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Warum Faschismus und Nationalsozialismus keine Meinung sondern ein Verbrechen sind in Österreich

Erstellt am 09.02.2024 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 497 mal gelesen und am 09.02.2024 zuletzt geändert.

Seit 2024 ist das neue „Verbotsgesetz“ in Kraft

Alle aufrechten, demokratisch und rechtsstaatlich gesinnten Menschen sollten es kennen, die I. Republik Österreich und die Weimarer Republik, die Republiken in Ungarn, Italien und Spanien gingen an schweren politischen Versäumnissen zu Grunde.

Warum – Nie wieder?

1934 Zerstörtes Arbeitheim in Ottakring

Ab 1918 griffen rechtsgerichtete Kreise die Pazifisten als Landesverräter an und schufen ein innenpolitisches Klima in dem sie Pazifisten wie Eisner ermordeten oder Attentate auf sie verübten wurden. Auch gegen Professoren und Intellektuelle mit pazifistischen Ansichten wie Albert Einstein oder den Wiener Friedensnobelpreisträger von 1911 Alfred H. Fried agitierten rechtsextre Studenten und Professoren wie Wichtl in Wien.*

Nachdem der Hitlerputsch 1923 scheitere. Wählte Hitler eine neue Doppelstrategie die SA tastete sich mit Gewalt im öffentlichen Raum an die Grenzen des Rechtsstaates in der Weimarer Republik heran. Hitler versuchte mit einer Legalitätstakik über Demagogie an die Macht zu kommen.

Nazi Goebbels beschreibt diese Strategie der neuen und alten Rechtsextremen 1928 wie folgt:

Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen. Wir werden Reichstagsabgeordnete, um die Weimarer Gesinnung mit ihrer eigenen Unterstützung lahmzulegen. Wenn die Demokratie so dumm ist, uns für diesen Bärendienst Freifahrkarten und Diäten zu geben, so ist das ihre eigene Sache. Wir zerbrechen uns darüber nicht den Kopf. Uns ist jedes gesetzliche Mittel recht, den Zustand von heute zu revolutionieren. […] Wir kommen nicht als Freunde, auch nicht als Neutrale. Wir kommen als Feinde! Wie der Wolf in die Schafherde einbricht, so kommen wir.

Was wollen wir im Reichstag?, in: Der Angriff vom 30. April 1928; Nachdruck in: Joseph Goebbels (Autor),
Hans Schwarz van Berk (Hrsg.): Der Angriff, Aufsätze aus der Kampfzeit, Franz Eher Nachf., München 1935, S. 71 u. S. 73

Hitler war damit zunächst bis zur Wirtschaftskrise 1929 erfolglos.

In Österreich begann der Wiederaufstieg der neuen Rechten aus dem deutschnationalen Flügel der FPÖ am 13. September 1986. Beim Parteitag in Innsbruck wurde der liberale Steger als Vorsitzenden der FPÖ von Haider abgelöst.[5]  Hauptthemen seiner Wahlreden waren Privilegienabbau und Kritik an den herrschenden politischen Verhältnissen. Im Inlandsreport 1988 bezeichnete er die österreichische Nation als eine „ideologische Missgeburt.“ Haider 13. Juni 1991: „Na, das hat’s im Dritten Reich nicht gegeben, weil im Dritten Reich haben sie ordentliche Beschäftigungspolitik gemacht, was nicht einmal Ihre Regierung in Wien zusammenbringt. Das muss man auch einmal sagen.“ Die Parteichefs der FPÖ sind seither über ihre eigenen Schwächen (Autounfall und Ibizzaskandal) gestürzt. Nach den jüngsten weltweiten Multikrisen (Klima, Corona, Kriege, Massenflucht und Inflation) ist das Klima für die „Neue Rechte“ wieder gedeihlicher. Die Parteien im linken und mittleren Spektrum könnten die Kontinentaldrift zwischen global agierenden Milliardär*innen und lokal arbeitenden Menschen vorerst weder auf Europaebene und schon gar nicht auf der nationalen Ebene bekämpfen.

Einführungserlass vom 10. Jänner 2024 zum Bundesgesetz Verbotsgesetz-Novelle 2023

Im BGBl. I Nr. 177/2023 wurde das Verbotsgesetz 1947, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Abzeichengesetz 1960, das Uniform-Verbotsgesetz und das Symbole-Gesetz geändert. Das Bundesgesetz wurde am 30. Dezember 2023 kundgemacht (BGBl. I Nr. 177/2023) und ist am 1.1.2024 in Kraft getreten.

1. Übersicht über das Verbotsgesetz 2024

Das Verbotsgesetz trat als Verfassungsgesetz vom 8. Mai 1945 über das Verbot der NSDAP (VerbotsG) laut Bundesgesetzblatt Nr. 13/1945, trat in seiner Stammfassung mit 6. Juni 1945 in Kraft. Mit dem Bundesverfassungsgesetz vom 6. Februar 1947 über die Behandlung der Nationalsozialisten, kurz dem „Nationalsozialistengesetz“ (BGBl. Nr. 25/1947), wurden die meisten der heute noch geltenden Straftatbestände, nämlich die Paragrafen 3a bis 3g des Verbotsgesetzes, eingeführt. Mit der VerbotsG-Novelle 1992 (Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Verbotsgesetz geändert wird, BGBl. Nr. 148/1992) schließlich wurden die § 3h VerbotsG als neuer Tatbestand in das Gesetz aufgenommen und § 3g VerbotsG wesentlich überarbeitet. Seit dem Jahr 1992 sind bis 2023 keine Änderungen mehr an dem Gesetz vorgenommen worden. Nun wurde

Das Verbotsgesetz 2024 verschärft und homosexuelle Opfer der Nazis bekommen einen Entschädigungsanspruch

Wer nationalsozialistische oder andere in Österreich verbotene Symbole – etwa der Hamas – verbreitet bzw. trägt, muss künftig mit deutlich höheren Strafen rechnen.

Die Novelle des Verbotsgesetzes ist bereits im Nationalrat beschlossen worden. Neben der Erhöhung der Strafen wird künftig:

  • jegliches – und nicht nur „gröbliches“ – Verharmlosen des Holocaust und
  • anderer nationalsozialistischer Gräuel strafbar sein.
  • Ebenso wird die Ahndung von im Ausland begangenen Delikten und das Einziehen von NS-Devotionalien erleichtert.

Am 1. Februar 2024 in Kraft tritt auch ein Gesetz, mit dem all jene Verurteilungen von Homosexuellen aufgehoben werden, die aufgrund von einvernehmlichen gleichgeschlechtlichen Handlungen ergangen sind, wenn sie bei verschieden geschlechtlicher Begehung nicht strafbar gewesen wären. Entschädigungen gibt es, wenn die Betroffenen ins Gefängnis oder schwerwiegende soziale Nachteile wie etwa den Verlust ihres Arbeitsplatzes hinnehmen mussten.

Entschädigung von 3.000 Euro

Betroffene erhalten einen Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 3.000 Euro pro aufgehobenem Urteil bzw. 500 Euro für jedes eingeleitete und später eingestellte Ermittlungsverfahren. Zusätzlich bekommen sie 1.500 Euro für jedes angefangene, aufgrund einer Verurteilung oder eines Ermittlungsverfahrens erlittene Jahr Freiheitsentziehung. Wer darüber hinaus durch das Verfahren wirtschaftlich, beruflich oder gesundheitlich besonders benachteiligt war, erhält außerdem einmalig 1.500 Euro. Anträge auf Entschädigung müssen bis 31. Dezember 2033 beim zuständigen Gericht geltend gemacht werden.

2024 Entfernungsanordnungen bei Fällen von Hass im Netz besser durchsetzbar

Ab 17. Februar 2024 anzuwenden ist die EU-Verordnung über digitale Dienste (Digital Services Act/DSA). Mit ihr werden künftig die Aktivitäten von Anbietern digitaler Dienste innerhalb der EU detailliert geregelt Für Österreich fehlte allerdings noch die konkrete Begleitgesetzgebung. Laut einem Begutachtungsentwurf soll für die Einhaltung des DSA für Vermittlungsdienste in Österreich die Regulierungsbehörde Komm Austria zuständig sein.

Durch die Regelung sollen Entfernungsanordnungen bei Fällen von Hass im Netz besser durchsetzbar sein. Außerdem soll eine Rechtsgrundlage für immateriellen Schadenersatz bei Ehrenbeleidigungen in einem elektronischen Kommunikationsnetz geschaffen werden. Doch nun das

Verbotsgesetz 2024 in Kürze

§ 1. „Die NSDAP, ihre Wehrverbände (SS, SA, NSKK, NSFK), ihre Gliederungen und angeschlossenen Verbände sowie alle nationalsozialistischen Organisationen und Einrichtungen überhaupt sind aufgelöst; ihre Neubildung ist verboten. …“

https://www.domradio.de/artikel/historiker-suess-ueber-das-nsdap-verbot-und-nazi-gedankengut-heute

§ 2. „Mandate der Mitglieder von Gebietskörperschaften oder
Berufsvertretungen, die unmittelbar oder mittelbar auf Grund von
Vorschlägen der NSDAP, der in § 1 genannten Organisationen und
Einrichtungen oder ihrer Mitglieder erlangt worden sind, sind
erloschen.“

https://www.entnazifizierung.at/

§ 3. „Es ist jedermann untersagt, sich, sei es auch außerhalb dieser Organisationen, für die NSDAP oder ihre Ziele irgendwie zu betätigen.“

Ziele der NSDAP

Die Nazi-Partei, hatte eine Vielzahl von Zielen, die in ihrem Programm, dem sogenannten „25-Punkte-Programm„, von 1920 festgehalten wurden. Hier sind einige der wichtigsten Ziele der NSDAP:

  1. Nationalismus: Die NSDAP betonte einen starken deutschen Nationalismus und propagierte die Idee, dass das deutsche Volk überlegen sei.
  2. Rassismus: Die Nazis vertraten die rassistische Ideologie, dass das „arische“ Volk als überlegen angesehen wurde, während andere als minderwertig betrachtet wurden, insbesondere Juden, Sinti und Roma, sowie Menschen anderer ethnischer und religiöser Gruppen.
  3. Antisemitismus: Die NSDAP war stark antisemitisch und propagierte die Ablehnung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung. Dies führte später während der Herrschaft der Nazis zu systematischen Verfolgungen, Diskriminierungen und dem Holocaust.
  4. Antikommunismus: Die NSDAP lehnte den Kommunismus ab und bekämpfte politische Gegner, insbesondere die Kommunisten.
  5. Totalitarismus: Die Nazis strebten nach einer totalitären Kontrolle des Staates und der Gesellschaft, in der alle Aspekte des Lebens durch den Staat gelenkt werden sollten.
  6. Expansionismus: Die NSDAP verfolgte territorialen Expansionismus und strebte an, „Lebensraum“ für das deutsche Volk zu schaffen, was letztendlich zu Aggressionen und Angriffen auf andere Länder führte.
  7. Autarkie: Die Nazis strebten wirtschaftliche Autarkie an, um unabhängig von anderen Ländern zu sein.

Bekanntlich setze die NSDAP ihre Ziele durch extreme Gewalt, Unterdrückung und systematische Verletzungen der Menschenrechte um, was zu den schrecklichen Ereignissen des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust führte.

§ 3a. >>Eines Verbrechens macht sich schuldig und wird mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung auch mit lebenslanger
Freiheitsstrafe bestraft:

1. „wer versucht, eine gesetzlich aufgelöste nationalsozialistische Organisation aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen oder mit einer solchen Organisation oder einer in ihrem Namen handelnden
Person in Verbindung zu treten; als nationalsozialistische Organisationen (§ 1) gelten: die NSDAP, die SS, die SA, das NSKK, das NSFK, der NS-Soldatenring, der NS-Offiziersbund, alle sonstigen
Gliederungen der NSDAP und die ihr angeschlossenen Verbände sowie jede andere nationalsozialistische Organisation;“

Küssel 2008
Martin Sellner sult sich in seiner Negativ-PR es gilt natürlich die Unschuldsvermutung

Es ist bekannt das Martin Sellner der Chef der Identitären in Österreich und der eine nachweisliche Verbindung zu Gottfried Heinrich Küssel hatte den Staatsschutz und die Gerichte interessieren müssten.  Küssel ist österreichischer Holocaustleugnerrechtsextremer Publizist und eine Schlüsselfigur der österreichischen und deutschen Neonaziszene. Er wurde vor allem für seine Führerschaft der „Volkstreuen außerparlamentarischen Opposition“ (VAPO) bekannt und unter anderem auch deshalb zu elf Jahren Freiheitsstrafe wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt. Küssel wurde am 11. April 2011 im Zusammenhang mit den Ermittlungen um die neonazistische Website Alpen-Donau.info erneut unter dem Verdacht von Verbrechen nach §§ 3a ff. Verbotsgesetz und des Vergehens der Verhetzung festgenommen. Der anschließende Prozess endete mit einem Schuldspruch und einer Haftstrafe von sieben Jahren und neun Monaten.

2. „wer eine Verbindung gründet, deren Zweck es ist, durch Betätigung ihrer Mitglieder im nationalsozialistischen Sinn die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Republik Österreich zu
untergraben oder die öffentliche Ruhe und den Wiederaufbau Österreichs zu stören, oder wer sich in einer Verbindung dieser Art führend betätigt;“

Nazilieder singen ist ja zumindest in Niederösterreich salonfähig. Wo kein Kläger da kein Richter?

https://zackzack.at/2022/05/27/erneut-ermittlungen-gegen-niederoesterreichs-landesrat-waldhaeusl

3. „wer den Ausbau einer der in der Z. 1 und der Z. 2 bezeichneten Organisationen und Verbindungen durch Anwerbung von Mitgliedern, Bereitstellung von Geldmitteln oder in ähnlicher Weise fördert, die
Mitglieder einer solchen Organisation oder Verbindung mit Kampfmitteln, Verkehrsmitteln oder Einrichtungen zur Nachrichtenübermittlung ausrüstet oder in ähnlicher Weise die Tätigkeit einer solchen Organisation oder Verbindung ermöglicht oder unterstützt;“

4. „wer für eine solche Organisation oder Verbindung Kampfmittel, Verkehrsmittel oder Einrichtungen zur Nachrichtenübermittlung herstellt, sich verschafft oder bereithält.“

Quelle: § 3a 1.-4. Verbotsgesetz

Strafandrohungen laut Verbotsgesetz für nationalsozialistische Wiederbetätigung oder im Sinne seiner Ziele

§ 3b. „Wer an einer Organisation oder Verbindung der in § 3a bezeichneten Art teilnimmt oder sie durch Geldzuwendungen oder in anderer Weise unterstützt, wird, wenn die Handlung nicht nach § 3a
strafbar ist, wegen Verbrechens mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu zehn Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung bis zu zwanzig Jahren, bestraft.“

https://kurier.at/politik/inland/kickls-kabinettschef-hatte-intensiven-kontakt-zu-sellner/400612604

https://www.derstandard.at/story/3000000204963/martin-sellners-rechtsextremes-geheimtreffen-mit-folgen

https://www.derstandard.at/story/3000000204883/die-engen-netzwerke-von-afd-fpoe-und-identitaeren

§ 3c. „Die Strafbarkeit der in den §§ 3a und 3b bezeichneten Handlungen erlischt, wenn der Schuldige aus eigenem Antrieb, ehe die Behörde sein Verschulden erfährt, alles, was ihm von der Organisation oder Verbindung und ihren Plänen bekannt ist, zu einer Zeit, da es noch geheim war und ein Schaden verhütet werden konnte, der Behörde entdeckt.“

§ 3d. „Wer öffentlich oder vor mehreren Leuten, in Druckwerken, verbreiteten Schriften oder bildlichen Darstellungen zu einer der nach § 1 oder § 3 verbotenen Handlungen auffordert, aneifert oder zu verleiten sucht, insbesondere zu diesem Zweck die Ziele der NSDAP, ihre Einrichtungen oder Maßnahmen verherrlicht oder anpreist, wird, sofern sich darin nicht ein schwerer verpöntes Verbrechen darstellt, mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu zehn Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung bis zu zwanzig Jahren, bestraft.“

§ 3e. (1) „Wer die Begehung eines Mordes, eines Raubes, einer Brandlegung, eines Verbrechens nach §§ 85, 87 oder 89 des Strafgesetzes oder eines Verbrechens nach § 4 des Sprengstoffgesetzes als Mittel der Betätigung im nationalsozialistischen Sinn mit einem anderen verabredet, wird mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung auch mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Nach Abs. (1) wird nicht bestraft, wer sich in eine Verabredung der dort bezeichneten Art eingelassen hat, in der Folge aber aus eigenem Antrieb, ehe die Behörde sein Verschulden erfährt, alles, was ihm von der Verabredung bekannt ist, der Behörde zu einer Zeit entdeckt, da es noch geheim war und das beabsichtigte Verbrechen verhütet werden konnte.“

§ 3f. Wer einen Mord, einen Raub, eine Brandlegung, ein Verbrechen nach §§ 85, 87 oder 89 des Strafgesetzes oder ein Verbrechen nach § 4 des Sprengstoffgesetzes als Mittel der Betätigung im
nationalsozialistischen Sinn versucht oder vollbringt, wird mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung auch mit lebenslanger
Freiheitsstrafe bestraft.

