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Knaben und Gewaltrituale in Italien, Somalia …

Erstellt am 09.08.2009 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde mal gelesen und am 09.08.2009 zuletzt geändert.

http://www.ludibrium.de/caravaggio.jpgJudit Erharter

Die Gewalt der Fanciulli

Gewaltrituale von Jugendlichen in der Renaissance

Philologisch-Kulturwissenschaftliche Dissertation an der Universittät Wien, September 2006

Kurze Zusammenfassung des Inhalts

Florenz im 15. Jahrhundert, die Erziehung der Buben ist von einer heute in Österreich kaum vorstellbaren Gewalt gekennzeichnet. „Den glänzenden Festen eines Lorenzo des Prächtigen, insbesondere im Karneval,
gesellen sich auf den Straßen Bräuche und Rituale ganz anderer Art hinzu:

  1. Steinschlachten, bei denen unter reger Anteilnahme einer zuschauenden Bevölkerung die sieben- bis achtzehnjährigen Knaben, die Fanciulli, sich gegenseitig verletzen und töten,
  2. Hinrichtungen, bei denen danach der Leichnam von den Knaben beschimpt, misshandelt und durch die Stadt geschleift wird
  3. Scheiterhaufen um die von den Knaben mit Fäusten, Waffen und Steinen gekämpft wird mit häufigen Verletzungen und Toten.

Rezension

Der Untertitel der hervorragend recherchierten und gut lesbar geschrieben Dissertation ist bislang der schmerzlichste Schnitzer den die Dissertation meiner Schwägerin in meinen gendersensitiven Ganglien hinterließ. Das er der den männlichen Begutachtern der von ihnen ausgezeichneten Disseration durch die Patriarchenbrille rutschte macht doppelt besorgt.

Die Fanciulli, sie sind keine Jugendlichen – Mädchen und Buben, sondern auf Seite 42 erfahren wir dann präzise endlich:

„Die Bezeichnung „Fanciulli“… umfasst im Toskanischen des 15. Jahrhunderts daher jene Gruppe von Knaben, die bereits eine Erziehung außer Haus genießen, aber nocht rechtsfähig sind, also die etwa Siebenjährigen bis Achtzehnjährigen“.

Abgesehen vom

  1. prinzipiell wenig geschlechtssensiblen Gebrauch der Sprache und unter dem möglichen Informationsgehalt bleibenden Überschriften ist das Werk
  2. eine wahre Fundgrube für alle die sich mit der Gewalt von Buben und Burschen und ihrer gesellschaftlichen Einbettung auseinander setzen.
  3. Die „Kultur der Renaisance“ wird für schlichte Gemüter gründlich entzaubert. Botticelli, Donatello und Machiavelli der mit seinen Werken noch heute die inoffizielle zynische, brutale und primitive Ideologie vieler Männer und Frauen des Establishments liefert wird in ihren Quellen bloßgelegt

Die Dissertation soll bald erscheinen. Hoffentlich gibt ihr ein gestrenger Lektor oder eine Lektorin – mit geschlechtssensiblerer Sprache … – noch den Schliff, den dieser Rohdiamant verdient.

Lösungsorientierte Literatur zum Thema

Gerald Hüther, Cornelia Nitsch: Wie aus Kindern glückliche Menschen werden, 2008

Manfred Spitzer, Vorsicht Bildschirm, 2006

Links zum Thema

Bedeutung von Friedenserziehung für die Überwindung von Gewalt

Rötzer: Triumph der Grausamkeit – www.heise.de/tp/r4/artikel/17/17095/1.html (23.9.2009)

www.washingtonpost.com/wp-dyn/photo/world/G38422-2004Mar31.html (23.9.2009)

 

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