellen der österreichischen Politik und Verwaltung gerichtet und sie über die schändliche Rolle der Königswarte informiert und aufgefordert, diese Beihilfe zum Mord zu beenden. An

  • Kanzlerin Bierlein,
  • an Kanzler Kurz,
  • an die Minister dieser Regierung,
  • an Bundespräsident Van der Bellen, an die Heeresgeheimdienste uva.
  • Ich habe diese illegale Beilhilfe zum Mord bei Staatsanwaltschaft und Landespolizeidirektionen angezeigt.

Die Reaktion: Null. Ich entschloss mit daher zu einem Akt des zivilen Ungehorsams, um auf diese Schande öffentlich aufmerksam zu machen. Am 26. Oktober 2020, dem Jahrestag der Beschlussfassung der österreichischen Neutralität, warf ich mit Kunstblut gefüllte Luftballons auf einen Parabolspiegel der Königswarte.

Dazu muss man wissen, dass Kunstblut in Wasser löslich und abwaschbar ist. Dadurch entsteht also kein Schaden. Die Kriminalpolizei hat das in einem Gutachten sogar bestätigt. Doch das Gericht wollte offensichtlich ein Exempel statuieren, um einen Kritiker mundtot zu machen. Das Gutachten der Kriminalpolizei wurde ignoriert und ausschließlich den Aussagen der Mitarbeiter des Heeresgeheimdienstes Glauben geschenkt. Diese behaupteten, das Kunstblut hätte sich in den Parabolspiegel eingeätzt und einen Schaden von rund 9.500 Euro erzeugt. Es gibt weder ein Gutachten, das das bestätigt, noch Rechnungen, die dies belegen würden. Mir wird also „schwere Sachbeschädigung“ zur Last gelegt. Darauf stehen bis zu drei Jahre Haft.
Aufgrund meiner Unbescholtenheit und des „fehlenden Motivs“ bekam ich eine Strafe von 720 Euro, davon 400 Euro unbedingt und 320 Euro auf zwei Jahre bedingt zusätzlich ca. € 150,– an Gerichtskosten.

In Summe müsste ich für diese Aktion, mit der ich auf die Beihilfe Österreichs zum US-Drohnenmordprogramm aufmerksam machte, also 10.050,00 Euro zahlen.

Koenigswarte Aktion

Werkstatt-Blatt:
Wie gehst du mit diesem Urteil um.
Was wirst du nun weiter tun?

Klaus Schreiner: Mein Anwalt wird gegen alles Berufung einlegen. Ich versuche diese Verleumdung aufzuklären und die Realität der Öffentlichkeit näher zu bringen.
Man muss sich vorstellen:

  • 2013 wurde die Königswarte um mindestens 150 Millionen Euro runderneuert.
  • Die jährlichen Betriebskosten werden auf 10 bis 20 Millionen Euro geschätzt.
  • Der Heeresgeheimdienst betreibt auf Kosten der österreichischen Steuerzahler eine der modernsten Abhörstation in Europa, um damit die österreichische Neutralität mit Füßen zu treten, indem die Daten für Drohnenmordprogramme zur Verfügung gestellt werden, die in jeder Hinsicht gegen Menschen- und Völkerrecht verstoßen.

Auch wenn es von der Dimension natürlich nicht vergleichbar ist, so ähnelt es doch der Vorgehensweise gegen Julian Assange. Verfolgt und bestraft werden die Kritiker, die auf das Verbrechen aufmerksam machen, und nicht die Täter, die das Verbrechen begehen.

(aus Werkstatt-Blatt 2021/1)

 

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