§ 3g. Wer sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, wird, sofern die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung strenger strafbar ist, mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung bis zu 20 Jahren bestraft.

§ 3h. Nach § 3g wird auch bestraft, wer in einem Druckwerk, im Rundfunk oder in einem anderen Medium oder wer sonst öffentlich auf eine Weise, daß es vielen Menschen zugänglich wird, den
nationalsozialistischen Völkermord oder andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht.

§ 3i. Wer von einem Unternehmen der in §§ 3a, 3b, 3d oder 3e bezeichneten Art oder von einer Person, die sich in ein solches Unternehmen eingelassen hat, zu einer Zeit, in der ein Schaden verhütet werden konnte, glaubhafte Kenntnis erhält und es vorsätzlich unterläßt, der Behörde Anzeige zu erstatten, obgleich er sie machen konnte, ohne sich, seine Angehörigen (§ 216 St. G.) oder unter seinem gesetzlichen Schutze stehende Personen einer Gefahr auszusetzen, wird mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren bestraft.

§ 3j. Die Hauptverhandlung und Urteilsfällung wegen der in den §§ 3a bis 3i bezeichneten Verbrechen obliegt dem Geschworenengericht.

Beachte

NS-Amnestie in Östereich 1957

Gem. Art. I § 1 Abs. 1 BVG, BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957) finden ab dessen Inkrafttreten Verzeichnungen in den besonderen Listen gem. § 4 VerbotsG 1947 nicht mehr statt.

Artikel II: Registrierung der Nationalsozialisten.

§ 4. (1) Alle Personen, die ihren ordentlichen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Gebiet der Republik Österreich haben und – wenn auch nur zeitweise – zwischen dem 1. Juli 1933 und dem
27. April 1945

a) der NSDAP oder ihren Wehrverbänden SS oder SA oder

b) dem NS-Soldatenring oder dem NS-Offiziersbund angehört haben
oder

c) Führer in den Wehrverbänden NSKK oder NSFK vom Untersturmführer oder Gleichgestellten aufwärts oder Funktionäre in einer sonstigen Gliederung, Organisation oder in einem sonstigen
angeschlossenen Verband von dem einem Ortsgruppenleiter der NSDAP entsprechenden Rang aufwärts oder Angehörige der Gestapo oder des SD waren, werden in besonderen Listen verzeichnet.
Desgleichen werden verzeichnet

d) Verfasser von Druckschriften jedweder Art oder von Filmdrehbüchern, die von der beim Bundesministerium für Unterricht gebildeten Kommission wegen ihres nationalsozialistischen Gehaltes als verbotene Werke erklärt wurden,

e) Leiter von industriellen, finanziellen und sonstigen wirtschaftlichen Unternehmungen, die nach amtlichen und gehörig belegten Berichten der zuständigen Standesvertretungen, der Gewerkschaften oder der Parteien von der im § 7 genannten Kommission für schuldig befunden wurden, tatkräftig an der Erreichung der Ziele der NSDAP oder ihrer angeschlossenen
Organisationen mitgearbeitet, die Grundsätze des Nationalsozialismus unterstützt, für diese Propaganda gemacht oder nationalsozialistische Organisationen oder ihr Tätigkeiten
finanziert und durch eine dieser Handlungen die Interessen eines unabhängigen und demokratischen Österreich geschädigt zuhaben.

(3) Die Dauer des die Registrierungspflicht begründenden Zustandes, Parteiauszeichnungen, Funktionen sowie die besonderen mit Rechtsfolgen verbundenen Umstände, insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe (§ 17), sind in den Listen besonders zu vermerken.

(4) Durch Verordnung kann bestimmt werden, welche Personen als
Funktionäre im Sinne dieses Verfassungsgesetzes anzusehen sind.

(5) Von der Verzeichnung gemäß Abs. (1) sind ausgenommen:

a) Parteianwärter, deren Aufnahme in die NSDAP aus politischen
Gründen abgelehnt wurde, soweit dies von der im § 7 genannten
Kommission auf Grund der vorgebrachten Beweise mit Bescheid
festgestellt worden ist;

b) Parteimitglieder, Angehörige der SA und Parteianwärter, die aus
politischen Gründen vor dem 1. Jänner 1945 ausgeschlossen
wurden und dagegen keine Berufung eingelegt haben oder vor dem
1. Jänner 1944 ausgetreten sind;

c) Parteimitglieder und Parteianwärter, die sich aus politischen
Gründen während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft
entweder in gerichtlicher oder polizeilicher Haft von
mindestens einem Monat befunden haben oder die beweisen können,
daß sie durch gerichtliche oder staatspolizeiliche Maßnahmen
aus solchen Gründen größere Schädigungen erlitten haben, sofern
sie sich nicht später im Sinne der NSDAP betätigt haben;

d) Personen, die lediglich einer Betriebs-SA oder
SA-Wehrmannschaft angehört haben, ohne eine Funktion vom
Untersturmführer oder Gleichgestellten aufwärts bekleidet zu
haben;

e) Personen, denen die Provisorische Staatsregierung eine Ausnahme
von der Behandlung nach den Bestimmungen des Artikels II
zugebilligt hat;

f) Personen, die nachweisen können, daß sie mit der Waffe in der
Hand in den Reihen der alliierten Armeen gekämpft haben.

Beachte
Gem. Art. I § 1 Abs. 1 BVG BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957) finden ab dessen Inkrafttreten Anmeldungen zur Verzeichnung nach § 5 VerbotsG 1947 nicht mehr statt.

§ 5. (1) Jeder nach § 4 zu Verzeichnende hat die Anmeldung selbst
zu erstatten. Jedermann, jede Behörde und jede Körperschaft des
öffentlichen Rechtes ist zur Auskunftserteilung verpflichtet.

(2) Registrierungspflichtige, die ihren Wohnsitz innerhalb der
Republik Österreich seit 13. März 1938 gewechselt haben, sind
verpflichtet, alle Anschriften bei der Anmeldung anzugeben.

(3) Die Registrierungsbehörde ist verpflichtet, die Anmeldung den
Registrierungsbehörden mitzuteilen, die für die früheren Wohnsitze
zuständig waren. Diese Mitteilungen sind den Verzeichnissen nach
Abs. (1) als Anhang anzuschließen.

Beachte

Gem. Art. I § 1 Abs. 2 BVG, BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957)
entfällt die öffentliche Auflegung der Registrierungslisten.

§ 6. Die Listen sind nach Ortsgemeinden, in Wien und anderen
großen Städten nach Bezirken, Gassen, beziehungsweise nach
Hausnummern anzulegen. Sie sind öffentlich aufzulegen. Jedermann
kann davon Abschriften herstellen.

§ 7. (1) Außer in den im § 4, Abs. (5), a, erwähnten Fällen kann
wegen der Aufnahme vermeintlich nicht Registrierungspflichtiger oder
der Nichtaufnahme vermeintlich Registrierungspflichtiger jedermann
mündlich oder schriftlich Einspruch und Beschwerde erheben. Dies
gilt auch für Vermerke im Sinne des § 4, Abs. (3). Über Einsprüche
und Beschwerden entscheiden die Verwaltungsbehörden, in letzter
Instanz eine Kommission beim Staatsamt für Inneres, die aus einem
Richter als Vorsitzenden und sechs anderen Mitgliedern besteht, von
denen mindestens zwei die Eignung zum Richteramt haben müssen.

(2) Die in den besonderen Listen nach rechtskräftigem Abschluß des
Registrierungsverfahrens verzeichneten und vermerkten Umstände sind
für alle Gerichte und Verwaltungsbehörden bindend festgestellt, für
die Gerichte jedoch, soweit sie im Strafverfahren nach der
Strafprozeßordnung zu entscheiden haben, nur dann, wenn die
Kommission beim Bundesministerium für Inneres schon entschieden hat.

(3) Ist die Entscheidung eines Gerichtes oder einer
Verwaltungsbehörde von der Feststellung von Umständen abhängig, die
in den besonderen Listen zu verzeichnen oder zu vermerken sind, so
haben diese Behörden ihr Verfahren von Amts wegen bis zur
rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens nach Abs. (1) zu
unterbrechen, zugleich alle ihnen bekanntgewordenen Umstände der
nach Abs. (1) zuständigen Behörde anzuzeigen und erforderlichenfalls
um Einleitung des Verfahrens nach Abs. (1) zu ersuchen. Die
Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens erfolgt auf Antrag oder
von Amts wegen. Diese Bestimmungen gelten nicht für das gerichtliche
Strafverfahren.

(4) Die Registrierungsbehörden haben nach rechtskräftiger
Beendigung des Registrierungsverfahrens auf Antrag oder auf Ersuchen
von Behörden über den Inhalt der Eintragungen in die besonderen
Listen Auszüge aus dem Register zu erteilen sowie
Registrierungskarten auszustellen. Das Nähere über die
Registrierungskarten wird durch Verordnung bestimmt.

Beachte

Gem. Art. III § 12 Abs. 1 Z 1 BVG BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie
1957) ist ein Strafverfahren wegen des Verbrechens nach § 8 des
Verbotsgesetzes 1947 nicht einzuleiten. Gem. Art. III § 12 Abs. 2
BVG, BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957) sind eingeleitete
Strafverfahren einzustellen. Gem. Art. III § 14 Abs. 1 Z 1 BVG,
BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957) sind verhängte Strafen, soweit
sie noch nicht vollstreckt sind, nachgesehen. Gem. Art. III § 15
Abs. 1 Z 2 BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie) gelten verbüßte
Verurteilungen wegen des Verbrechens nach § 8 Verbotsgesetz 1947
als
getilgt.

§ 8. Wer die Anmeldung unterläßt oder über wesentliche Umstände unvollständige oder unrichtige Angaben macht oder etwas unternimmt, um die Aufnahme eines Registrierpflichtigen in die Liste oder die Vornahme eines Vermerkes zu vereiteln oder die Aufnahme eines Nichtregistrierpflichtigen oder eines unrichtigen Vermerkes zu erwirken, macht sich des Verbrechens des Betruges schuldig und ist
hiefür mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

§ 9. Die näheren Vorschriften über die Anlegung und Auflegung der Listen, das hiebei einzuhaltende Verfahren sowie über das Rechtsmittelverfahren werden durch Verordnung getroffen.

Beachte

Gem. Art. III § 12 Abs. 1 Z 2 BVG BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957) ist ein Strafverfahren wegen des Verbrechens nach § 10 Abs. 1 VerbotsG 1947 nicht einzuleiten. Gemäß Art. III Abs. 2 NS-Amnestie
1957 sind eingeleitete Strafverfahren einzustellen. Gemäß Art. III § 14 Abs. 1 Z 2 NS-Amnestie 1957 sind verhängte Strafen gem. § 10 Abs. 1 VerbotsG 1947, soweit sie noch nicht vollstreckt sind,
nachgesehen. Gemäß Art. III § 15 Abs. 1 Z 2 NS-Amnestie 1957 gelten Verurteilungen wegen des Verbrechens nach § 10 Abs. 1 Verbotsgesetz 1947 als getilgt.

Artikel III: Strafrechtliche Sonderbestimmungen für Nationalsozialisten

§ 10. (1) Wer in der Zeit zwischen dem 1. Juli 1933 und dem 13. März 1938 nach Vollendung des 18. Lebensjahres jemals der NSDAP angehört hat und während dieser Zeit oder später sich für die
nationalsozialistische Bewegung betätigt hat oder Angehöriger eines der Wehrverbände der NSDAP (SS, SA, NSKK, NSFK) oder des NS-Soldatenringes oder des NS-Offiziersbundes gewesen ist oder wer
von der NSDAP als „Altparteigenosse“ oder „Alter Kämpfer“ anerkannt worden ist, hat sich des Verbrechens des Hochverrates im Sinne des § 58 des St. G. schuldig gemacht und ist wegen dieses Verbrechens mit Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf bis zu zehn Jahren zu bestrafen.

(2) Die Verfolgung auf Grund dieser Bestimmung findet statt, wenn nach Ansicht der Bundesregierung hochverräterische Umtriebe zunehmen oder wenn nach dem Inkrafttreten dieses Verfassungsgesetzes in seiner ursprünglichen Fassung der Täter sich für die NSDAP, für eine ihrer Gliederungen oder einen ihrer Verbände irgendwie betätigt hat, sich eines Verbrechens oder eines gegen die öffentliche Ruhe und
Ordnung verstoßenden Vergehens oder einer solchen Übertretung schuldig gemacht oder sonst eine strafbare Handlung aus habsüchtigen oder anderen verwerflichen Beweggründen begangen hat.

Beachte

Gem. Art. III § 12 Abs. 1 Z 2 BVG BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957) ist ein Strafverfahren wegen des Verbrechens nach § 11 VerbotsG 1947 nicht einzuleiten. Gemäß Art. III § 12 Abs. 2 BGBl. Nr. 82/1957
(NS-Amnestie) sind eingeleitete Strafverfahren einzustellen. Gemäß Art. III § 14 Abs. 1 Z 2 BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie) sind verhängte Strafen gem. § 11 Abs. 1 VerbotsG 1947, soweit sie noch
nicht vollstreckt sind, nachgesehen. Gemäß Art. III § 15 Abs. 1 Z 2 BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie) gelten Verurteilungen wegen des Verbrechens nach § 11 Verbotsgesetz 1947 als getilgt.

§ 11. (1) Ist eine der im § 10, Abs. (1), genannten Personen
politischer Leiter vom Ortsgruppenleiter oder Gleichgestellten
aufwärts gewesen oder hat sie einem der Wehrverbände oder einer
anderen Gliederung mit dem Rang vom Untersturmführer oder
Gleichgestellten aufwärts angehört oder ist sie Blutordensträger oder
Träger einer sonstigen Parteiauszeichnung gewesen oder hat sie in
Verbindung mit ihrer Betätigung für die NSDAP, für einen ihrer
Wehrverbände oder für den NS-Soldatenring oder den NS-Offiziersbund
Handlungen aus besonders verwerflicher Gesinnung, besonders
schimpfliche Handlungen oder Handlungen, die den Gesetzen der
Menschlichkeit gröblich widersprechen, begangen, so wird sie mit
Freiheitsstrafe von 10 bis zu 20 Jahren bestraft, wenn die Tat nicht
nach einer anderen Bestimmung strenger strafbar ist.

(2) Durch Verordnung kann bestimmt werden, welche Auszeichnungen
als Parteiauszeichnungen zu gelten haben.

Beachte

Gem. Art. III § 12 Abs. 1 Z 2 BVG BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie
1957) ist ein Strafverfahren wegen des Verbrechens nach § 12 VerbotsG
1947 nicht einzuleiten. Gemäß Art. III § 12 Abs. 2 BGBl. Nr. 82/1957
(NS-Amnestie) sind eingeleitete Strafverfahren einzustellen. Gemäß
Art. III § 14 Abs. 1 Z 2 BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie) sind
verhängte Strafen gem. § 12 VerbotsG 1947, soweit sie noch nicht
vollstreckt sind, nachgesehen. Gemäß Art. III § 15 Abs. 1 Z 2 BGBl.
Nr. 82/1957 (NS-Amnestie) gelten Verurteilungen wegen des
Verbrechens nach § 12 Verbotsgesetz 1947 als getilgt.

§ 12. In gleicher Weise ist strafbar, wer in der Zeit zwischen dem 1. Juli 1933 und dem 13. März 1938 durch beträchtliche finanzielle Zuwendungen die NSDAP, einen ihrer Wehrverbände (SS, SA, NSKK, NSFK, den NS-Soldatenring, den NS-Offiziersbund) ihre Gliederungen und angeschlossenen Verbände oder eine nationalsozialistische Organisation oder Einrichtung überhaupt gefördert hat oder wer durch
Schädigung des österreichischen Wirtschaftslebens für Zwecke einer
der angeführten Organisationen den Bestand des selbständigen Staates
Österreich zu untergraben unternommen hat.

Beachte

Gem. Art. I § 1 Abs. 1 BVG, BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957)
finden ab dessen Inkrafttreten Verzeichnungen in den besonderen
Listen gem. § 13 VerbotsG 1947 nicht mehr statt.
Beachte weiters die Bestimmungen des Art. I und II des BVG, BGBl.
Nr. 82/1957.

§ 13. Nach §§ 10, 11 oder 12 dieses Verfassungsgesetzes oder nach dem Kriegsverbrechergesetz vom 26. Juni 1945, St. G. Bl. Nr. 32, in der Fassung der Kriegsverbrechergesetznovelle vom 18. Oktober 1945,
St. G. Bl. Nr. 199, rechtskräftig verurteilte Personen sind in den besonderen Listen von Amts wegen zu verzeichnen. Es gelten für ihreVerzeichnung im übrigen die Bestimmungen des § 4.

§ 14. Amnestiebestimmungen und Gnadenerlässe stehen der Verurteilung wegen eines nach diesem Artikel strafbaren Verhaltens nicht entgegen.

§ 16. Die Verjährung der in diesem Verfassungsgesetz unter Strafe gestellten Handlungen beginnt frühestens mit dem 6. Juni 1945.

Beachte

Gemäß Art. II § 7 BVG, BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957) enden
ab diesem Inkrafttreten die im Verbotsgesetz 1947 enthaltenen
Sühnefolgen für die im § 17 Abs. 2 und 3 des Verbotsgesetzes 1947
genannten Personen, sofern sie nicht bereits (§ 1 BVG,
BGBl. Nr. 70/1948; § 1 BVG, BGBl. Nr. 99/1948; § 1 Abs. 1 BVG,
BGBl. Nr. 283/1955) geendet haben. Beachte weiters die Bestimmungen
des Art. I und II des BVG, BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957).

Artikel IV: Bestimmungen über sühnepflichtige Personen.

§ 17. (1) Die in die besonderen Listen einzutragenden Personen sind mit Ausnahme der im Abs. (4) genannten sühnepflichtig. Die Sühnepflichtigen werden in belastete und minderbelastete Personen
unterschieden.

(2) Belastete Personen sind:

a) Personen, die jemals politische Leiter vom Zellenleiter oder Gleichgestellten aufwärts waren;

b) Angehörige der SS;

c) Angehörige der SA, des NSKK und des NSFK, die jemals Führer vom Untersturmführer oder Gleichgestellten aufwärts waren, ferner Angehörige der Gestapo oder des SD;

d) Funktionäre sonstiger Gliederungen, Organisationen oder angeschlossener Verbände, die einen Posten bekleideten, der dem Ortsgruppenleiter der NSDAP, beziehungsweise dem Untersturmführer im Rang zumindest gleich war, und Leiter von industriellen, finanziellen und sonstigen wirtschaftlichen
Unternehmungen und die im § 4, Abs. (1), d, erwähnten Personen, diese beiden Gruppen, wenn sie von den im § 4 erwähnten Kommissionen als belastet befunden wurden;

e) Personen, die für ihre Tätigkeit für die NSDAP mit dem Blutorden vom 9. November 1923, dem Goldenen Ehrenzeichen der NSDAP, einer Dienstauszeichnung der NSDAP (in Bronze, Silber
oder Gold) oder dem Goldenen Ehrenzeichen der Hitler-Jugend ausgezeichnet wurden;

f) Personen, die nach §§ 10, 11 oder 12 dieses Verfassungsgesetzes oder nach dem Kriegsverbrechergesetz vom 26. Juni 1945, St. G. Bl. Nr. 32, in der Fassung der Kriegsverbrechergesetznovelle vom 18. Oktober 1945, St. G. Bl. Nr. 199, rechtskräftig verurteilt worden sind.

(3) Minderbelastete Personen sind alle übrigen gemäß § 4 in die
besonderen Listen einzutragenden Personen.

(4) Von der Sühnepflicht sind ausgenommen:

a) Minderbelastete Personen von der Vollendung des 70. Lebensjahres an,

b) minderbelastete Personen, wenn sie der Versehrtenstufe III angehören,

c) belastete Personen, wenn sie der Versehrtenstufe IV angehören, von der Verpflichtung zur Entrichtung der Sühneabgabe (IX. Hauptstück des Nationalsozialistengesetzes) jedoch nur, wenn ihr Einkommen nicht 200 S im Monat überschreitet zuzüglich 50 S pro Monat für jedes Familienmitglied, für dessen Unterhalt der Abgabepflichtige zu sorgen hat. Überschreitet das Einkommen diese Grenze, so wird die laufende Sühneabgabe nur von dem Mehreinkommen eingehoben.

§ 18. Belastete Personen im Sinne des § 17, Abs. (2), haben die
nachstehenden Sühnefolgen zu tragen:

a) Sie unterliegen unbeschadet eines Strafverfahrens nach anderen Bestimmungen dieses Verfassungsgesetzes und unabhängig von seinem Ausgang einer laufenden und einer einmaligen Sühneabgabe nach den Bestimmungen des IX. Hauptstückes des
Nationalsozialistengesetzes.

b) Sie sind aus einem öffentlich-rechtlichen oder sonstigen Dienstverhältnis zum Bund, zu den Ländern (zu der Stadt Wien), zu den Gemeinden, zu sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften und zu von diesen verwalteten oder beaufsichtigten Körperschaften, Fonds, Anstalten, Betrieben und
Unternehmungen sowie zur Österreichischen Nationalbank entlassen. Die Entlassenen haben aus diesem Dienstverhältnis keinen Anspruch auf Ruhegenuß oder Abfertigung, ihre Angehörigen
keinen solchen auf Versorgungsgenuß. Empfängern von Ruhegenüssen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder von Versorgungsgenüssen nach einem öffentlichen Bediensteten wird der Ruhe- oder Versorgungsgenuß eingestellt. Die genannten Personen können nicht in den öffentlichen Dienst aufgenommen werden. In Fällen äußerster Not können Unterhaltsbeiträge unter
sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 98 des Gesetzes vom 25. Jänner 1914, R. G. Bl. Nr. 15 (Dienstpragmatik), von der Dienstbehörde (dem Dienstgeber) zuerkannt werden. Sie können an
einer Hochschule als Privatdozent nicht zugelassen werden.

c) Sie sind in der gesamten Wirtschaft von der Bekleidung eines leitenden Postens (einschließlich der Stellung eines Prokuristen, Handlungsbevollmächtigten oder Abteilungsleiters)
ausgeschlossen.

d) Sie sind von der Führung eines Unternehmens oder Betriebes, aus welchem Titel immer, ausgeschlossen, in denen mindestens ein Dienstnehmer beschäftigt ist. Dies gilt auch für Unternehmen oder Betriebe, in denen kein Dienstnehmer beschäftigt ist, wenn am 1. Jänner 1945 mindestens ein Dienstnehmer beschäftigt war. Als Dienstnehmer gelten nicht der Ehegatte, die Eltern und die Kinder des Unternehmers sowie deren Ehegatten.

e) Sie können die Berufe eines öffentlichen Wirtschaftsprüfers, eines Steuerberaters, eines Helfers in Steuersachen, eines vereidigten Buchprüfers, eines gewerblichen Buchrevisors, eines Finanz- und Wirtschaftsberaters sowie eines Gebäudeverwalters nicht bekleiden; ferner nicht das Fremdenbeherbergungsgewerbe, die Gewerbe, die auf mechanischem oder chemischem Wege die
Vervielfältigung von literarischen Erzeugnissen oder den Handel mit solchen zum Gegenstand haben, mit Ausnahme des im § 21, Abs. (5), Gew.O. umschriebenen Handels mit Presseerzeugnissen,
sowie Theater-, Konzert-, Kino-, Varieté-, Zirkus- und andere Veranstaltungsunternehmungen, Filmverleihunternehmungen, Tabakverschleißgeschäfte, Geschäftsstellen der Klassenlotterie
oder Lottokollekturen betreiben.

f) Sie können weder den Beruf eines Rechtsanwaltes (Rechtsanwaltsanwärters), eines Notars (Notariatskandidaten), eines Verteidigers in Strafsachen, eines Patentanwaltes
(Patentanwaltsanwärters) ausüben noch in den Kanzleien der obengenannten Personen beschäftigt sein. Sie können ferner den Beruf eines beratenden Ingenieurs oder eines behördlich autorisierten und beeideten Ziviltechnikers und den Beruf eines Arztes nicht ausüben. Schließlich können sie bis zum 30. April 1955 den Beruf eines Zahnarztes, Pharmazeuten, Dentisten (Zahntechnikers) oder eines Tierarztes nicht ausüben.

g) Sie können das Gast- und Schankgewerbe und den Großhandel mit Lebensmitteln bis 30. April 1950 nicht betreiben.

h) Sie können sich nicht an der Gestaltung des Inhaltes einer Zeitung [§ 2, Abs. (2), des Pressegesetzes], einer Zeitungskorrespondenz oder eines Sammelwerkes, sei es durch
regelmäßige Beiträge, sei es durch unregelmäßige Mitarbeit oder in irgendeiner anderen Weise, beteiligen; sie können ferner nicht ein Werk der Literatur, dessen Urheber sie sind [§§ 2
und 10, Abs. (1), des Urheberrechtsgesetzes, B. G. Bl. Nr. 111/1936], der Öffentlichkeit zugänglich machen.

i) Auf sie finden die besonderen Bestimmungen der Gesetze über Wohnungsanforderung, Wirtschaftssäuberung und Arbeitspflicht Anwendung. Mit ihnen als Mieter oder Pächter abgeschlossene Bestandverträge können unter Einhaltung der gesetzlichen
Kündigungsfrist aufgelöst werden.

j) 1. Sie müssen zu Arbeiten herangezogen werden. Sie können in einem Lager angehalten werden, wenn außer den Umständen, die ihre Behandlung als belastete Personen begründen, erwiesenermaßen noch andere Tatsachen vorliegen, die sie für die demokratische Regierungsform der Republik Österreich als äußerst gefährlich erscheinen lassen. Die Dauer der Anhaltung
soll erstmalig sechs Monate nicht überschreiten, kann aber jeweils für weitere Zeiträume von je sechs Monaten durch Verfügung bis auf insgesamt zwei Jahre verlängert werden.

2. Die Anhaltung in einem Lager kann nur vom Volksgericht verfügt werden, das unter seiner normalen Prozeßordnung arbeitet.

3. In der Regel kann eine Person in diesem Verfahren nur auf Grund eines richterlichen Befehles verhaftet werden. Ist sie vorher von der Sicherheitsbehörde in Verwahrung genommen
worden, so muß das Gericht innerhalb von 15 Tagen, von dem Tag der Festnahme gerechnet, über die Fortdauer der Haft entscheiden, widrigenfalls der Festgenommene auf freien Fuß zu
setzen ist.

4. Jeder in einem Lager Angehaltene ist berechtigt, den
Antrag zu stellen, daß er vorzeitig entlassen oder die
Notwendigkeit der Anhaltung neuerlich überprüft werde. Ein
solcher Antrag darf jedoch erst nach Ablauf von sechs Monaten
gestellt oder wiederholt werden.

5. Die Lager stehen unter der Aufsicht des Präsidenten des
mit Strafsachen befaßten Gerichtshofes I. Instanz, in dessen
Sprengel sie sich befinden.

6. Die näheren Bestimmungen, insbesondere über den Vorgang,
wie belastete Personen vor das Volksgericht gestellt werden,
und über das in der Z. 4 vorgesehene Überprüfungsverfahren
werden durch Bundesgesetz erlassen.

k) Sie sind auf Lebenszeit vom passiven Wahlrecht in eine
gesetzgebende oder andere öffentlich-rechtliche Körperschaft
ausgeschlossen. Sie sind bis 30. April 1950 vom aktiven
Wahlrecht sowie bis zum 30. April 1955 von dem Amt eines
Geschworenen oder Schöffen ausgeschlossen.

l) Sie können bis 30. April 1950 einer politischen Partei nicht
angehören.

m) Sie können Ausschüssen, Vorständen, Leitungen,
Verwaltungsräten, Aufsichtsräten und sonstigen Vertretungs-
oder Verwaltungskörpern von Vereinen und allen sonstigen mit
Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Einrichtungen nicht
angehören.

n) Sie können der Akademie der Wissenschaften (der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien) weder als
wirkliche noch als korrespondierende Mitglieder angehören.

o) Sie müssen bis zum 30. April 1950 von der Zulassung zum
Hochschulstudium ausgeschlossen werden.

p) Sie müssen bis zum 30. April 1950 vom öffentlichen Auftreten
als frei schaffende oder als darstellende Künstler
(Schauspieler, Sänger, Tänzer), als Dirigenten, Musiker,
Regisseure, Bühnenbildner ausgeschlossen werden, außer in den
Fällen, in denen eine beim Bundesministerium für Unterricht
eingesetzte besondere Kommission nach gehöriger Prüfung
entscheidet, daß eine dieser Personen ihren Beruf weiter
ausüben darf.

§ 19. (1) Minderbelastete Personen im Sinne des § 17, Abs. (3),
haben die nachstehenden Sühnefolgen zu tragen:

a) Sie unterliegen unbeschadet eines Strafverfahrens nach anderen
Bestimmungen dieses Verfassungsgesetzes und unabhängig von
seinem Ausgang einer laufenden und einer einmaligen Sühneabgabe
nach den Bestimmungen des IX. Hauptstückes des
Nationalsozialistengesetzes.

b) Sie können im öffentlichen Dienst nur bei Bedarf und nur nach
besonderer Prüfung ihres politischen Verhaltens vor dem
27. April 1945 verwendet werden. Jedenfalls gelten die
nachfolgenden Bestimmungen:

aa) Sie können eine Lehrkanzel für Philosophie, Psychologie,
Pädagogik, Geschichte, mittlere oder neuere deutsche
Literaturgeschichte, Volkswirtschaftslehre,
Volkswirtschaftspolitik, Sozialpolitik, Gesellschaftslehre,
ein Rechtsfach oder für ein Teilgebiet dieser Fächer nur
innehaben, wenn auf ihren Antrag die beim Bundesministerium
für Unterricht zu errichtende Komission (Anm.: richtig:
Kommission) diese Tätigkeit gestattet. Die Bestätigung der
Lehrbefugnis als Privatdozent kann widerrufen werden. Eine
solche Bestätigung ist zu widerrufen, wenn die Lehrbefugnis
die im ersten Satz besonders genannten Fächer oder eines
ihrer Teilgebiete umfaßt. In diesem Fall kann die
Lehrbefugnis auf Ansuchen des betroffenen Privatdozenten
auf Antrag der beim Bundesministerium für Unterricht
zu errichtenden Kommission wieder erteilt werden. Sie
können ferner als Hochschulassistenten für ein solches Fach
nur tätig sein, wenn auf ihren Antrag diese Kommission eine
derartige Berufstätigkeit gestattet;

bb) sie können außer in den Fällen des Abs. (2) nicht bei
Polizeidienststellen, im Sicherheitswach-, im Gendarmerie-,
im Kriminal-, im Zollwach- und im Justizwachdienst
verwendet werden;

cc) sie können außer in den Fällen des Abs. (2) nicht bei der
Strafrechtspflege und beim Strafvollzug verwendet werden;

dd) sie können sonst nicht auf Leiterposten im Lehr- und
Erziehungsberuf bis 30. April 1948 verwendet werden, außer
in Schulen, in denen nur eine Lehrperson als Klassenlehrer
beschäftigt ist, höchstens jedoch für einen Zeitraum von
sechs Monaten vom Tage des Inkrafttretens des
Nationalsozialistengesetzes gerechnet, sofern sie nicht
eine Erlaubnis von der im Abs. (2) genannten Kommission
erhalten;

ee) sie können im öffentlichen Dienst während des Dienststandes
bis 30. April 1950 höchstens auf Dienstposten verwendet
werden, die einem Dienstposten der VI. Dienstklasse der
allgemeinen Verwaltung des Bundes (im Sinne des
Gehaltsgesetzes 1927), wenn sie aber einem Dienstzweig der
Verwendungsgruppe 8 der allgemeinen Verwaltung des Bundes
angehören, einem Dienstposten der V. Dienstklasse dieser
Verwaltung entsprechen. Ihr Dienstbezug kann den
Höchstbezug der vorbezeichneten Dienstposten der
allgemeinen Verwaltung nicht übersteigen. Haben oder hatten
sie bereits einen höheren Dienstposten inne, dann sind sie
für die Zeit des Dienststandes auf einen der vorstehenden
Bestimmung entsprechenden Dienstposten mit der Maßgabe
rückzureihen, daß hiedurch ihre Dienstbezüge nicht um mehr
als ein Drittel vermindert werden; andernfalls sind die
Bezüge durch Zulagen so zu erhöhen, daß sie zwei Drittel
der früheren Bezüge erreichen. Rückgereihte können in der
Zeit vom 1. Mai 1945 bis 30. April 1950 nicht auf einen
höheren Dienstposten befördert werden. Erfolgt keine
Rückreihung, so kann die Zeit vom 1. Mai 1945 bis 30. April
1950 für die Vorrückung in höhere Bezüge nicht angerechnet
werden.

c) Ihre Ruhegenüsse aus einem öffentlichen Dienstverhältnis oder
ihre Versorgungsgenüsse nach einem öffentlichen Bediensteten
werden bis 30. April 1955 um ein Drittel gekürzt; diese Kürzung
findet jedoch nur soweit statt, als dadurch die um die
Einkommen(Lohn)steuer verminderte monatliche Auszahlung nicht
unter den Betrag von 150 S sinkt. Ihre Ruhe- und
Versorgungsgenüsse entfallen jedoch bis zur Vollendung des
60. Lebensjahres oder bis zur amtsärztlich festgestellten
dauernden Arbeitsunfähigkeit soweit, als die eben bezeichnete
Mindestgrenze von 150 S überschritten wird. Zur Vermeidung
unbilliger Härten können Unterhaltsbeiträge unter sinngemäßer
Anwendung der Bestimmungen des § 98 des Gesetzes vom 25. Jänner
1914, R. G. Bl. Nr. 15 (Dienstpragmatik), von der Dienstbehörde
(dem Dienstgeber) zuerkannt werden.

d) Sie sind von der Führung eines Unternehmens oder Betriebes aus
welchem Titel immer bis 30. April 1950 ausgeschlossen, sofern
das Unternehmen oder der Betrieb nach der Höhe des
Anlagekapitals, des Umsatzes, der Zahl der Beschäftigten oder
nach sonstigen Merkmalen über den Rahmen eines Mittelbetriebes
hinausgeht. Die näheren Bestimmungen über die Merkmale eines
Mittelbetriebes werden durch Verordnung getroffen.

e) Es treffen sie ferner die Sühnefolgen nach § 18, lit. c und m,
bis zum 30. April 1950; dasselbe gilt von dem Betrieb des
Fremdenbeherbergungsgewerbes, sofern das Unternehmen nach dem
Stand vom Jahre 1944 über Nächtigungsmöglichkeiten für mehr als
15 Gäste verfügt, und von dem Betrieb der Gewerbe, die auf
mechanischem oder chemischem Wege die Vervielfältigung von
literarischen Erzeugnissen oder den Handel mit solchen zum
Gegenstand haben, mit Ausnahme des im § 21, Abs. (5), Gew.O.
umschriebenen Handels mit Presseerzeugnissen. Sie können ferner
außer in den Fällen des Abs. (2) innerhalb dieser Zeit die
Berufe eines Rechtsanwaltes (oder Rechtsanwaltsanwärters) –
auch nicht als Angestellter in Rechtsanwaltskanzleien -, eines
Verteidigers in Strafsachen (oder Anwärters in diesem Berufe) –
auch nicht als Angestellter in der Kanzlei eines Verteidigers
in Strafsachen -, eines Notars (Notariatskandidaten) – auch
nicht als Angestellter in einer Notariatskanzlei -, eines
Patentanwalts(Patentanwaltsanwärters) – auch nicht als
Angestellter in einer Patentanwaltskanzlei -, eines Arztes,
eines Zahnarztes, eines Pharmazeuten, eines Tierarztes, eines
behördlich autorisierten und beeideten Ziviltechnikers, eines
öffentlichen Wirtschaftsprüfers, eines Steuerberaters oder
eines Gebäudeverwalters nicht ausüben und ein Theater-,
Konzert-, Kino-, Varieté-, Zirkusunternehmen oder ein anderes
Veranstaltungsunternehmen oder ein Filmverleihunternehmen nicht
betreiben.

f) Sie können sich bis zum 30. April 1950 nicht an der Gestaltung
des Inhaltes einer Zeitung [§ 2, Abs. (2), Pressegesetz] mit
Ausnahme von Fachzeitschriften, einer Zeitungskorrespondenz
oder eines Sammelwerkes durch Beiträge beteiligen.

g) Sie sind von der Bekleidung eines leitenden Postens im Lehr-
und Erziehungsberuf bis 30. April 1950 ausgeschlossen. Sie
können überdies bis zum gleichen Zeitpunkt von der zuständigen
Aufsichtsbehörde von der Verwendung als Lehrer an Privatschulen
ausgeschlossen werden.

h) Sie sind bis zum 30. April 1950 vom passiven Wahlrecht in die
gesetzgebenden Körperschaften und von dem Amt eines
Geschworenen oder Schöffen ausgeschlossen.
i) Sie können bis zum 30. April 1950 durch einseitige Verfügung
der Aufsichtsbehörde vom Betrieb von Tabakverschleißgeschäften,
Geschäftsstellen der Klassenlotterie und Lottokollekturen
ausgeschlossen werden.

j) Sie können bis zum 30. April 1950 der Akademie der
Wissenschaften (der Österreichischen Akademie der
Wissenschaften in Wien) nicht als wirkliche Mitglieder
angehören; sie können bis zu diesem Zeitpunkt nicht zu
korrespondierenden Mitgliedern ernannt werden.

k) Sie müssen bis zum 30. April 1950 von der Zulassung zum
Hochschulstudium ausgeschlossen werden.

l) Sie können bis zum 30. April 1950 vom öffentlichen Auftreten
als frei schaffende Künstler oder als darstellende Künstler
(Schauspieler, Sänger, Tänzer), als Dirigenten, Musiker,
Regisseure, Bühnenbildner durch eine beim Bundesministerium für
Unterricht eingesetzte Kommission ausgeschlossen
werden. Das Nähere über die Zusammensetzung, die
Geschäftsführung und das Verfahren vor dieser Kommission wird
durch Verordnung bestimmt.

m) Sie können, wenn sie von den im Abs. (2) genannten Kommissionen
zur Berufsausübung nicht zugelassen werden, zu Arbeiten
herangezogen werden.

n) Gesetzliche Maßnahmen, betreffend Wohnungsanforderung, die im
§ 18, lit. i, vorgesehen sind, sind auch gegen minderbelastete
Personen anzuwenden, wenn dies zugunsten von Kriegsopfern und
Opfern der nationalsozialistischen Unterdrückung notwendig
erscheint, jedoch unbeschadet der Bestimmungen über die
Rückstellung von arisiertem oder sonst entzogenem Vermögen.

(2) Minderbelastete Personen können nur auf besondere Entscheidung
von besonders zu diesem Zweck gebildeten Kommissionen bei
Polizeidienststellen, im Sicherheitswach-, im Gendarmerie-, im
Kriminal-, im Zollwach- und im Justizwachdienst, bei der
Strafrechtspflege und beim Strafvollzug verwendet werden oder die
Berufe eines Rechtsanwaltes (Rechtsanwaltsanwärters), eines
Verteidigers in Strafsachen (Anwärters in diesem Berufe), eines
Notars (Notariatskandidaten), eines Patentanwaltes
(Patentanwaltsanwärters) ausüben oder in den Kanzleien der
vorgenannten Berufe angestellt sein oder die Berufe eines Arztes,
Zahnarztes, Pharmazeuten oder Tierarztes, eines behördlich
autorisierten und beeideten Ziviltechnikers, eines öffentlichen
Wirtschaftsprüfers, eines Steuerberaters oder eines
Gebäudeverwalters ausüben oder ein Theater-, Konzert-, Kino-,
Varieté-, Zirkusunternehmen oder ein anderes
Veranstaltungsunternehmen oder ein Filmverleihunternehmen
betreiben. Das gleiche gilt für die Ausübung des Lehrberufes nach
den Bestimmungen des Abs. (1), lit. b, dd.

(3) Die Kommissionen bestehen aus dem zuständigen Bundesminister
oder einem von ihm bestellten Vertreter als Vorsitzendem, einem
Vertreter des Bundesministeriums, einem Angehörigen der
Berufsvertretung des Betroffenen und aus je einem Vertreter der drei
anerkannten politischen Parteien. Die Entscheidungen der
Kommissionen werden mit einer Mehrheit von vier Stimmen getroffen.
Der Vorsitzende stimmt nicht mit. Nähere Bestimmungen werden durch
ein Bundesverfassungsgesetz festgelegt, das spätestens drei Monate
nach Kundmachung des Nationalsozialistengesetzes zu erlassen ist.

Beachte

Gemäß Art. III § 12 Abs. 1 Z 3 BVG BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie
1957) ist ein Strafverfahren wegen des Verbrechens nach § 20 Abs. 5
Verbotsgesetz 1947 nicht einzuleiten. Gemäß Art. III § 12 Abs. 2
BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957) sind eingeleitete
Strafverfahren
einzustellen. Gemäß Art. III § 14 Abs. 1 Z 3 BGBl. Nr. 82/1957
(NS-Amnestie 1957) sind verhängte Strafen gem. § 20 Abs. 5
Verbotsgesetz 1947, soweit sie nicht vollstreckt sind, nachgesehen.
Gemäß Art. III § 15 Abs. 1 Z 2 BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957)
gelten Verurteilungen wegen des Verbrechens nach § 20 Abs. 5
Verbotsgesetz 1947 als getilgt.

§ 20. (1) Personen, die die laufende oder einmalige Sühneabgabe zu
entrichten haben, dürfen bis zur vollständigen Erfüllung dieser
Abgabepflicht durch rechtsgeschäftliche Verfügungen
(Rechtshandlungen oder Unterlassungen) ihr unbewegliches Vermögen
weder veräußern noch belasten. Das gleiche gilt für Veräußerungen
oder Belastungen ihres beweglichen Vermögens oder für die Übernahme
von Verpflichtungen, sofern diese Verfügungen über den Rahmen der
laufenden Verwaltung oder der Fortführung des Haushaltes
hinausgehen. Gegen diese Verbote verstoßende Rechtsgeschäfte sind
nichtig. Desgleichen sind Verfügungen der genannten Art nichtig, die
nach dem 31. März 1945 getroffen worden sind. Der
rechtsgeschäftlichen Verfügung steht, soweit es sich um unbewegliche
Sachen handelt, eine Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung
gleich.

(2) Eintragungen in die öffentlichen Bücher dürfen von Gerichten
nur bewilligt werden,

1. wenn derjenige, dessen bücherliche Rechte beschränkt, belastet,
aufgehoben oder auf eine andere Person übertragen werden sollen, in
einer schriftlichen Erklärung an Eides Statt versichert, daß er
nicht zu den im § 17, Abs. (2) und (3), aufgezählten Personen
gehört, oder

2. wenn durch Vorlage einer Bestätigung der zur Einhebung der
Sühneabgabe zuständigen Behörde nachgewiesen wird, daß er die
Verpflichtung zur Leistung der laufenden und einmaligen Sühneabgabe
vollständig erfüllt hat oder daß er von dieser Verbindlichkeit gemäß
§ 17, Abs. (4), befreit ist. Die Unterschrift der Erklärung nach
Z. 1 muß gerichtlich oder notariell beglaubigt werden. Einer solchen
Erklärung bedarf es nicht, wenn die Bestätigung einer
Bezirksverwaltungsbehörde, eines Amtes der Landesregierung (Wiener
Magistrat) oder des Bundesministeriums für Inneres vorliegt, daß
derjenige, der sonst die Erklärung nach Z. 1 abzugeben hätte, nicht
zu den im § 17, Abs. (2) und (3), aufgezählten Personen gehört.

(3) Abs. (2) gilt sinngemäß für die Bewilligung oder Fortsetzung
einer Zwangsvollstreckung auf unbewegliche Sachen. Schon bewilligte
Zwangsvollstreckungen sind aufzuschieben, bis die Voraussetzungen
für die Fortsetzung gegeben sind. Liegt ein urkundlicher Nachweis im
Sinne des Abs. (2) nicht vor, so hat das Gericht auf Antrag des
betreibenden Gläubigers eine Tagsatzung anzuordnen und dem
Verpflichteten den Eid darüber abzunehmen, ob er zu den im § 17,
Abs. (2) und (3), genannten Personen gehört (§§ 48 ff. EO.). Die
vorstehenden Bestimmungen gelten auch für die Fortsetzung eines
bereits anhängigen oder neu anfallenden
Zwangsvollstreckungsverfahrens, das nicht auf unbewegliche Sachen
gerichtet ist, wenn sich begründeter Verdacht ergibt, daß die
Voraussetzungen des Abs. (1) vorliegen.

(4) Von der Anwendung der Bestimmungen des Abs. (1) können
Ausnahmen bewilligt werden. Das Nähere wird durch Verordnung
geregelt.

(5) Wer unter Eid oder in einer schriftlichen Erklärung an Eides
Statt [Abs. (2)] unwahre Angaben darüber macht, daß er nicht zu
den im § 17, Abs. (2) oder (3), aufgezählten Personen gehört, ist
wegen Verbrechens nach § 8 zu bestrafen.

§ 23. Bezüge welcher Art immer, die aus Mitteln des Staates, der
Länder (Stadt Wien), der Gemeinden oder öffentlich-rechtlicher
Körperschaften wegen einer Betätigung für die NSDAP oder einen ihrer
Wehrverbände (SS, SA, NSKK, NSFK) gewährt worden sind,
beispielsweise die Bezüge der sogenannten Opfer der Bewegung und
ihrer Hinterbliebenen, oder die sogenannten
Wiedergutmachungsbeträge, werden sofort eingestellt; die erhaltenen
Beträge sind von den Empfängern oder deren Rechtsnachfolgern sofort
zu erstatten.
Der Nachlaß von Verbindlichkeiten, insbesondere von Steuer- und
Abgabeschulden an den Staat, die Länder (Stadt Wien), die Gemeinden,
öffentlich-rechtliche Körperschaften sowie der Österreichischen
(Anm.: richtig: Oesterreichischen) Nationalbank und Anstalten, der
mit Rücksicht auf eine Tätigkeit für die NSDAP oder einen ihrer
Wehrverbände (SS, SA, NSKK, NSFK) oder mit Rücksicht auf die
Zugehörigkeit zu ihnen gewährt worden ist, ist unwirksam. Auch diese
Beträge sind sofort zu erstatten.

Beachte

Beachte weiters die Bestimmungen des Art. I und II des BVG,
BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957).

Artikel VI: Ausnahmebestimmungen.

§ 27. (1) Der Bundespräsident kann auf Antrag der zuständigen
Bundesminister Ausnahmen von der Behandlung nach den Bestimmungen
der Artikel III und IV und von den in besonderen Gesetzen
enthaltenen Sühnefolgen in Einzelfällen teilweise oder ganz
bewilligen, wenn der Betreffende seine Zugehörigkeit zur NSDAP, zu
einem ihrer Wehrverbände (SS, SA, NSKK, NSFK), zum NS-Soldatenring
oder zum NS-Offiziersbund niemals mißbraucht hat, mit Sicherheit auf
seine positive Einstellung zur unabhängigen Republik Österreich
geschlossen werden kann und die Ausnahme im öffentlichen Interesse
oder sonst aus einem besonders berücksichtigungswürdigen Grund
gerechtfertigt erscheint. Ein solcher berücksichtigungswürdiger Fall
liegt insbesondere bei Personen vor, die – wenn auch nicht in den
Reihen der alliierten Armeen – mit der Waffe in der Hand gegen den
Nationalsozialismus gekämpft haben.

(2) Die Überreichung eines Gesuches nach Abs. (1) ist durch
Anschlag bei der zuständigen Registrierungsbehörde mit der
Aufforderung zu veröffentlichen, Bedenken gegen die Genehmigung des
Gesuches innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Anschlag
bekanntzugeben.

(3) Die Überreichung des Gesuches und die darüber ergangene
Entscheidung sind in den besonderen Listen anzumerken.

Artikel VII: Schlußbestimmungen.

§ 27a. (Anm.: Aufgehoben durch I. Hauptstück, Abschn. I Z 20 des
BVG, BGBl. Nr. 25/1947)

§ 29. Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die
Bundesregierung betraut.

 XXI. HAUPTSTÜCK.

Schlußbestimmungen.

(Anm.: zu §§ 3, 3a bis 3g, 4 bis 7, 10 bis 14, 16 bis 20)

1. Die Bundesministerien sind ermächtigt, die in den
Hauptstücken I bis XX genannten Rechtsvorschriften unter
Berücksichtigung der Änderungen und Ergänzungen, die sich aus dem
vorliegenden Bundesverfassungsgesetz ergeben, sowie unter
Bedachtnahme auf die gegenwärtigen staats- und
verwaltungsrechtlichen Einrichtungen durch Verordnung mit
rechtsverbindlicher Kraft zu verlautbaren.

2. Alle Novellierungen dieses Bundesverfassungsgesetzes können nur
durch Bundesverfassungsgesetz durchgeführt werden; jedoch bleiben
einfache Bundesgesetze, die durch das vorliegende
Bundesverfassungsgesetz abgeändert sind, weiterhin einfache
Bundesgesetze.

3. Im Wege der Landesgesetzgebung können über die Vorschriften
dieses Bundesverfassungsgesetzes hinausgehende Bestimmungen gegen
Nationalsozialisten nicht getroffen werden.

4. Rechtsfolgen, die nach den bestehenden Rechtsvorschriften an
rechtskräftige Verurteilungen geknüpft sind, bleiben unberührt.

5. Die Bestimmungen des XVII. Hauptstückes, Z. 8, dieses
Bundesverfassungsgesetzes wirken, falls dieses
Bundesverfassungsgesetz nach Ablauf der Frist des § 11, Abs. (1),
1. Satz, des Wirtschaftssäuberungsgesetzes in seiner letzten Fassung
in Kraft tritt, auf die Zeit vom Ablauf dieser Frist an zurück.

6. Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die
Bundesregierung betraut, soweit nicht ausdrücklich an einzelnen
Stellen dieses Bundesverfassungsgesetzes einzelne Bundesministerien
mit Vollziehungsakten betraut werden.

Artikel I.

Aufhebung der Registrierungspflicht.

(Anm.: zu §§ 4 bis 6, 13 und 17)

§ 1. (1) Ab dem Inkrafttreten dieses Bundesverfassungsgesetzes
finden Verzeichnungen in den besonderen Listen gemäß §§ 4 und 13 des
Verbotsgesetzes 1947 (I. Hauptstück, Abschnitt II, Z. 7 des
Nationalsozialistengesetzes, BGBl. Nr. 25/1947) und Anmeldungen zur
Verzeichnung nach § 5 des Verbotsgesetzes 1947 nicht mehr statt.

(2) Ist eine Verzeichnung gemäß § 17 Abs. 2 oder 3 des
Verbotsgesetzes 1947 bereits in Rechtskraft erwachsen, so gilt die
Eintragung mit dem Inkrafttreten dieses Bundesverfassungsgesetzes
als gestrichen. Die öffentliche Auflegung der Registrierungslisten
gemäß § 6 des Verbotsgesetzes 1947 entfällt.

(3) Anhängige Verfahren über die Verzeichnung sind einzustellen.
Dies gilt jedoch nicht für Verfahren, die gemäß §§ 69 und 71 AVG.
1950 oder gemäß § 43 der Verordnung der Bundesregierung vom
10. März 1947, BGBl. Nr. 64, eingeleitet wurden oder noch eingeleitet
werden.

(4) Ab Inkrafttreten dieses Bundesverfassungsgesetzes können
Verfahren gemäß § 68 AVG. 1950 oder § 43 der Verordnung der
Bundesregierung vom 10. März 1947, BGBl. Nr. 64, nur noch eingeleitet
werden, wenn der Betroffene nur auf Grund eines gerichtlichen
Urteiles gemäß § 17 Abs. 2 lit. f des Verbotsgesetzes 1947 als
belastet verzeichnet und diese Verurteilung nachher aufgehoben wurde.

(5) Durch diese Regelung werden die Vorschriften über das Verfahren
vor dem Verfassungsgerichtshof nicht berührt.

(6) Die Bestimmungen des Abs. 2, erster Satz, stehen einer nach den
Abs. 3 und 4 noch zulässigen Abänderung der Entscheidung über die
Verzeichnung nicht entgegen.

(Anm.: zu §§ 13 und 17)

§ 2. (1) Für Personen, auf die die Bestimmungen des § 1 Abs. 1
Anwendung finden, gelten, sofern sie nicht schon nach den bis zum
Inkrafttreten dieses Bundesverfassungsgesetzes geltenden
Bestimmungen von der Sühnepflicht ausgenommen sind, die in den §§ 5
und 6 angeführten Sonderbestimmungen.

(2) Das gleiche gilt für Personen, auf die die Bestimmungen des § 1
Abs. 3, erster Satz, Anwendung finden.

(3) Auf Antrag der für die Handhabung der Sonderbestimmungen der
§§ 5 und 6 zuständigen Behörden haben die Verwaltungsbehörden, in
letzter Instanz die im § 7 Abs. 1 des Verbotsgesetzes 1947
genannte Kommission (Feststellungsbehörden) festzustellen, ob und in
welchem Umfang diese Personen der Verzeichnung in den
Registrierungslisten unterliegen würden.

(4) In den Fällen des Abs. 2 ist die Feststellung von jener
Feststellungsbehörde zu treffen, bei der im Zeitpunkt des
Inkrafttretens dieses Bundesverfassungsgesetzes das
Registrierungsverfahren anhängig war.

(5) In dem Verfahren nach den Abs. 1 bis 4 kommt den Personen, die
im Verwaltungsverfahren nach den Sonderbestimmungen der §§ 5 und 6
Parteien oder Beteiligte sind, Parteistellung vor der
Feststellungsbehörde zu.

(Anm.: zu §§ 13 und 17)

§ 3. Personen, auf die die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 und 2
Anwendung finden, sind bei Handhabung der in den §§ 5 und 6
genannten Sonderbestimmungen so zu behandeln, wie wenn sie dem
Personenkreis des § 4 Abs. 1 oder § 13 des Verbotsgesetzes 1947
angehören würden.

(Anm.: zu §§ 13 und 17)

§ 4. Die näheren Vorschriften über das Feststellungsverfahren und
dessen Instanzenzug werden durch Verordnung getroffen.

(Anm.: zu §§ 13 und 17)

§ 5. Unterliegt eine Person nur zufolge § 1 Abs. 1 oder Abs. 3,
erster Satz, nicht den Sühnefolgen nach § 18 lit. b des
Verbotsgesetzes 1947, findet eine Nachzahlung weder von
Bezugsvorschüssen im Sinne des § 3 Abs. 2 Beamten-Überleitungsgesetz,
StGBl. Nr. 134/1945, noch von Bezügen statt.

(Anm.: zu §§ 13 und 17)

§ 6. Rechtswirkungen auf Grund der Bestimmungen des XIV.
Hauptstückes, Abschnitt II und III, sowie des XV. Hauptstückes des
Nationalsozialistengesetzes, BGBl. Nr. 25/1947, werden durch die
Bestimmungen dieses Bundesverfassungsgesetzes nur soweit berührt,
als dies in den Artikeln IV und V bestimmt ist.

Artikel II.

Bestimmungen über die Beendigung der Sühnefolgen.

(Anm.: zu §§ 13 und 17)

§ 7. (1) Die im Verbotsgesetz 1947 und sonstigen Gesetzen
enthaltenen Sühnefolgen enden mit dem Inkrafttreten dieses
Bundesverfassungsgesetzes für die in § 17 Abs. 2 und 3 des
Verbotsgesetzes 1947 genannten Personen, sofern sie nicht bereits
geeendet haben.

(2) Sind die in Abs. 1 genannten Personen vor dem Inkrafttreten
dieses Bundesverfassungsgesetzes bereits verstorben, so gelten die
in § 18 lit. b Verbotsgesetz 1947 enthaltenen Sühnefolgen als am Tag
vor dem Ableben beendet. Eine Nachzahlung von Bezugsvorschüssen im
Sinne des § 3 Abs. 2 Beamten-Überleitungsgesetz, StGBl. Nr. 134/1945,
oder von Bezügen findet nicht statt.

(Anm.: zu §§ 13 und 17)

§ 8. (1) Die Wirkungen von Sühnefolgen und Rechtsnachteilen, die
vor dem Inkrafttreten dieses Bundesverfassungsgesetzes kraft
Gesetzes oder durch rechtswirksame Maßnahmen eingetreten sind,
bleiben unberührt, sofern in den folgenden Bestimmungen dieses
Bundesverfassungsgesetzes nichts anderes bestimmt wird.

(2) Anhängige Verfahren über den Eintritt von Sühnefolgen und
Rechtsnachteilen sind nach den bisher geltenden Bestimmungen
durchzuführen.

(Anm.: zu §§ 13 und 17)

§ 9. (1) Personen, bei denen auf Grund der Bestimmungen dieses
Bundesverfassungsgesetzes die Sühnefolgen enden oder vor dem
Inkrafttreten dieses Bundesverfassungsgesetzes bereits geendet haben,
sowie deren Hinterbliebene sind nach Wegfall der entgegenstehenden
Rechtsfolgen einer allfälligen Verurteilung unter Bedachtnahme auf
die Bestimmungen des § 45 Abs. 3 nach dem Beamten-Überleitungsgesetz,
StGBl. Nr. 134/1945, oder gleichartigen Bestimmungen zu behandeln,
sofern nicht bereits eine solche Behandlung stattgefunden hat. In den
Fällen des § 8 Abs. 2 und § 10 Abs. 1 und 2
Beamten-Überleitungsgesetz, StGBl. Nr. 134/1945, oder gleichartiger
Bestimmungen hat bei rechtzeitiger Einbringung eines Antrages nach
§ 45 Abs. 3 als Tag der Wirksamkeit der Verfügung nach diesen
Bestimmungen der 1. Oktober 1957, frühestens aber der Zeitpunkt nach
Wegfall entgegenstehender Rechtsfolgen einer allfälligen Verurteilung
zu gelten. Im Falle der Nachsicht der Fristversäumnis im Sinne des
§ 45 Abs. 3 hat als Beginn der Wirksamkeit der Verfügung der auf die
Zustellung des Bescheides nächstfolgende Monatserste, frühestens
jedoch der 1. Oktober 1957 zu gelten. Eine Zahlung von
Bezugsvorschüssen im Sinne des § 3 Abs. 2 Beamten-Überleitungsgesetz,
StGBl. Nr. 134/1945, findet in keinem Fall statt.

(2) Verfügungen gemäß § 7, § 8 Abs. 2 oder § 10 des
Beamten-Überleitungsgesetzes, StGBl. Nr. 134/1945 oder gleichartiger
Bestimmungen, die vor dem Ausscheiden nach den Bestimmungen des
Nationalsozialistengesetzes, BGBl. Nr. 25/1947, oder vor dem
Ausscheiden infolge einer Verurteilung wegen einer im § 17 Abs. 2
lit. f des Verbotsgesetzes 1947 oder im § 14 Abs. 1 angeführten
strafbaren Handlung getroffen wurden, stehen der Behandlung nach
Abs. 1 nicht entgegen.

(3) Den in Abs. 1 genannten Personen oder ihren
versorgungsberechtigten Angehörigen auf Grund des ehemaligen
Dienstverhältnisses gewährte außerordentliche Versorgungsgenüsse,
Untehaltsbeiträge oder andere fortlaufende Unterstützungen sind mit
dem Wirksamwerden einer Verfügung nach Abs. 1 einzustellen.

(Anm.: zu §§ 13 und 17)

§ 10. Die Verpflichtung zur Entrichtung bereits festgesetzter
Schuldigkeiten von Sühneabgaben bleibt unberührt. Bei der Einbringung
ist jedoch jede Unbilligkeit zu vermeiden. Nach dem Inkrafttreten
dieses Bundesverfassungsgesetzes sind Sühneabgaben sowie die in § 5
Z. 2 der Vermögensverfallsamnestie, BGBl. Nr. 155/1956, genannten
Beträge, die auf die einmalige Sühneabgabe entfallen würden, nicht
mehr festzusetzen. Über anhängige Rechtsmittel ist zu entscheiden.

(Anm.: zu §§ 13 und 17)

§ 11. Ab dem Inkrafttreten dieses Bundesverfassungsgesetzes sind
Wiedergutmachungsbeträge nach § 23 des Verbotsgesetzes 1947, auch
wenn sie bescheidmäßig festgestellt, aber noch nicht erstattet sind,
nicht mehr zurückzuzahlen. Sie dürfen auch von dem zu erstattenden
Vermögen nicht in Abzug gebracht werden.

Beachte

Abs. 2: Verfassungsbestimmung

ARTIKEL III.

Übergangsbestimmungen.

(Anm.: zu §§ 24 bis 26)

§ 7. (1) Wenn in gesetzlichen Vorschriften, die durch das
vorliegende Bundesgesetz nicht aufgehoben oder ausdrücklich
abgeändert werden, Bestimmungen enthalten sind, die sich auf die
Volksgerichte beziehen, sind sie auf die an die Stelle der
Volksgerichte tretenden ordentlichen Gerichte zu beziehen.

(2) (Verfassungsbestimmung.) Das gleiche gilt für
verfassungsgesetzliche Vorschriften, in denen Bestimmungen enthalten
sind, die sich auf die Volksgerichte beziehen.

Abschnitt II.

Übergangsbestimmungen.

(Anm.: zu §§ 4, 8, 10 und 19)

1. In den besonderen Listen bereits enthaltene Eintragungen über
Personen, die auf Grund dieses Bundesverfassungsgesetzes nicht mehr
zu verzeichnen sind, sind von Amts wegen oder auf Antrag zu
streichen.

2. Die Registrierungsbehörden haben eine angemessene Frist für die
Meldung jener Personen und für die nachträgliche Meldung jener
Umstände festzusetzen, die nach den Bestimmungen des § 4, Abs. (1),
lit. b, c, d und e, des Verbotsgesetzes in der Fassung des
Abschnittes I in den besonderen Listen einzutragen sind, nach § 4
des Verbotsgesetzes in seiner ursprünglichen Fassung aber nicht
registrierungspflichtig waren.

3. (1) Wer vor dem Inkrafttreten des vorliegenden
Bundesverfassungsgesetzes eine im § 8 des Verbotsgesetzes mit Strafe
bedrohte Handlung begangen hat, wird deshalb nicht bestraft, wenn er
nach dem vorliegenden Bundesverfassungsgesetz nicht mehr in den
besonderen Listen zu verzeichnen ist. Ein wegen einer solchen
Handlung oder nur mit Rücksicht darauf wegen Verbrechens des
Hochverrates nach § 10 des Verbotsgesetzes eingeleitetes
Strafverfahren ist einzustellen, und zwar auch dann, wenn vor dem
Tage des Inkrafttretens des vorliegenden Bundesverfassungsgesetzes
das Urteil erster Instanz zwar schon gefällt, aber noch nicht in
Rechtskraft erwachsen ist; ist das verurteilende Erkenntnis schon
in Rechtskraft erwachsen, so gilt die Verurteilung als nicht
erfolgt.

(2) Wer vor dem Inkrafttreten des vorliegenden
Bundesverfassungsgesetzes eine im § 8 des Verbotsgesetzes mit Strafe
bedrohte Handlung begangen hat und auch nach dem neuen Recht in den
besonderen Listen zu verzeichnen ist, wird wegen dieser Handlung
nicht bestraft, wenn er binnen vier Wochen nach dem Inkrafttreten
des vorliegenden Bundesverfassungsgesetzes die unterlassene
Anmeldung zur Registrierung nachholt oder unvollständige oder
unrichtige Angaben berichtigt. Ein wegen einer solchen Handlung
eingeleitetes Strafverfahren ist unter der gleichen Voraussetzung
einzustellen, und zwar auch dann, wenn vor dem Tage des
Inkrafttretens des vorliegenden Bundesverfassungsgesetzes das Urteil
erster Instanz zwar schon gefällt, aber noch nicht in Rechtskraft
erwachsen ist; ist das verurteilende Erkenntnis schon in Rechtskraft
erwachsen, so gilt die Verurteilung als nicht erfolgt. Diese
Bestimmungen finden keine Anwendung, wenn sich der Täter auch des
Verbrechens des Hochverrats nach § 10 des Verbotsgesetzes in der
vor dem Inkrafttreten des vorliegenden Bundesverfassungsgesetzes
geltenden Fassung schuldig gemacht hat.

(3) Über die Einstellung des Verfahrens sowie darüber, ob eine
Verurteilung als nicht erfolgt gilt, entscheidet das Gericht, bei
dem das Verfahren anhängig ist oder war, auf Antrag des
Beschuldigten oder Verurteilten oder des Staatsanwaltes, über die
Einstellung auch von Amts wegen, und zwar außerhalb der
Hauptverhandlung durch Beschluß.

(4) Entschädigungsansprüche können auf Grund der vorstehenden
Bestimmungen nicht erhoben werden.

4. Minderbelastete, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses
Bundesverfassungsgesetzes in einem im § 19, Abs. (2), des
Verbotsgesetzes in der Fassung des Abschnittes I genannten Berufe
tätig sind, können ihren Beruf bis zur Entscheidung der im § 19,
Abs. (3), des Verbotsgesetzes in der Fassung des Abschnittes I
genannten Kommissionen, längstens jedoch bis zum Ablauf von drei
Monaten nach Kundmachung des im § 19, Abs. (3), des Verbotsgesetzes
in der Fassung des Abschnittes I genannten Bundesverfassungsgesetzes
weiter ausüben.

5. (1) Ist der Bestandnehmer eine minderbelastete Person, so ist
in einem anhängigen Bestandverfahren der Wegfall des
Kündigungsgrundes nach § 22 des Verbotsgesetzes in seiner
ursprünglichen Fassung von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens
zu berücksichtigen. Die mit der Geltendmachung des Kündigungsgrundes
zusammenhängenden Kosten hat der Beklagte zu tragen.

(2) Ist jedoch ein solches Verfahren vor dem 1. April 1946
eingeleitet worden, so ist es nach den Bestimmungen des § 22 des
Verbotsgesetzes in seiner ursprünglichen Fassung fortzusetzen.

6. Das Verfassungsgesetz vom 15. August 1945, St. G. Bl. Nr. 127,
über die Änderung und Ergänzung des Verbotsgesetzes vom 8. Mai 1945,
St. G. Bl. Nr. 13 (Verbotsgesetznovelle), in der Fassung des
Bundesverfassungsgesetzes vom 24. Juli 1946, B. G. Bl. Nr. 177,
tritt außer Kraft.

7. Das Verfassungsgesetz vom 8. Mai 1945, St. G. Bl. Nr. 13, über
das Verbot der NSDAP (Verbotsgesetz) in der Fassung des
Verfassungsgesetzes vom 16. November 1945, B. G. Bl. Nr. 16/1946
(2. Verbotsgesetznovelle), und des Abschnittes I ist als
„Verbotsgesetz 1947“ zu bezeichnen.

Beachte

Gemäß Art. I § 13 Abs. 1 BVG, BGBl. Nr. 82/1957 (NS-Amnestie 1957)
entfällt die im Verbotsgesetz 1947 angeführte (Neben-)Strafe des
Vermögensverfalls, wodurch auch kein vollständiges Verfahren nach
§ 24 Volksgerichtsverfahrens- und Vermögensverfallgesetz 1947 mehr
möglich ist.

(Anm.: zu §§ 24 bis 26)

§ 8. (1) Ist am Tage des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes ein
Verfahren wegen der im § 2 Abs. 1 bezeichneten Verbrechen oder ein
selbständiges Verfahren (§ 24 Volksgerichtsverfahrens- und
Vermögensverfallsgesetz 1947) schon eingeleitet, aber noch nicht
beendet, und wäre nach dem neuen Recht der Gerichtshof erster
Instanz, der bisher als Volksgericht einschritt, örtlich unzuständig
(§§ 51, 52, 54 StPO.), so steht das weitere Verfahren – wenn eine
Anklageschrift bereits eingebracht ist, ohne Rücksicht auf die
Bestimmung des § 219 StPO. – dem örtlich zuständigen Gerichtshof
erster Instanz (Geschwornengericht) zu.

(2) Ist das Verfahren vor dem Volksgericht durch Urteil oder
Einstellung beendet, so steht das weitere Verfahren dem Gerichtshof
erster Instanz zu, der als Volksgericht bisher eingeschritten ist.

(3) Überprüfungen nach dem Überprüfungsgesetz, BGBl. Nr. 4/1946,
können bis zum 31. Dezember 1956 angeordnet werden.

(4) Hebt der Oberste Gerichtshof nach dem Inkrafttreten dieses
Bundesgesetzes ein Volksgerichtsurteil nach § 3 des
Überprüfungsgesetzes auf, so verweist er die Sache an den örtlich
zuständigen, oder wenn er dies für zweckdienlich erachtet, an einen
anderen Gerichtshof erster Instanz (Geschwornengericht).

(5) Ein Verfahren wegen der im § 2 angeführten Verbrechen oder ein
selbständiges Verfahren (§ 24 Volksgerichtsverfahrens- und
Vermögensverfallsgesetz 1947), das nach den Bestimmungen der §§ 292
und 352 bis 362 StPO. neu durchzuführen ist, steht dem nach den
§§ 51, 52, 54 StPO. örtlich zuständigen Gerichtshof erster Instanz
(Geschwornengericht) zu.

Artikel III.

Strafrechtliche Bestimmungen.

(Anm.: zu §§ 8, 10, 11 und 12)

§ 12. (1) Ein Strafverfahren ist nicht einzuleiten:

1. wegen des Verbrechens nach § 8 des Verbotsgesetzes, StGBl.
Nr. 134/1945;

2. wegen des Verbrechens nach § 10 Abs. 1, § 11 und § 12 des
Verbotsgesetzes 1947 (I. Hauptstück, Abschnitt I, Z. 7 bis
9 des Nationalsozialistengesetzes, BGBl. Nr. 25/1947);

3. wegen des Verbrechens nach § 20 Abs. 5 des Verbotsgesetzes
1947 (I. Hauptstück, Abschnitt I, Z 16a des
Nationalsozialistengesetzes, BGBl. Nr. 25/1947);

4. (Anm.: Z 4 bis 6 betrifft nicht das Verbotsgesetz)

(2) (Anm.: betrifft Einstellung von Verfahren)

Die Bundesregierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, das VerbotsG zu evaluieren und den Bedarf nach einer Überarbeitung auszuloten. Das Regierungsprogramm für die Jahre 2020 bis 2024 enthält dazu folgenden Arbeitsauftrag:

„Kampf gegen den Antisemitismus – Überarbeitung des Verbotsgesetzes

  • –  Evaluierung und allfällige legistische Überarbeitung des VerbotsG unter dem Aspekt der inländischen Gerichtsbarkeit, insbesondere in Hinblick auf die Äußerungsdelikte der §§ 3g und 3h VerbotsG und Schließen weiterer Lücken (z. B. Teilleugnung)
  • –  Prüfung einer Möglichkeit der Einziehung von NS-Devotionalien unabhängig von der Verwirklichung einer mit Strafe bedrohten Handlung und Evaluierung des Abzeichengesetzes“ In Durchführung dieses Arbeitsauftrags richtete das Bundesministerium für Justiz im Jahr 2021 eine Arbeitsgruppe zur Evaluierung des VerbotsG ein, in deren Rahmen der Überarbeitungsbedarf diskutiert, die Bedürfnisse der Praxis ausgelotet und die historischen und verfassungsrechtlichen Grundlagen angesprochen wurden. Auf Basis der Ergebnisse dieser Evaluierung arbeitete das Bundesministerium für Justiz einen Ministerialentwurf aus (279/ME), der in einer Regierungsvorlage (2285 BlgNR XXVII. GP) mündete, die am 15.12.2023 vom Nationalrat beschlossen wurde. Der Bundesrat erhob in seiner Sitzung vom 20.12.2023 keinen Einspruch gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrats. Die Verbotsgesetz-Novelle 2023 verfolgt die folgenden wesentlichen Ziele:
  •   Umstrukturierung der Tatbestände der §§ 3g und 3h VerbotsG durch stärkere Differenzierung im Hinblick auf die unterschiedlichen Erscheinungsformen der von diesen Bestimmungen erfassten Straftaten und Aufteilung jeweils in ein niederschwelliges Grunddelikt (Strafdrohung: sechs Monate bis fünf Jahre) und zwei Qualifikationen (Strafdrohung: ein bis zehn Jahre und zehn bis zwanzig Jahre), deutliche Verschärfung der nunmehr zweiten Qualifikation durch Einführung einer Untergrenze von zehn Jahren;
  •   Aufgliederung weiterer Tatbestände des VerbotsG (§§ 3a, 3b, 3d, 3e, 3f) in Grunddelikt und Qualifikation, jedoch ohne inhaltliche Änderung;
  •   Ausdehnung der österreichischen Strafgewalt auf im Ausland gesetzte Verhaltensweisen, die unter die Tatbestände der §§ 3a, 3b, 3d, 3g und 3h VerbotsG fallen;
  •   Einführung eines zwingenden Amts- und Funktionsverlustes für Beamtinnen und Beamte sowie Vertragsbedienstete bei rechtskräftiger Verurteilung wegen einer unter einen Tatbestand des VerbotsG fallenden strafbaren Handlung;
  •   Einführung einer Möglichkeit, NS-Propagandamaterial auch ohne Zusammenhang mit einer konkreten mit Strafe bedrohten Handlung einzuziehen;
  •   Überführung des §2 Uniform-VerbotsG (Tragen von Uniformen der deutschen Wehrmacht) ins Verwaltungsstrafrecht.

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Diesem Erlass sind der Gesetzestext (BGBl. I Nr. 177/2023, Blg./A), die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (2285 BlgNR XXVII. GP; Blg./B), die Textgegenüberstellung (Blg./C), der Justizausschussbericht (2340 BlgNR XXVII. GP; Blg./D und ./E) und der Abänderungsantrag zur 2. Lesung des Nationalrats (AA-363 XXVII. GP, Blg./F) angeschlossen.

Die Neuerungen werden unten überblicksmäßig, in einzelnen, besonders relevanten Aspekten aber detailliert dargestellt. Da die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (Blg./B) tiefgreifenden Aufschluss über die Neuerungen und Antworten auf zahlreiche Detailfragen geben, wird hier davon abgesehen, die Erläuterungen zur Gänze zu wiederholen.

Die Ausführungen in diesem Erlass geben die Rechtsansicht des Bundesministeriums für Justiz wieder und verstehen sich unvorgreiflich der unabhängigen Rechtsprechung.

Für laufende Verfahren, bei denen der Tatzeitpunkt vor Inkrafttreten der VerbotsG-Novelle 2023 liegt, wird bereits an dieser Stelle auf § 61 StGB und die Notwendigkeit des Anstellens eines Günstigkeitsvergleichs iSd § 61 zweiter Satz StGB hingewiesen.

2. Zu § 3g („Nationalsozialistische Wiederbetätigung“) und § 3o VerbotsG („Kostentragung bei Rücktritt von der Verfolgung (Diversion)“)

§ 3g VerbotsG bleibt in seinem Grundtatbestand inhaltlich gleich, erfährt aber eine neue Strukturierung, indem er von nun an drei eigenständige Strafsätze enthält, und zwar:

  • –  ein Grunddelikt mit einer Strafdrohung von sechs Monaten bis fünf Jahren Freiheitsstrafe für die nationalsozialistische Betätigung an sich (Abs. 1),
  • –  eine erste Qualifikation mit einer Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe für die nationalsozialistische Betätigung auf eine Weise, dass sie vielen Menschen zugänglich wird (Abs. 2), und
  • –  eine zweite Qualifikation für besonders gefährliche Täter oder besonders gefährliche Tathandlungen mit einer Strafdrohung von zehn bis zwanzig Jahren Freiheitsstrafe (Abs. 3). Durch diese Untergliederung soll es nun leichter möglich sein, auf die verschiedenen Erscheinungsformen nationalsozialistischer Wiederbetätigung, die von dem Versenden einschlägiger Bilder an Einzelpersonen über das Posten einschlägiger Texte in sozialen Netzwerken bis zur weltweiten Verbreitung nationalsozialistischer Texte, die zur Ausübung rassistischer Gewalt und nationalem Widerstand aufrufen, reichen kann, adäquat zu reagieren. Inhaltlich tritt dadurch lediglich durch die Einziehung der zweiten Qualifikation

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eine Änderung zur bisher geltenden Rechtslage ein, die Tatbestandselemente des Grunddelikts und der zweiten Qualifikation waren dagegen bereits im bis 31.12.2023 geltenden Rechtsbestand enthalten.

Das Grunddelikt (§ 3g Abs. 1 VerbotsG) ermöglicht wegen seiner Strafdrohung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren für den niederschwelligen Kriminalitätsbereich nunmehr auch bei Erwachsenen eine diversionelle Erledigung des Strafverfahrens. Dabei sind die in den §§ 198 ff StPO festgelegten allgemeinen Voraussetzungen der Diversion anzuwenden. Besonderes Augenmerk wird auf die Aspekte der Spezial- und Generalprävention zu legen sein, die § 198 Abs. 1 StPO als Voraussetzungen einer diversionellen Erledigung aufstellt. Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass Personen mit gefestigter nationalsozialistischer Ideologie nicht in den Genuss einer diversionellen Erledigung ihrer Strafverfahren kommen sollen, weil bei ihnen davon auszugehen ist, dass eine Bestrafung jedenfalls geboten ist, um sie und andere von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten (RV 2285 BlgNR XXVII. GP, S 4).

Kommt eine diversionelle Erledigung eines Strafverfahrens nach § 3g VerbotsG in Betracht, so empfiehlt sich zur Auswahl der geeigneten Maßnahme im Einzelfall zunächst die Inanspruchnahme der in § 208 Abs. 1 StPO vorgesehenen Clearingstelle beim Verein Neustart. Ganz allgemein geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich vor allem die Erteilung von Weisungen und die Betreuung durch Bewährungshelfer im Rahmen der Einstellung eines Verfahrens unter Setzung einer Probezeit (§ 203 Abs. 2 StPO) zur Erledigung von Verfahren nach § 3g Abs. 1 VerbotsG eignet, da auf diesem Weg ein Umdenken und eine Umkehr des Beschuldigten erreicht werden kann. Eine Weisung sollte dabei zumindest in der Absolvierung eines umfassenden Kurses zur Sensibilisierung für das Thema Nationalsozialismus, in einer entsprechend begleiteten und vor- und nachbereiteten und – betreuten Führung durch eine Gedenkstätte oder in einer anderweitigen sonstigen adäquaten Auseinandersetzung mit dem Thema, etwa im Rahmen des bereits für Jugendliche und junge Erwachsene bestehenden Programms „Dialog statt Hass“ des Vereins Neustart oder in einem neu zu entwickelnden Programm, das auf die nunmehr erfassten Täterinnen und Täter zugeschnitten ist, bestehen. Eine Weisung, die sich darin erschöpft, eine Gedenkstätte zu besuchen, und zum Nachweis ihrer Erfüllung die Vorlage einer Eintrittskarte genügen lässt, stellt demgegenüber keine geeignete Maßnahme in diesem Zusammenhang dar.

Hat sich ein:e Beschuldigte:r oder Angeklagte:r bereit erklärt, ein derartiges Programm zur Sensibilisierung im Rahmen einer Weisung zu übernehmen, so trifft § 3o VerbotsG (Anmerkung: Diese Bestimmung wurde erst vom Justizausschuss aufgenommen und findet

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sich daher in der Textgegenüberstellung zur Regierungsvorlage Blg./C nicht) eine Regelung zur Kostentragung: Grundsätzlich hat die Kosten für ein derartiges Programm der Bund zu tragen, dem:der Beschuldigten oder Angeklagten ist jedoch – bei entsprechender finanzieller Leistungsfähigkeit – ein Pauschalkostenbeitrag von bis zu 500Euro aufzuerlegen. Die Kosten des Programms sind vom Gericht mit Beschluss zu bestimmen und anzuweisen, der:die Beschuldigte oder Angeklagte, die StA und die das Programm ausrichtende Einrichtung oder Vereinigung können gegen diesen Beschluss binnen 14 Tagen Beschwerde einbringen.

Das Bundesministerium für Justiz kann mit geeigneten Einrichtungen oder Vereinigungen über die Höhe der vom Bund zu übernehmenden Kosten Verträge nach bürgerlichem Recht abschließen. Es ist seitens des Bundesministeriums für Justiz geplant, einen derartigen Vertrag mit der Gedenkstätte Mauthausen/Mauthausen Memorial, die bereits in der Vergangenheit bei der Betreuung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, gegen die ein Strafverfahren nach § 3g VerbotsG geführt wird, umfassende Erfahrungen gesammelt hat und eine entsprechende Expertise in diesem Zusammenhang aufweist, abzuschließen. Über diesen Vertrag und über die dabei vereinbarten Pauschalsätze wird ein eigener Erlass seitens des Bundesministeriums für Justiz ergehen. Zur Gewährleistung einer geordneten Zuweisung des:der Beschuldigten bzw. Angeklagten zu einer geeigneten Einrichtung und einer geordneten Kostentragung bzw. –erstattung darf erneut auf die Möglichkeit der Einbindung des Vereins Neustart als Clearingstelle hingewiesen werden. Zu weiteren Detailfragen zu § 3o VerbotsG siehe die Erläuterungen im Justizausschussbericht (2340 BlgNR XXVII. GP, S 3; Blg./E).

Bei Erreichen der ersten Qualifikation des § 3g Abs. 2 VerbotsG scheidet auf Grund der hier geltenden Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe eine diversionelle Erledigung des Strafverfahrens aus. Die angesprochene Qualifikation ist dann erfüllt, wenn die Begehung auf eine Weise erfolgt, dass sie vielen Menschen zugänglich wird. Diese Formulierung fand sich bis zum Inkrafttreten der Änderung bereits in § 3h VerbotsG und in § 283 StGB, sodass auf die für diese Bestimmungen geltenden Auslegungsparameter zurückgegriffen werden kann. Auf die eingehenden Erläuterungen zur Regierungsvorlage wird hingewiesen (2285 BlgNR XXVII. GP, S 5).

Die zweite Qualifikation schlussendlich stellt auf die bereits bisher im Gesetz enthaltene besondere Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung ab und löst eine Strafdrohung von zehn bis zu 20 Jahren aus. Neu ist hier, dass nunmehr auch eine Strafuntergrenze besteht, die nicht unterschritten werden darf. Zu den Begriffen der besonderen Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung enthalten die Erläuterungen zur

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Regierungsvorlage umfassende Ausführungen, auf die verwiesen wird (2285 BlgNR XXVII. GP, S 5 f).

3. §3h VerbotsG („Leugnung des nationalsozialistischen Völkermords und der nationalsozialistischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit“)

Auch § 3h VerbotsG hat durch die VerbotsG-Novelle eine Umstrukturierung erfahren. Diese ist an jene des § 3g VerbotsG angelehnt und umfasst ebenfalls eine Gliederung in

  • –  ein Grunddelikt mit einer Strafdrohung von sechs Monaten bis fünf Jahren Freiheitsstrafe für denjenigen, der öffentlich den nationalsozialistischen Völkermord oder andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht (Abs. 1),
  • –  eine erste Qualifikation mit einer Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe für die nationalsozialistische Betätigung in einem Druckwerk, im Rundfunk oder auf eine Weise, dass sie vielen Menschen zugänglich wird (Abs. 2), und
  • –  eine zweite Qualifikation für besonders gefährliche Täter oder besonders gefährliche Tathandlungen mit einer Strafdrohung von zehn bis zwanzig Jahren Freiheitsstrafe (Abs. 3). Neu ist demnach neben der Umstrukturierung des Tatbestands vor allem die Gestaltung des Grundtatbestands, der in Hinblick auf das Verharmlosen des nationalsozialistischen Völkermordes und anderer nationalsozialistischer Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum einen nicht mehr auf das Kriterium der Gröblichkeit abstellt und zum anderen eine öffentliche Begehung genügen lässt, während nach der alten Rechtslage neben der öffentlichen Begehung auch Anforderungen an die Zugänglichkeit gestellt wurden. Damit tritt eine Präzisierung und eine deutliche Erweiterung des Tatbestands ein, die zu leichterer Handhabung in der Praxis führen und u.a. auch den Bereich der sogenannten „Teilleugnung“, also der Leugnung „bloß“ eines Teiles des Holocaust, etwa der Existenz einzelner Konzentrationslager, erfassen sollen. Zu weiteren Details und Auslegungsfragen, etwa zur künftigen Bewertung von Kunstformen wie Satire oder Karikatur oder zu den Kriterien der öffentlichen Begehung, siehe die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (2285 BlgNR XXVII. GP, S 6 f). Die beiden Qualifikationen des § 3h VerbotsG sind ähnlich ausgestaltet wie jene des § 3g VerbotsG, ein Unterschied besteht jedoch in der ersten Qualifikation, die bei § 3h VerbotsG neben der Begehung auf eine Weise, dass sie vielen Menschen zugänglich wird, auch auf

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die Begehung in einem Druckwerk oder im Rundfunk abstellt. Beide Kriterien waren bereits in der bis 31.12.2023 geltenden Fassung des § 3h VerbotsG enthalten und wurden zur Gewährleistung der Kontinuität beibehalten.

4. Neustrukturierung der Tatbestände der §§ 3a, 3b, 3d, 3e und 3f VerbotsG

Dem Beispiel der §§ 3g und § 3h VerbotsG folgend wurden auch die übrigen Tatbestände des VerbotsG umstrukturiert und jeweils in Grunddelikt und Qualifikation aufgegliedert. Inhaltlich sind dadurch keine Änderungen eingetreten, die Strafdrohungen entsprechen der bisherigen Rechtslage. Lediglich in § 3b VerbotsG wird – der neuen Strukturierung der §§ 3g und 3h VerbotsG folgend – für die Qualifikation des Abs. 2 eine Mindeststrafdrohung von zehn Jahren vorgesehen.

5. Einführung eines ex lege wirkenden Amts- und Funktionsverlusts bei Verurteilung nach dem VerbotsG (§ 3k VerbotsG)

Künftig geht mit jeder rechtskräftigen Verurteilung nach dem VerbotsG ex lege ein Amts- bzw. Funktionsverlust für Beamte und Beamtinnen sowie Vertragsbedienstete einher. Der Verlust von Amt oder Funktion ist nicht an eine bestimmte Strafhöhe gebunden und muss nicht eigens vom Gericht ausgesprochen werden. Eine bedingte Nachsicht des Amts- oder Funktionsverlusts nach § 44 Abs. 2 StGB ist möglich. Näheres zum Amts- und Funktionsverlust siehe in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (2285 BlgNR XXVII. GP, S 7 f).

6. Neue Regeln für die inländische Gerichtsbarkeit für Taten nach dem VerbotsG (§§ 3l und 3m VerbotsG)

a. Allgemeines

Das VerbotsG enthielt bislang keine eigenen Regelungen zur inländischen Gerichtsbarkeit. Es galten daher die allgemeinen Regeln der §§ 62 ff StGB, die das VerbotsG nur in folgenden Konstellationen anwendbar machten:

  •   bei inländischem Tatort (§ 62 iVm. § 67 Abs. 2 StGB);
  •   bei Begehung an Bord österreichischer Schiffe oder Luftfahrtzeuge (§ 63 StGB);
  •   bei Begehung im Ausland, wenn die strafbare Handlung auch im Ausland gerichtlich strafbar war und weitere Voraussetzungen vorlagen (§ 65 StGB).

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Der räumliche Anwendungsbereich des VerbotsG war daher durchaus beschränkt, mit Ausnahme des inländischen Tatorts und der gegenseitigen Strafbarkeit, die in nur sehr wenigen Fällen gegeben war, konnten im Ausland gesetzte Taten daher nicht verfolgt werden. Die VerbotsG-Novelle hat diese Situation in einigen, als besonders unbefriedigend empfundenen Bereichen behoben und es dabei gleichzeitig vermieden, eine weltweite Zuständigkeit Österreichs für Handlungen, die unter das VerbotsG fallen, zu erzeugen, um die Strafverfolgungsbehörden nicht zu überfrachten und eine sinnvolle Verfolgung relevanter Straftaten zu ermöglichen. Dazu zunächst ein Überblick über die neu geschaffenen Regeln, die in folgenden Bereichen Anknüpfungspunkte für die inländische Gerichtsbarkeit bei Handeln im Ausland vorsehen:

  •   § 3l VerbotsG: Regelung der inländischen Gerichtsbarkeit für Auslandstaten nach §§ 3a und 3b VerbotsG;
  •   § 3m Abs. 1 VerbotsG: Regelung der inländischen Gerichtsbarkeit für Auslandstaten nach § 3d VerbotsG;
  •   § 3m Abs. 2 VerbotsG: Regelung der inländischen Gerichtsbarkeit für im Ausland gesetzte Handlungen nach § 3g Abs. 2 und § 3h Abs. 2 VerbotsG, bei denen der Erfolg im Ausland eingetreten ist;
  •   § 3m Abs. 3 VerbotsG: Regelung der inländischen Gerichtsbarkeit für im Ausland gesetzte Handlungen nach § 3g Abs. 2 und § 3h Abs. 2 VerbotsG, bei denen der Erfolg im Inland eingetreten ist. b. Auslandstaten nach §§ 3a und 3b VerbotsG (§ 3l VerbotsG) Für die beiden Organisationsdelikte nach §§ 3a und 3b VerbotsG wurde eine eigene, § 64 Abs. 1 Z 4 und 9 StGB nachgebildete Regelung zur inländischen Gerichtsbarkeit geschaffen. Für im Ausland begangene Taten gelten daher künftig die §§ 3a und 3b VerbotsG, wenn folgende Kriterien alternativ vorliegen:
  •   Der Täter war zur Tatzeit Österreicher oder hat die österreichische Staatsbürgerschaft später erworben und besitzt sie zur Zeit der Einleitung des Strafverfahrens noch (§ 3l Z 1 VerbotsG) oder
  •   der Täter war zur Tatzeit Ausländer, hält sich aber in Österreich auf und kann nicht ausgeliefert oder übergeben werden (§ 3l Z 2 VerbotsG). § 3l VerbotsG knüpft daher für die beiden genannten Organisationsdelikte ausschließlich an Eigenschaften des Täters (Staatsbürgerschaft bzw. Aufenthalt) an; weitere Kriterien für die Anwendbarkeit der beiden Bestimmungen auf im Ausland gesetzte Taten stellt das Gesetz nicht auf.

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c. Auslandstaten nach § 3d VerbotsG (§ 3m Abs. 1 VerbotsG)

Auch für § 3d VerbotsG wurde mit der VerbotsG-Novelle 2023 eine eigene Regelung zur inländischen Gerichtsbarkeit geschaffen. Diese enthält folgende kumulative Kriterien für die Anwendbarkeit des § 3d VerbotsG auf im Ausland begangene Taten:

  •   Der Täter war zur Tatzeit Österreicher oder hat die österreichische Staatsbürgerschaft später erworben und besitzt sie zur Zeit der Einleitung des Strafverfahrens noch (§ 3m Abs. 1 Z 1 VerbotsG).
  •   Bei der Tat handelt es sich um eine Mitteilung oder Darbietung in einem Medium, die o im Inland verbreitet worden ist, abgerufen oder empfangen werden konnte und o geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu verletzen (§ 3m Abs. 1 Z 2 VerbotsG). Zur Auslegung der einzelnen Kriterien wird auf die umfassenden Erläuterungen in der Regierungsvorlage verwiesen (2285 BlgNR XXVII. GP, S 10). d. Auslandstaten nach § 3g und § 3h VerbotsG (§ 3m Abs. 2 und 3 VerbotsG) In Hinblick auf die in der Praxis am häufigsten vorkommenden Delikte des VerbotsG, nämlich §§ 3g und 3h, trifft die VerbotsG-Novelle in § 3m Abs. 2 und 3 VerbotsG eine differenzierte Regelung. aa. Für § 3g und § 3h VerbotsG sieht die VerbotsG-Novelle für die jeweils in Abs. 1 normierten Grunddelikte keine eigenständige Regelung für die inländische Gerichtsbarkeit vor. Taten, die diesen Tatbeständen unterliegen, sind daher nur unter den allgemeinen Voraussetzungen der §§ 62 bis 65 StGB den österreichischen Strafgesetzen unterworfen, das ist – wie zu 6.a. bereits ausgeführt – in folgenden Konstellationen der Fall:
  •   bei inländischem Tatort (§ 62 iVm. § 67 Abs. 2 StGB);
  •   bei Begehung an Bord österreichischer Schiffe oder Luftfahrtzeuge (§ 63 StGB);
  •   bei Begehung im Ausland, wenn die strafbare Handlung auch im Ausland gerichtlich strafbar war und weitere Voraussetzungen vorlagen (§ 65 StGB).

Fallbeispiel: Ein Österreicher hebt in seinem Urlaub in Portugal im Beisein von drei Freunden die Hand zum Hitlergruß.

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Das Verhalten ist unter § 3g Abs. 1 VerbotsG zu subsumieren, es gelten damit die allgemeinen Kriterien der inländischen Gerichtsbarkeit nach §§ 62 bis 65 StGB. Es kann weder ein inländischer Tatort noch eine Begehung an Bord österreichischer Schiffe oder Luftfahrzeuge angenommen werden, ebenso besteht in Portugal keine vergleichbare gerichtliche Strafbestimmung. Es kann daher keine inländische Gerichtsbarkeit für das Verhalten angenommen werden.

bb. § 3m Abs. 2 VerbotsG trifft eine Regelung für im Ausland begangene Taten, die die Qualifikationen der Absätze 2 des § 3g und § 3h VerbotsG erfüllen. Demnach sind § 3g Abs. 2 und § 3h Abs. 2 VerbotsG auf im Ausland begangene Taten anzuwenden, wenn

  •   der Täter zur Tatzeit Österreicher war oder die österreichische Staatsbürgerschaft später erworben hat und sie zur Zeit der Einleitung des Strafverfahrens noch besitzt (§ 3m Abs. 2 Z 1 VerbotsG), und
  •   die Tat dazu geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu verletzen (§ 3m Abs. 2 Z 2 VerbotsG). Zu den einzelnen Kriterien wird auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (2285 BlgNR XXVII. GP, S 10) verwiesen.

Fallbeispiel: Bei einer groß angelegten und international beachteten Konferenz im Iran wird von einem bekannten Österreicher der Holocaust geleugnet, die Medien berichten umfassend auch in Österreich darüber.

Das Verhalten ist bei Vorliegen des Tatvorsatzes § 3h Abs. 2 VerbotsG zu unterstellen und kann die Kriterien des § 3m Abs. 2 erfüllen. Es liegt daher – freilich nach entsprechender eingehender Prüfung im Einzelfall – eine inländische Gerichtsbarkeit vor.

cc. Die beiden Tatbestände nach § 3g Abs. 2 und § 3h Abs. 2 VerbotsG sind nach der Umgestaltung durch die VerbotsG-Novelle als Erfolgsdelikte konzipiert. Das bedeutet, dass bei Begehung im Ausland und Erfolgseintritt im Inland über § 62 iVm. § 67 Abs. 2 StGB ein (wenngleich über § 67 Abs. 2 StGB fingierter) inländischer Tatort entstünde, der keiner eigenen Regelung zur inländischen Gerichtsbarkeit im VerbotsG selbst bedürfte. Die Regelung des § 3m Abs. 2 VerbotsG, die für Auslandstaten gilt, wäre nicht anwendbar. Vor allem bei Veröffentlichungen im Internet kann dabei idR durch die weltweite Abrufbarkeit von einem Erfolgseintritt im Inland ausgegangen werden, wodurch in derartigen Konstellationen stets ein Tatort im Inland gegeben wäre. Das würde bedeuten, dass Österreich all jene Straftaten, die im Internet begangen werden und in Österreich abrufbar sind, verfolgen müsste. Diese Konsequenz wäre zu weitreichend und würde das

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österreichische Strafverfolgungssystem überfrachten, anstatt sich auf schwerwiegende und österreichische Interessen beeinträchtigende Erscheinungsformen nationalsozialistischer Betätigung zu konzentrieren.

Der Gesetzgeber hat sich daher entschlossen, für jene Fälle, in denen ein Täter nach § 3g Abs. 2 oder § 3h Abs. 2 VerbotsG im Ausland handelt, der Erfolg aber im Inland eintritt, eine Sonderregel zu schaffen, die eine Einschränkung der Anwendbarkeit des österreichischen Strafrechts vornimmt. Auf ein Verhalten, das im Ausland gesetzt wurde, in Österreich aber einen Erfolg verursacht, sind § 3g Abs. 2 und § 3h Abs. 2 VerbotsG demnach nur unter denselben Voraussetzungen anwendbar, die auch für echte Auslandstaten gelten, also solche Taten, bei denen auch der Erfolg im Ausland eintritt. Das ist dann der Fall, wenn

  •   der Täter zur Tatzeit Österreicher war oder die österreichische Staatsbürgerschaft später erworben hat und sie zur Zeit der Einleitung des Strafverfahrens noch besitzt (§ 3m Abs. 2 Z 1 VerbotsG), und
  •   die Tat dazu geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu verletzen (§ 3m Abs. 2 Z 2 VerbotsG). Diese Bestimmung trifft damit eine Sonderregelung, § 62 iVm. § 67 Abs. 2 StGB ist in solchen Konstellationen nicht anzuwenden. § 3m VerbotsG trifft damit für jedes Handeln eines Täters im Ausland, das § 3g Abs. 2 oder § 3h Abs. 2 VerbotsG unterliegt, eine eigenständige Regelung. Handeln im Ausland unterliegt damit nur nach den Kriterien des § 3m Abs. 2 VerbotsG der Anwendung des § 3g Abs. 2 und des § 3h Abs. 2 VerbotsG, unabhängig davon, ob über den Erfolgseintritt im Inland über § 67 Abs. 2 StGB ein inländischer Tatort vorliegt oder nicht.
Fallbeispiel: Ein Argentinier postet in Argentinien auf Instagram ein Hakenkreuz. Das Posting ist u.a. in Österreich abrufbar. Das Verhalten ist – bei Vorliegen des Tatvorsatzes – § 3g Abs. 2 VerbotsG zu unterstellen,
der Erfolg ist durch die Abrufbarkeit des Postings in Österreich eingetreten. Es ist § 3m Abs.3 VerbotsG anzuwenden, wonach in derartigen Konstellationen nur dann eine inländische Gerichtsbarkeit vorliegt, wenn der Täter Österreicher war oder ist und die Tat dazu geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu verletzen. Die inländische Gerichtsbarkeit scheidet hier schon wegen der fehlenden österreichischen Staatsbürgerschaft des Täters aus; auch die Eignung zur Verletzung des öffentlichen Friedens wird bei einem derartigen Posting nicht anzunehmen sein.

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dd. Für die Qualifikationen des § 3g Abs. 3 und des § 3h Abs. 3 VerbotsG besteht keine Sonderregelung. Diese inländische Gerichtsbarkeit für diese Qualifikation knüpft daher entweder an die Verwirklichung des Grunddelikts oder an die Verwirklichung der ersten Qualifikation nach den jeweiligen Absätzen 2 an.

ee. Überblick über die Regelung für im Ausland gesetztes Verhalten nach § 3g und § 3h VerbotsG

Keine Sonderregelung im VerbotsG Erfolgseintritt im Ausland Erfolgseintritt im Inland -> § 3m -> Geltung der §§ 62 bis 65 StGB. -> § 3m Abs. 2 VerbotsG Abs. 3 VerbotsG (Verweis auf

§ 3m Abs. 2 VerbotsG)

Zusammengefasst bedeuten diese Regelungen, dass jegliches Handeln im Ausland, das § 3g Abs.2 oder §3h Abs.2 VerbotsG unterliegt, nach den durch §3m Abs.2 VerbotsG normierten Regeln zur inländischen Gerichtsbarkeit zu beurteilen ist. Dies gilt unabhängig von einem allfälligen Erfolgseintritt im Inland.

e. Zusammenfassung der neuen Regelungen zur inländischen Gerichtsbarkeit (Überblick)

Grunddelikt (§ 3g Abs. 1, § 3h Abs. 1 VerbotsG)Qualifikation (§ 3g Abs. 2, § 3h Abs. 2 VerbotsG)
Delikt§ 3a VerbotsG§ 3b VerbotsG§ 3d VerbotsG

Regelungsort Kriterien

(kursorische Zusammenfassung)

§ 3l VerbotsG § 3l VerbotsG § 3m Abs. 1 VerbotsG

Staatsbürgerschaft Staatsbürgerschaft 

Staatsbürgerschaft bzw. Aufenthalt;
Veröffentlichung in einem Medium (Abrufbarkeit oder Verbreitung oder Empfang im Inland + Eignung zur Verletz- ung des öffentlichen Friedens)

bzw. Aufenthalt des Täters.

bzw. Aufenthalt des Täters

Delikt§ 3e VerbotsG§ 3f VerbotsG§ 3g Abs. 1 VerbotsG

Regelungsort

Keine Sonderregelung im Keine Sonderregelung Keine Sonderregelung

VerbotsG –> im VerbotsG

–> im VerbotsG –> der Anwendbarkeit der

§§ 62 bis 65 StGB.

Anwendbarkeit der §§ 62 bis 65 StGB.

Anwendbarkeit §§ 62 bis 65 StGB.

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Kriterien

(kursorische Zusammenfassung)

• inländischer Tatort;
• Begehung an Bord österreichischer Schiffe oder Luftfahrtzeuge;
• Begehung im Ausland, wenn die strafbare Handlung auch im Ausland gerichtlich strafbar war und weitere Voraussetzungen vorlagen

• inländischer Tatort;
• Begehung an Bord österreichischer Schiffe oder Luftfahrtzeuge;
• Begehung im Ausland, wenn die strafbare Handlung auch im Ausland gerichtlich strafbar war und weitere Voraussetzungen vorlagen

Keine Sonderregelung im VerbotsG –> Anwendbarkeit der §§ 62 bis 65 StGB

• inländischer Tatort;
• Begehung an Bord österreichischer Schiffe oder Luftfahrtzeuge;
• Begehung im Ausland, wenn die strafbare Handlung auch im Ausland gerichtlich strafbar war und weitere Voraussetzungen vorlagen

§3m Abs.2 und 3 VerbotsG

Delikt§ 3g Abs. 2 VerbotsG§ 3h Abs. 1 VerbotsG§ 3h Abs. 2 VerbotsG

Regelungsort

Kriterien

(kursorische Zusammenfassung)

§ 3m Abs. 2 VerbotsG

und 3

 

Staatsbürgerschaft; Eignung der Tat zur

• inländischer Tatort;  • Begehung an  Bord österreichischer Schiffe oder Luftfahrtzeuge;

• Begehung im Ausland, wenn die strafbare Handlung auch im Ausland gerichtlich strafbar war und weitere Voraussetzungen vorlagen

Staatsbürgerschaft; Eignung der Tat zur Verletzung des öffentlichen Friedens

Verletzung öffentlichen Friedens

des

Delikt§ 3i VerbotsG

Regelungsort

Kriterien

Keine Sonderregelung im VerbotsG –> Anwendbarkeit der §§ 62 bis 65 StGB.

• inländischer Tatort;
• Begehung an Bord österreichischer Schiffe oder Luftfahrtzeuge;
• Begehung im Ausland, wenn die strafbare Handlung auch im Ausland gerichtlich

(kursorische Zusammenfassung)

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strafbar war und weitere Voraussetzungen vorlagen.

7. Einführung einer Einziehungsbestimmung für das VerbotsG

Bislang konnten NS-Devotionalien, NS-Propagandamaterial, aber auch Neuerscheinungen wie T-Shirts oder Weinflaschen mit Hakenkreuzen oder Ähnliches, nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 26 StGB eingezogen werden. Konnten die Gegenstände – etwa bei Einstellung eines Ermittlungsverfahrens wegen fehlender Nachweisbarkeit eines Tatvorsatzes – keiner konkreten mit Strafe bedrohten Handlung zugeordnet werden, so mussten sie dem Besitzer wieder ausgefolgt werden. Diese Situation war unbefriedigend und wurde daher durch die VerbotsG-Novelle 2023 behoben.

Nunmehr ist eine Einziehung von NS-Materialien nach dem Vorbild des bereits im Rechtsbestand enthaltenen § 5 NPSG auch dann möglich, wenn der Konnex zu einer konkreten mit Strafe bedrohten Handlung fehlt. Eingezogen werden können von nun an all jene Gegenstände, die auf Grund ihrer besonderen Beschaffenheit geeignet sind, zur Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen nach dem VerbotsG verwendet zu werden. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zählen dazu folgende Beispiele (nicht abschließend) auf:

  •   historisches Propagandamaterial (also Materialien, die im nationalsozialistischen deutschen Reich der Propaganda gedient haben);
  •   historische NS-Devotionalien (ua. Orden, Uniformen, Bilder, Fotos, das [unkommentierte] Buch „Mein Kampf“);
  •   Material aus der Zeit nach dem Dritten Reich und damit auch Replika von NS- Propagandamaterial oder NS-Devotionalien, aber auch Neubildungen wie Kleidungsstücke mit Abbildungen von Hakenkreuzen, Portraits von Adolf Hitler, der Wolfsangel, der Aufschrift „C 18“, einer Triskele, der doppelten Sig-Rune „SS“, der „Schwarzen Sonne“, der „Odalrune“ oder des „SS-Zeichens“. Das Gesetz geht daher künftig davon aus, dass derartige Gegenstände einzuziehen sind. Selbstverständlich kann es auch triftige Gründe geben, warum man derartige Gegenstände besitzt: So haben etwa (anerkannte, nicht selbst ernannte) Museen ein wissenschaftliches Interesse an derartigen Dingen oder wollen durch deren Ausstellung aufklären und/oder bilden. Privatpersonen, die Fotos, Dokumente oder Gegenstände von Familienangehörigen aufbewahren, haben oft ein Interesse an der Aufarbeitung ihrer Familiengeschichte oder verfügen über keine weiteren Erinnerungsstücke an bereits verstorbene Personen. Derart

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nachvollziehbare Gründe für den Besitz von NS-Materialien müssen es ermöglichen, diese Gegenstände zu behalten. Die Besitzer:innen derartiger Gegenstände können daher dafür Gewähr dafür bieten, dass die Sachen nicht zur Begehung strafbarer Handlungen nach dem VerbotsG verwendet werden. Dazu braucht es keine bestimmten Formkriterien folgende Erklärung, es wird vielmehr eine entsprechend nachvollziehbare, formlose Stellungnahme genügen. Nehmen die Strafverfolgungsbehörden diese Erklärung als Gewährleistung iSd § 3n VerbotsG an, so können die betroffenen Gegenstände wieder an die Besitzer:innen ausgefolgt bzw. bei ihnen belassen werden.

Zur Sicherung der Einziehung steht die Sicherstellung nach §§ 110 ff StPO zur Verfügung. Bei der in § 3n VerbotsG normierten Einziehung handelt es sich um eine andere gesetzlich vorgesehene vermögensrechtliche Anordnung iSd § 110 Abs. 1 Z 3 StPO. Für das Verfahren selbst gelten die §§ 443 bis 446 StPO.

Hier sei nochmals auf die Vorgaben des § 61 StGB hingewiesen. Da § 3n VerbotsG wie bereits dargestellt nicht an eine konkrete mit Strafe bedrohte Handlung anknüpft, wird häufig auch kein Tatzeitpunkt feststellbar sein. Ein Günstigkeitsvergleich, der an das Tatzeitrecht anknüpft, wird daher in vielen Fällen scheitern, sodass in derartigen Konstellationen – unvorgreiflich der Ansicht der unabhängigen Rechtsprechung – jedenfalls von der Anwendbarkeit des § 3n VerbotsG auszugehen sein wird.

8. Sprachliche und redaktionelle Anpassungen in § 3a, § 3e und § 3f VerbotsG

Neben den angesprochenen inhaltlichen Änderungen wurden folgende sprachliche und redaktionelle Änderungen vorgenommen:

  • –  Der Titel des VerbotsG wurde mit „Bundesverfassungsgesetz über das Verbot der NSDAP (Verbotsgesetz 1947 – VerbotsG)“ festgelegt.
  • –  Die Tatbestände des VerbotsG wurden allesamt mit Überschriften versehen.
  • –  In §3a VerbotsG wurde der Begriff der öffentlichen Ruhe auf den zeitgemäßeren und mit dem vorgeschlagenen § 3m VerbotsG in Einklang stehenden Begriff des öffentlichen Friedens umgestellt und das seit Abschluss des Wiederaufbaus Österreichs nach dem zweiten Weltkrieg einhellig als obsolet angesehene Tatbestandsmerkmal der Störung des Wiederaufbaus gestrichen.
  • –  Die in §§ 3e und 3f VerbotsG zitierten strafbaren Handlungen, die als Mittel der Wiederbetätigung eingesetzt werden, wurden an die geltende Rechtslage angepasst und durch Zitate der bezughabenden Bestimmungen des StGB ersetzt. Dadurch ist keine inhaltliche Änderung beabsichtigt.

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Ergänzend sei klargestellt, dass sich die Sätze 2 und 3 in Rz 9 auf S. 7 der Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage auf die zu § 3i VerbotsG vorgenommenen Änderungen beziehen (die Zwischenüberschrift ist versehentlich entfallen).

9. Überführung des § 2 Uniform-VerbotsG ins Verwaltungsstrafrecht

§ 2 Uniform-VerbotsG, der bis zum 31.12.2023 das Tragen von Uniformen der deutschen Wehrmacht unter gerichtliche Strafe stellte, wurde ins Verwaltungsstrafrecht überführt und überarbeitet (vgl. dazu die Ausführungen in der Regierungsvorlage: 2285 BlgNR XXVII. GP, S13 f). Eine gerichtliche Zuständigkeit für unter diesen Tatbestand fallende Verhaltensweisen besteht daher nicht mehr. Wird das Tragen der Uniform der deutschen Wehrmacht freilich als Akt der nationalsozialistischen Wiederbetätigung mit entsprechendem Vorsatz eingesetzt, kann dieses Verhalten nach wie vor unter § 3g VerbotsG fallen. Diesbezüglich sind durch die Neuregelung keine Änderungen eingetreten.

10. Änderungen im Verwaltungsstrafrecht

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die VerbotsG-Novelle 2023 nicht nur Änderungen im VerbotsG selbst vorgenommen hat, sondern auch die mit den Tatbeständen des VerbotsG inhaltlich eng verwandten Verwaltungsstraftatbestände in Art. III Abs. 1 Z 4 EGVG, in § 3 AbzeichenG und in § 3 SymboleG überarbeitet wurden. Die Neuerungen bestehen dabei – neben einer Anpassung des Art. III Abs. 1 Z 4 EGVG an die Neugestaltung der §§3g und 3h VerbotsG – vor allem in einer Anhebung der Strafdrohungen. Für alle drei Tatbestände gilt seit 1.1.2024 eine Grundstrafdrohung von bis zu 10 000 Euro. Diese Strafdrohung erhöht sich im Falle des Rückfalls auf bis zu 20 000 Euro.

In diesem Zusammenhang wird auf die in Art. III Abs. 4 EGVG normierte Verständigungspflicht hingewiesen, die die Staatsanwaltschaften und Gerichte bei jeder Verfahrensbeendigung trifft, die nicht in einer Verurteilung oder einer diversionellen Erledigung besteht. Durch die Verständigung der Verwaltungsbehörden soll diesen eine nahtlose Prüfung des Sachverhalts nach Art. III Abs. 1 Z 4 EGVG ermöglicht werden. An den diesbezüglichen Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 20. Dezember 2019 über die Verständigungspflichten in Strafsachen nach dem Verbotsgesetz 1947, BMVRDJ- S490.001/0039-IV 3/2019, eJABl Nr. 35/2020, wird erinnert.

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